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AI first: Wie sich Mutabor für die Zukunft rüstet

KI demokratisiert Design, stellt uns aber auch vor eine Reihe an Herausforderungen. Mutabors CDO Burkhard Müller erklärt im Interview, wie sein Team die neue Technik meistert

Vor einem bunten Phönix auf dunklem Grund steht Mutabor.aiMit Mutabors 25. Jubiläum startet die Kreativagentur in ein neues Zeitalter und stellt sich der Frage, welche Rolle sie in Zukunft einnimmt. Mutabors Chief Digital Officer Burkhard Müller entwickelt dafür aktuell mit den verschiedenen Bereichen der Agentur neue Workflows und Produkte mit künstlicher Intelligenz.

Darunter AI Hackathons, Projekte, Modellentwicklung für generierte Brand Assets und Training sowie Consulting für Firmen, die KI in ihre Prozesse integrieren wollen. Wie die Hamburger Kreativen an das Thema Creative AI herangegangen sind, und welche Erkenntnisse die ersten KI-Projekte geliefert haben, erzählt Müller PAGE im Interview.

Branche: Alles ändert sich – oder nicht?

KI wird Design demokratisieren, aber auch auf das nächste Level heben. Wie wird das aussehen?
Burkhard Müller: KI sorgt dafür, dass man nicht mehr die klassischen zehn Jahre Handwerk lernen muss, bis man in der Lage ist, 3D Art, Illustration oder Bildbearbeitung zu meistern. Das führt dazu, dass sich auf der einen Seite die Wahrnehmung des Designhandwerks verändern wird, weil Design in Zukunft viel leichter zugänglich ist. Kleinere Marken etwa sind in der Lage, komplexe Visuals umzusetzen, die früher teuer in der Produktion und nur für wenige Marken erschwinglich waren. Dazu wird sich auch die Design-Ausbildung ändern müssen, was eine Neuausrichtung der Lehre an den Hochschulen bedeutet.

Wenn jeder alles generieren kann, dann wird alles passieren, was passieren kann.Wir werden eine Flut von Content erleben, weil es viel einfacher und billiger wird, ihn zu generieren. Die Markenführung wird in gleichem Maße an Bedeutung gewinnen, weil die Differenzierung noch wichtiger und komplexer wird. Das erste Bild vom Papst in Daunenjacke ist noch spektakulär – das zwanzigste Bild eines Promi Deepfakes überrascht schon weniger – in einem Jahr ist das langweilig.

Executive Creative Director Philip Kortlang begann mit Experimenten zur KI-Ästhetik und dem Versuch, einen konsistenten, eigenständigen Bildstil mit Midjourney zu erzeugen.
Executive Creative Director Philip Kortlang begann mit Experimenten zur KI-Ästhetik und dem Versuch, einen konsistenten, eigenständigen Bildstil mit Midjourney zu erzeugen. Bild: Phillip Kortlang

Viele Kreative fürchten um ihren Job. Denkst du, dass Designer:innen in Zukunft nicht mehr gebraucht werden?
Wir kommen mit KI schnell zu tollen Ergebnissen, aber es zeigt sich auch, dass KI nicht jede Aufgabe löst. Schon unsere ersten Experimente mit KI haben gezeigt, wie wichtig Art- und Creative-Direction ist. Nicht alles, was mit KI generiert werden kann, passt auch zu einer Marke, geschweige denn entwickelt sie weiter. Erfahrung, Geschmack, Empathie und Stilsicherheit bleiben notwendig, um Qualität und Markenkonsistenz zu gewährleisten. Beratenden Designer:innen gehört weiterhin die Zukunft.

Ein KI generiertes Still einer Frau, die eine gebrandet Jacke trägt
Junior Kommunikationsdesignerin Daria Suratova testete in einem Hackathon Visualisierungsmöglichkeiten für Brand-Kollaborationen. Bild: Daria Suratova

 

Ein KI generiertes Still einer weiß gekleideten Frau, die zwischen weißen Autos stehtBild: Daria Suratova

Teamkultur: Gemeinsam lernen

Wie seid ihr bei Mutabor und mit euren Mitarbeitenden an das Thema KI herangegangen?
Zu Beginn haben wir uns in großen Runden zusammengesetzt und uns gegenseitig gezeigt, woran alle Bereiche intern arbeiten. Wer welche Tools nutzt, sei es in UX, UI, Strategie, Brand Design, oder bei den Architekt:innen – außerdem haben wir haben mehrere Sessions abgehalten, in denen wir unsere Haltung zum Thema KI definiert haben.

Mit dem Wissen von heute gehen wir davon aus, dass das Designen von Assets durch das iterative Training von KI-Modellen abgelöst wird. Auf diesen Wandel bereiten wir unsere Designer schon heute vor. Sowohl im Prompten, als auch im Trainieren eigener KI-Modelle.

Ein KI generiertes Porzrtait einer jungen Frau mit orangefarbenen HaarenBild: Daria Suratova Ein Ki generiert Bild einer wellenförmigen ArchitekturBild: Daria Suratova

Trotzdem habt ihr gerade eine Stelle für einen Prompt Engineer ausgeschrieben …
Ja, für uns ist das eine Möglichkeit, zu sehen, wie der Stand in der Branche gerade ist, und mit den Leuten zu connecten, die wirklich tiefgehendes Wissen zu verschiedenen KI-Methodiken und technischen Hintergründen haben. Wir suchen vor allem nach Expert:innen, die einen Schritt weitergehen als die Bildgenerierung mit Midjourney und uns dabei helfen können, KI tatsächlich auch in der Produktion einzusetzen.

Das sind oft Leute, die aus der IT kommen, oder Kreative, die sich schon seit Jahren mit dem Thema beschäftigen. So bauen wir gerade ein Expertennetzwerk auf, mit dem wir skalieren und KI-Leistungen für Kund:innen anbieten können.

Drei Bilder aus einer visuellen Story, die erkunden soll, wie KI im Storytelling verwendet werden kann
Ismail Özalbayrak ist Art Director im Architekturbereich von Mutabor. Er experimentiert mit KI und Storytelling. Seine kontinuierliche Geschichte dokumentiert er auf einem eigenen Instagramkanal. Bild: Ismail Özalbayrak
Drei Bilder aus einer visuellen Story, die erkunden soll, wie KI im Storytelling verwendet werden kann
Processed with VSCO with fp2 preset Bild: Ismail Özalbayrak
Drei Bilder aus einer visuellen Story, die erkunden soll, wie KI im Storytelling verwendet werden kann
Processed with VSCO with fp2 preset Bild: Ismail Özalbayrak

Neue Leistungen ausarbeiten

Ihr habt mittlerweile sogar eine eigene Website mutabor.ai, die eure neuen Angebote listet. Was werdet ihr in Zukunft anbieten?
Im Moment sind wir in einer Phase, in der alle neugierig sind und lernen. Mit vielen Kunden machen wir Hackathons, in denen wir Briefings, die vorher traditionell bearbeitet wurden, ausschließlich mit KI bearbeiten. So haben wir einen A/B-Vergleich. Diese Erfahrungen helfen uns und unseren Kunden, abzuwägen, wie wir KI in naher Zukunft einsetzen werden.

Und wie geht ihr mit Kund:innen um, die noch nicht so KI-affin sind?
Jedes KI-Projekt beginnt mit einem Workshop um den Wissensstand und die Erwartungshaltung zu klären. Wir helfen, die aktuelle KI-Landschaft zu verstehen. Welche Tools es gibt, welche Technik dahintersteckt und wie sie diese bei sich einsetzen können. In jedem Projekt stellt sich aktuell die Frage, wie es mit den Rechten an den KI-generierten Inhalten aussieht. Hierfür haben wir auf KI spezialisierte Juristen, die hinzugezogen werden. Genauso klären wir, dass die KI-Projekte auch noch scheitern können und nicht zu den erhofften Ergebnissen führen. Die Offenheit schafft Vertrauen in den Prozess und die Lust am Experimentieren.

Unser Anspruch ist, unsere Kunden zu befähigen, entscheidungsfähig zu sein. Wir wollen sie beim Thema KI in den Drivers Seat bringen.

Eine gemoentrisch abstrakte Komposition mit regenbogenfarbenem Effekt in einem Posterlayout
Art Direktorin Corinna Ruttert wählte eine systematische Herangehensweise. Sie evaluierte in einem A/B Test den Zeitaufwand, 3D Elemente mit Midjourney zu generieren, oder in Cinema 4D zu modellieren. Bild: Corinna Ruttert

Also heißt es in Zukunft mehr Autonomie für Kund:innen?
Ja, definitiv. Betrachtet man allein das Feld Brandmanagement, so war es schon immer unsere Aufgabe, die Marke zu positionieren, sie zu schärfen und die Menschen zu befähigen, sie konsequent anzuwenden. Das jeweilige Arbeitsergebnis hat sich mit dem technischen Fortschritt und der damit gestiegenen Convenience immer wieder verändert: Früher waren es Manuals, wofür es aber auch auf Kundenseite Experten brauchte. Dann haben PDFs das Papier ersetzt. Webbasierte Guidelines sorgten als Single Source of Truth für Aktualität, ermöglichten iteratives Arbeiten und minimierten Fehler. Dann kamen Tools wie Generatoren, die es auch Nicht-Designern ermöglichten, Brand Assets zu erstellen.

Generative KI wird hier der nächste große Evolutionsschritt sein. Diese Lösungen müssen nun entwickelt und implementiert werden.

Eine gemoentrisch abstrakte Komposition mit regenbogenfarbenem Effekt in einem PosterlayoutBild: Corinna Ruttert

DBD LogoErlebt Mutabor live on stage auf den Design Business Days von PAGE x W&V! Bei der Konferenz am 13. September in Hamburg dreht sich alles um strategisches Design, Co-Creation, Brandmanagement, AI-Driven Design uvm. Mehr Informationen und Tickets gibt’s unter www.designbusinessdays.de.

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