Trends in Fotografie und Illustration
Ab sofort im Handel: PAGE 05.2014
Editorial: Geisterjagd
Die fürs Kreativbusiness relevanten Bildtrends auszumachen ist stets ein Vabanquespiel. Denn wie soll man etwas klassifizieren, das im Grunde ein Gefühl ist? Wie etwas Aufkommendes einfangen, das verschwunden ist, bevor es sichtbar wird? Erschwerend kommt hinzu, dass der Zeitgeist, der unbemerkt unsere Gestaltungsansätze beeinflusst, sich in allem Möglichen ausdrückt, sich selbst aber nie zeigt.
Gleichwohl haben wir uns für Sie auf die Suche gemacht: nach interessanten Erscheinungen und einem Covermotiv, das diese verkörpern könnte. Immer neue Ideen spukten uns im Kopf herum. Doch lassen sich all die Phänomene überhaupt mit einem einzigen Bild visualisieren, wenn einem die leibhaftigen Trendsetter – nämlich Sie – sowieso auf Schritt und Tritt mit neuen, spannenden Erscheinungsformen verblüffen? Vielleicht ja, indem wir es gar nicht erst selbst versuchen, sondern es Ihnen überlassen? Indem wir Sie dazu herausfordern, sich einen beliebigen Aspekt aus einer Bildwelt herauszugreifen und diesen individuell zu deuten.
So haben denn auch nicht nur alle ab Seite 24 vorgestellten Arbeiten – Mainstream oder Avantgarde – ihren Auftritt bereits hinter sich. Auch unser Titelmotiv: eine Fotografie von Jan Burwick und Christoph Himmel. Dass diese aus dem Jahr 2012 stammt, kann ihrem Reiz nichts anhaben. Es ist nämlich ein Bild genau jener Art, das zur freien Interpretation einlädt, auch wenn es sich dabei offensichtlich um einen verhüllten Stuhl handelt.
Der eine mag darin ein Gespenst sehen, der andere den »Echt unmöglich«-Trend vermuten, den wir in unserer Titelgeschichte vorstellen. Ich sah darin Bildtrends im Allgemeinen: die wirklich maßgeblichen unter dem goldenen Tuch; solche, die erst noch gelüftet werden müssen; und flüchtige, die gerade aufkommen, um gleich wieder zu verschwinden. Als ich dann aber den Namen las, den die beiden Bildgestalter ihrem Werk gegeben haben – »Joseph«! – staunte ich nicht schlecht. Wie sich doch selbst alte Geister immer wieder von Neuem zeitgemäß einfangen lassen. Ein andauernder Trend? Hoffentlich!
Gabriele Günder,
Chefredakteurin/Publisher
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