Eine Abmahnung der Bildagentur hatte unvermutete Folgen: Jetzt wird Getty Images selbst in Milliardenhöhe verklagt.
Die amerikanische Fotografin Carol M. Highsmith staunte nicht schlecht, als sie im Dezember letzten Jahres eine Abmahnung für die unrechtmäßige Nutzung obigen Fotos auf ihrer Website bekam – denn sie hatte das Bild selbst geschossen.
Absender der Abmahnung war eine Firma namens License Compliance Services (LCS). Diese machte geltend, es handele sich um ein Foto, das die renommierte britische Bildagentur Alamy als Distributor von Getty Images vertreibe, und verlangte eine Strafgebühr von 120 Dollar.
In einem halbstündigen Telefonat mit LCS machte Highsmith klar, dass es sich um ihr eigenes Bild handelte, und bekam zwei Tage später brieflich bestätigt, dass die Abmahnung hinfällig sei. Doch da war der Stein schon ins Rollen geraten. Highsmith recherchierte weiter und fand heraus, dass Getty Images und Alamy über 18000 ihrer Bilder auf ihren jeweiligen Websites für die auf dem Bildmarkt üblichen Lizenzgebühren verkaufte. Dabei hatte die Fotografin und ihre Stiftung This is America! die Bilder längst der Public Library gestiftet, aus deren Online-Archiv sie sich kostenlos herunterladen lassen (wie wir es mit den Bildern unten getan haben). Highsmith hat sich vorgenommen, alle Bundesstaaten der USA zu fotografisch zu dokumentieren und letztlich insgesamt 100 000 Bilder über die Public Library der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
Jetzt haben die Anwälte gegen Alamy und Getty zugeschlagen: Die Fotografin verlangt eine Milliarde Dollar – die komplette Klageschrift lässt sich hier nachlesen. Getty Images steht auf dem Standpunkt, dass es gang und gäbe sei, dass kommerzielle Bildagenturen ihren Kunden auch den komfortablen Zugang zu Copyright-freien Bildern aus Archiven aus aller Welt verschaffe.
»Image libraries, archives and other businesses have long collected and aggregated content in the public domain, investing significant sums of money, time and resources in indexing, archiving, digitizing and making that content searchable and easily available to people to make productive use of it.«
Außerdem habe man nie behauptet, selbst das Copyright innezuhaben, wie die Agentur in einer Presseerklärung mitteilt. Man hoffe, die Missverständnisse baldmöglichst aus dem Wege zu räumen, werde aber ansonsten entschieden gegen die Klage kämpfen.
Wir sind gespannt, wie die Sache ausgeht. Für Getty Images, die 2012 für 3,3 Milliarden Dollar in den Besitz der Beteiligungsgesellschaft The Carlyle Group überging, dürfte die Summe existenzbedrohend sein. Wenn es nicht doch zu einer Einigung kommt.