
Designprojekte kalkulieren: Die besten Tipps und Beispiele
Wie kalkuliert man Jobs so, dass am Ende alle zufrieden sind? Welche Fallstricke gibt es – speziell bei agilen Projekten? Agenturen geben anonym, aber sehr offen Auskunft, wie sie angemessene Honorare durchsetzen, auch wenn sie dafür mal auf einen Auftrag verzichten müssen
Für diesen Artikel haben wir eine kleinere und zwei größere Agenturen, einen allein arbeitenden Typedesigner und eine Foundry gefragt, wie sie ihre Projekte so kalkulieren, dass am Ende möglichst alle zufrieden sind. Positiv überrascht waren wir von der großen Bereitschaft und Offenheit, über dieses Thema zu sprechen, wenn auch anonym.
Inhaltsverzeichnis
- Projektkalkulation: Designagentur, drei Inhaber, keine Angestellten
- Beispiel Werkvertrag in Designagentur
- Beispiel: Dienstvertrag in Designagentur
- Projektkalkulation in Designagentur: Lessons we’ve learned
- Designprojekte kalkulieren: Digitalagentur, gut 200 Mitarbeiter
- Verschiedene Tagessätze in Digitalagentur
- Projekte kalkulieren in Digitalagentur: Lessons we’ve learned
- Projekte kalkulieren: Kreativagentur, 150 Mitarbeiter
- Kreativagentur: Kalkulation für ein Projekt mit Festpreis
- Kalkulation für ein agiles Projekt in Kreativagentur
- Projektkalkulation Kreativagentur: Lessons we’ve learned
- Designprojekte Kalkulieren: Kleine Foundry, drei Köpfe
- Custom Fonts bringen Gewinn
- Honorare und Preise in Foundry
- Projekte kalkulieren in Foundry: Lessons we’ve learned
- Designprojekte kalkulieren: Typedesigner
- Projektverhandlungen: Alles gut erklären
- Projektkalkulation Typedesigner: Lessons I’ve learned
Um ein komplexes Thema nicht zusätzlich sperrig zu machen, haben wir darauf verzichtet, die anonymen Texte zu gendern.
Projektkalkulation: Designagentur, drei Inhaber, keine Angestellten
Werkvertrag • Dienstvertrag • Nutzungslizenzen • Kulanz • monatliche Abrechnung
In unseren Angeboten unterscheiden wir zwischen einem Werkvertrag, in dem von vorneherein feststeht, was am Ende herauskommen soll, und dem ergebnisoffenen, agilen Arbeiten mit einem Dienstvertrag, bei dem es kein formales Angebot gibt. Generell kalkulieren wir den Zeitaufwand, den wir voraussichtlich haben werden, und stellen das mit einem Stundenlohn zwischen 95 und 115 Euro in Rechnung. Bei Industriekunden können es auch schon mal 150 Euro sein, bei Aufträgen aus dem Kultur- oder Non-Profit-Bereich arbeiten wir für einen reduzierten Stundensatz.
In der Regel wird das von uns abgegebene Angebot akzeptiert. Das kann natürlich bedeuten, dass wir zu günstig sind – oder aber, dass die Kunden keine Lust auf Basarspiele haben. Wichtig ist uns, nicht nur den Aufwand zu kalkulieren, sondern auch den Wert unserer Arbeit. Zum Beispiel bildet es sich in den Nutzungslizenzen ab, ob ein Designsystem, das wir entwickelt haben, an mehreren Standorten und für viele Mitarbeiter zum Einsatz kommt. Auch wenn es schwierig zu beziffern ist – die Frage, welchen Wert unsere Arbeit schafft, berücksichtigen wir immer stärker.
Kalkulation mit Stundensätzen:
- Regulär: 115 Euro,
- Industriekunden: bis 150 Euro,
- Kunden aus dem Kultur- oder Non-Profit-Bereich: reduzierter Stundensatz zwischen 75 und 95 Euro
<h3id=”Designagentur2″>Beispiel Werkvertrag in Designagentur
Projekt: Corporate Design für ein familiengeführtes mittelständisches Unternehmen mit Filialen in verschiedenen Städten
Wir setzten einen Stundenlohn von 115 Euro an. Insgesamt bezifferte sich unser Angebot auf 37 920 Euro. Darin enthalten waren neben einem Markenbildungsworkshop die Entwicklung eines Corporate Designs mit Logo, Schrift, Farben, der grundlegenden Geschäftsausstattung sowie einem Brandbook. Eine Website haben wir nicht gestaltet, wohl aber ein Social-Media-Branding. Für Vorentwurf und Entwurf ist je eine Korrekturschleife inklusive. Alles, was darüber hinausgeht, berechnen wir zusätzlich. So ist es zumindest vertraglich geregelt – in der Praxis sind wir manchmal auch kulant. Das hängt vom jeweiligen Kunden und unserem Verhältnis zu ihm ab.
Einzelpositionen:
- Workshop plus Aufarbeitung (Markenmanifest, das die Ergebnisse zusammenfasst): 4600 Euro. Die setzen sich zusammen aus: ein Tag Workshop mit zwei Personen, ein bis anderthalb Tage Vorbereitung und die Ausarbeitung, insgesamt etwa vier Tage.
- CD-Vorentwurf inklusive Tonality Guide und verbale Kommunikation: 9200 Euro
- CD-Entwurf – also die Ausarbeitung des CD-Vorentwurfs: 5520 Euro
- Basispaket CD-Anwendungen (Visitenkarten, Briefbogen, Social-Media-Branding): 2300 Euro
- Produktion der Medien, Reinzeichnungen: 1380 Euro
- Eine große Position ist mit 11 040 Euro die Übertragung der Nutzungslizenzen, da das Designsystem auf diverse Ladengeschäfte übertragen wird
- Brandbook: 3680 Euro
- Nebenkostenpauschale für Druck und verwendetes Material: 200 Euro
Von den 37 920 Euro haben wir noch zwei Freelancerinnen mit einem Stundenlohn von 40 Euro beziehungsweise 50 Euro bezahlt. Zudem berechnen wir 400 Euro für einen Schriftgestalter, der uns geholfen hat, die Wortmarke geradezuziehen. Eingekauft haben wir dann noch Icons für 1000 Euro sowie einen Text für 1300 Euro. Einen Kostenpuffer haben wir nicht einkalkuliert, auch weil wir das Gefühl hatten, dass knapp 40 000 Euro für den Kunden schon ganz schön happig wären. Wie in den meisten Fällen hat dann alles doch etwas länger gedauert als kalkuliert – am Ende sind wir mit einem Stundenlohn von 92 Euro rausgegangen, damit können wir gut leben.
»In der Regel wird das Angebot, das wir abgeben, akzeptiert. Das kann natürlich bedeuten, dass wir zu günstig sind – oder aber, dass die Kunden keine Lust auf Basarspiele haben«
<h3id=”Designagentur3″>Beispiel: Dienstvertrag in Designagentur
Projekt: Designsystem für ein Softwareunternehmen mit 25 Mitarbeitern
Da das Unternehmen sein Designsystem auch Dienstleistern zugänglich machen will, haben wir hier unsere 115 Euro Stundenlohn genommen und pauschal 20 Prozent für die Nutzung aufgeschlagen, das heißt, der Stundenlohn lag bei 138 Euro.
Wir haben ergebnisoffen und mit dem Kunden gemeinsam am Prozess gearbeitet. Entsprechend gab es kein formales Angebot, sondern einen Dienstvertrag, der die Minimalergebnisse festhielt – also mindestens eine Wortmarke, die Definition eines typografischen Systems, die Farbwelt und so weiter. Dann haben wir in Sprints gearbeitet und definiert, was in diesen jeweils herauskommen soll. Die Abrechnung erstellten wir dann auf Stundenbasis.
Anfangs sagten wir dem Kunden, dass wir etwa einen Monat brauchen, um ein Basisdesign als Diskussionsgrundlage zu entwickeln. Die Kosten dafür setzten wir mit 20 000 Euro an. Wir haben auch weiterhin monatlich abgerechnet, manchmal kamen dabei mehr als 20 000 Euro heraus. Das Projekt lief sehr lange, etwa anderthalb Jahre, denn dem Kunden war es sehr wichtig, viel mitzubestimmen und verschiedene Routen auszuprobieren. Nach ungefähr einem Jahr haben wir dann mit ihm vereinbart, dass die 20 000 Euro monatlich nicht überschritten werden. Der Gesamtpreis betrug am Ende 211 320 Euro – allerdings war das Ergebnis auch ein deutlich komplexeres System als eine einfache Corporate-Design-Entwicklung. Es umfasste zum Beispiel eine eigenständige Illustrationswelt und eine richtig aufwendige Website.
»Je strategischer, differenzierter oder spezialisierter eine Leistung ist, desto besser ist die Verhandlungsbasis«
<h3id=”Designagentur4″>Projektkalkulation in Designagentur: Lessons we’ve learned
Den Wert unserer Arbeit in Rechnung stellen. Früher haben wir nur den zeitlichen Aufwand kalkuliert. Mittlerweile finden wir es mindestens ebenso wichtig, auch den Wert, den wir mit unserer Arbeit für den Kunden schaffen, zu bepreisen.
Designprojekte kalkulieren: Digitalagentur, gut 200 Mitarbeiter
Einkaufsabteilung • Rasenmäherprinzip • initiale Beratung • schwarze Null • Risiko Festpreis
Große Unternehmen haben ihre Einkaufsabteilungen, die ohnehin schon knallhart verhandeln. Es gibt aber auch Konzerne, die darüber hinaus mit externen Beratern arbeiten. Ist die Entscheidung für eine Agentur gefallen, holen sie Consultants dazu, die genau ausrechnen, wie weit man diese im Preis drücken kann. Sie schauen, was eine Agentur an Umsatz macht, wie viele Mitarbeiter und wie viel Bürofläche sie hat und was sie dafür bezahlt. So rechnen sie den Durchschnittssatz aus, den ein Mitarbeiter dieser Agentur ungefähr kostet. Und dann sagen sie der Einkaufsabteilung, welchen Tagessatz sie ansetzen kann. Der ist so niedrig, dass man zwar nicht pleitegeht, aber auch kein Geld verdient. Wenn die Leistung, die man als Agentur anbietet, austauschbar ist, hat man es schwer, einen anderen Satz durchzusetzen – je strategischer, differenzierter oder spezialisierter diese Leistung ist, desto besser ist die Verhandlungsgrundlage.
Kürzungen werden in Konzernen in der Regel mit Bonuszahlungen belohnt – auch deshalb wenden sie manchmal das sogenannte Rasenmäherprinzip an, indem sie einfach das Budget eines Projekts um 20 Prozent kürzen. Das heißt, auf einen Schlag werden 20 Prozent unserer Leute aus dem Projekt abgezogen. Die haben dann nichts zu tun, weil sie ja nirgendwo sonst eingeplant sind. So etwas von vorneherein vertraglich auszuschließen ist schwierig bis unmöglich.
Wir kalkulieren mit Personentagen pro Woche. Wenn wir zum Beispiel zweieinhalb Personentage Design ansetzen, sind entsprechend 12,5 Tage Design pro Woche gebucht. Schrumpft der Kunde dann das Budget um 20 Prozent, ist die Person mit dem halben Tag raus, wir müssen sie aber weiterbezahlen. So etwas berechnet unser Tagessatz mit ein. Gut für uns ist, dass wir sehr eng mit dem Kunden zusammenarbeiten und Teile unseres Teams tageweise bei ihm sitzen. Durch Scrum ist der Product Owner in der Regel auf Kundenseite angesiedelt, er kennt die drei Menschen, die die zweieinhalb Personentage abliefern, auch persönlich und setzt sich dafür ein, dass alle im Projekt bleiben – auch gegen die eigene Einkaufsabteilung.
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Verschiedene Tagessätze in Digitalagentur
Wir haben verschiedene Tagessätze: Ein erfahrener Designer kostet etwa 800 Euro, ein sehr erfahrener etwa 1000 Euro, ein Consultant, der schon bei vielen komplexen Projekten dabei war, dann schon 1800 Euro. Für das Angebot an den Kunden rechnen wir genau aus, welchen Level wir wie lange brauchen. Für die initiale Beratung ist eine hohe Anzahl hochrangiger Positionen nötig, in der Umsetzung sind es dann deutlich weniger. So kann man ganz gut einen mittleren Tagessatz kalkulieren, der etwa bei 1000 Euro liegt. Wobei wir immer versuchen, unter 1000 zu bleiben, das sieht im Angebot einfach besser aus.
Klar können wir als Agentur sagen: »Sorry, für diesen Tagessatz arbeiten wir nicht.« Aber wir befinden uns im Projektgeschäft, und Projekte haben nun mal einen Anfang und ein Ende. Selbst wenn es große Jobs sind, die ein oder auch zwei Jahre dauern, sind sie irgendwann fertig – das heißt, wir brauchen laufend neue Aufträge.
Ungefähre Tagessätze nach Qualifikation:
- Designer zwischen 720 und 1800 Euro,
- Programmierer: je nach Qualifikation zwischen 800 und 1800 Euro,
- Consultant: 1800 Euro
Projekte kalkulieren in Digitalagentur: Lessons we’ve learned
Grenzen ziehen. Die Entscheidung, einen Job für eigentlich zu wenig Geld anzunehmen oder abzulehnen, ist keine leichte. Wenn es ein strategisch wichtiges Projekt ist, mit dem man in einen ganz neuen Bereich hineinkommt und das unsere Agentur gut präsentiert, kann man das mal machen. Aber bis an eine schwarze Null gehen wir nicht. Denn mit der haben wir gerade mal die Gehälter der Designer bezahlt, aber nicht unsere Verwaltung.
Ursachenforschung. Haben wir einen Job nicht bekommen, suchen wir immer den Kontakt zum Kunden, um herauszufinden, woran es lag. Dabei fragen wir immer, wo wir im Vergleich zu den anderen Agenturen preislich lagen. Das kann für spätere Kalkulationen hilfreich sein.
Festpreise sind gefährlich. Wenn wir ein Projekt initial aufsetzen, also die ganze Beratung machen, arbeiten wir mit einem Pauschalpreis. Wir definieren einen Zeitraum, zum Beispiel drei, vier Monate, in denen der Kunde ein Paket für die Umsetzung bekommt, mit dem er theoretisch auch zu einer anderen Agentur gehen könnte. Diesen Initialprozess kann man ganz gut kalkulieren, deshalb ist das hier in Ordnung. Sobald es aber an die agile Umsetzung geht, ist ein Festpreis für die Agentur ein unkalkulierbares Risiko. Finger weg davon! Wir haben auch schon Projekte nicht bekommen, weil wir einen Festpreis abgelehnt haben. Das ist dann eben so.
Projekte kalkulieren: Kreativagentur, 150 Mitarbeiter
Konzernstrukturen • Designprozess herunterbrechen • Skill-Levels • Puffer • Metaziele • Cashflow
Designer machen vor allem zwei Fehler: Sie sind zu optimistisch und zu emotional. Ein Logo für 30 000 Euro entwickeln? Klar, das haben wir schnell fertig. Vorstände, die ein komplett ausgearbeitetes Projekt einfach mal vom Tisch wischen, sodass man wieder von vorne anfangen muss, sind nicht einkalkuliert.
Immer wieder gehen Kreative mit verliebten Augen in einen Pitch oder Angebotsprozess – sie möchten vor allem, dass sämtliche Beteiligten gut zusammenarbeiten. Diese Haltung prallt dann auf völlig unemotionale Konzernstrukturen. Als Agentur muss man sich vorher damit auseinandersetzen, wie der Einkaufsprozess funktioniert, genauso sachlich sein und nichts anbieten, was man nicht anbieten kann. An dieser Stelle gibt es keine Liebe, es geht ausschließlich ums Geschäft.
Ungefähre Tagessätze in Kreativagentur
- Junior: 900 Euro,
- Intermediate: 1200 Euro,
- Senior, Director: 1400 Euro,
- Management: 1600 Euro,
- Topmanagement: 2800 Euro
»Als Agentur muss man sich genau überlegen, wie weit man mit dem Preis heruntergehen und trotzdem noch gute Leistungen bringen kann«
Kreativagentur: Kalkulation für ein Projekt mit Festpreis
Angebote mit Festpreis sind im Designgeschäft immer noch gang und gäbe – und für Agenturen schwierig, weil sie sich schwer kalkulieren lassen. Für uns ist der beste Weg, das Projekt so kleinteilig wie möglich zu zerlegen. Wir fragen uns, wie lange es dauert, ein Moodboard zu bauen, inklusive Abstimmung und Korrekturschleifen. Oder fünf Varianten an Skizzen. Den Designprozess auf diese Weise herunterzubrechen ist viel einfacher, als die Frage zu beantworten, wie lange wir für eine Logoentwicklung brauchen. Wir nennen dieses Vorgehen »das Gesetz der kleinen Zahlen«: Der Kunde kauft nicht ein Stück Logo für 50 000 Euro, sondern ein Moodboard, einen kleinen Workshop, eine Präsentation. Durch dieses Aufdröseln wird für jemanden, der nicht vom Fach ist, nachvollziehbar, wie wir zu unserem Preis kommen.
Die Kosten für die einzelnen Teile generieren sich aus den Tagessätzen, die wir anfangs mit dem Kunden für die verschiedenen Skill-Levels verhandeln. Üblich ist die Unterteilung in Junior, Intermediate, Senior, Director, Management, Topmanagement. Bricht man das eigene Projekt herunter und ordnet es Personentagen und Skill-Levels zu, entsteht ein Preis, den wir dann mit dem Kunden diskutieren. Beispielsweise, ob es für Moodboards wirklich das Management braucht oder ob dafür nicht auch ein Junior genügt. Wir könnten argumentieren, dass wir natürlich alles von Junioren umsetzen lassen können, die Qualität dann aber möglicherweise eine andere ist, als wenn die Kreativdirektion einen Blick darauf hat. Eine oder auch zwei Korrekturschleifen sind für uns okay – alles, was darüber hinausgeht, ist ein Kommunikationsproblem. Wir kalkulieren aber immer mit, dass Dinge nicht optimal laufen, und bauen Puffer ein (siehe auch »Honorare durchsetzen«).
Generell gilt: Je größer der Konzern, desto niedriger sind die Tagessätze. Diese Unternehmen haben eine extrem große Marktmacht und Einkaufsabteilungen, die wissen, wie man Preise drückt. Auf der anderen Seite nehmen sie auch viele Tage ab. Es ist etwas anderes, ob man als Dienstleister eine Woche für 1500 Euro Tagessatz tätig ist oder ob man mit einem Team für ein ganzes Jahr gebucht wird.
Bei allem, was unter 700 Euro liegt, kann man aber nur noch mit Junioren arbeiten. Als Agentur muss man sich genau überlegen, wie weit man mit dem Preis heruntergehen und trotzdem noch gute Leistungen bringen kann. Wir haben auch schon Jobs abgelehnt oder diese eben nicht bekommen. Das passiert sogar recht oft, man muss es einfach aushalten.
»Für uns ist der beste Weg, das Projekt so kleinteilig wie möglich zu zerlegen«
Kalkulation für ein agiles Projekt in Kreativagentur
Bei agilen Projekten gilt genau das Gegenteil: Statt alles kleinteilig aufzulisten, sollte man im Angebot möglichst schwammig bleiben, sich nicht auf bestimmte Leistungen festlegen lassen, sondern einen Prozess verkaufen. Wir bieten dem Kunden Sprints an, an deren Ende Ergebnisse stehen, die wir für ihn zusammenfassen. Der Preis für den jeweiligen Sprint setzt sich aus den benötigten Personentagen und der Anzahl der Teammitglieder zusammen. Wir setzen uns Milestones, also Zeitpunkte, an denen definierte Metaziele erreicht sein sollen, und entscheiden dann in den laufenden Sprints über die Prioritäten und wie detailliert oder pragmatisch wir einzelne Features realisieren. Metaziele können zum Beispiel Wireframes sein, der User-Flow oder das Masterdesign mit drei Templates. Auf diese Weise kann man die Schritte von der Skizze zum Konzept, zum Grobdesign, zum Feindesign, zur Ausarbeitung sehr gut unterteilen. Dieses Vorgehen bedeutet viel Führung und Steuerung, ist aber ein transparenter und auch wirtschaftlich gut planbarer Weg.
In den meisten Fällen kommen wir mit der Kalkulation der Milestone-Dauer ganz gut hin. Bei manchen Sprints funktioniert es besser, bei anderen weniger. Es ist die große und wichtige Aufgabe des Product Owners oder des Projektmanagements, das im Blick zu haben, zu steuern und das Team entsprechend zu coachen. Trotzdem ist sicher jede Agentur da schon mal auf die Nase gefallen. Die Abrechnung machen wir am liebsten mit einem monatlichen Abschlag. Für Agenturen ist Cashflow wichtig, denn 150 Mitarbeiter erzeugen über eine Million Euro Kosten im Monat.
Projektkalkulation Kreativagentur: Lessons we’ve learned
Leistungsbeschreibung einhalten. Viele Konzerne liebäugeln mit agilem Arbeiten, was aber mit der starren Politik der Einkaufsabteilungen clashen kann. Wir haben schon die Erfahrung gemacht, dass das Projektteam ein agiles Projekt nach »Time and Material« gestartet hat, der Einkauf aber auf einer groben Leistungsbeschreibung bestand. Alles war pünktlich fertig, alle waren happy, das Ergebnis war aber ein anderes, als zu Anfang gedacht. Daraufhin hat der Einkauf gecheckt, was nicht dem initialen Angebot entsprach, und dafür Geld zurückgefordert. Alles, was wir zusätzlich geleistet hatten, zählte nicht. Wir mussten am Ende richtig draufzahlen. Seitdem bleiben wir ganz klar in der Leistungsbeschreibung. Und wenn die nicht klar definierbar ist, definieren wir sie auch nicht künstlich.
Umgang mit Freelancern. Viele Freie rufen höhere Tagessätze auf, als Agenturen überhaupt bei ihren Kunden (oft aufgrund der Menge an Tagen) verhandeln. Hier hilft nur, offen und ehrlich miteinander zu sprechen. Als Agentur trägt man die Kosten für die Akquise und das Risiko – das können Freelancer nachvollziehen. Wenn sie auf kurze Feuerwehrjobs aus sind, kann es trotzdem gerechtfertigt sein. Wollen sie eher langfristige Engagements, funktioniert es nur, wenn sie sich im Rahmen der verhandelten Tagessätze bewegen – je spezialisierter die Fähigkeiten, desto höher kann der Tagessatz sein. Wir engagieren möglichst keine Freelancer für die Produktion, denn hier liegt die Marge der Agentur. Bei einer punktuell benötigten Expertise ist es dagegen sehr sinnvoll, auf sie zu setzen.
Designprojekte Kalkulieren: Kleine Foundry, drei Köpfe
Verhandlungsspielraum • Änderungswünsche • Buy-out
Arbeiten wir für Agenturen, besteht unser Job häufig in der Modifikation einer Schrift. Die Agenur kauft zum Beispiel 50 Lizenzen eines unserer Retail Fonts, will aber ein spezielles Q. Solche Aufträge rechnen wir mit einem Stundensatz von 100 Euro ab. Entwickeln wir hingegen einen Custom Font, setzen wir einen Pauschalpreis an. Ein Basisschnitt inklusive Beratung kostet 15 000 Euro, ein zweiter Schnitt, den wir ja ebenfalls zeichnen müssen, 60 Prozent des genannten Betrags, also 9000 Euro.Für alle anderen, interpolierten Schnitte verlangen wir 40 Prozent der Ausgangspreises. Für eine Familie mit sieben Schnitten kämen also 54 000 Euro zusammen. Da ist dann noch ein bisschen Verhandlungsspielraum, aber im Prinzip brauchen wir diesen Preis, damit sich der Job für uns lohnt.
Dieser Festpreis umfasst die Beratung und die Entwicklung von drei Varianten. Das sind keine ausgearbeiteten Fonts, sondern in der Regel die Buchstaben A bis Z in Regular, manchmal noch in Bold. Bei einer Sans zeichnen wir beispielsweise eine geometrische, eine organischere und eine Version mit markentypischen Details. Die 54 000 Euro beinhalten OpenType-Features, Small Caps, Hinting, Kerning, Spacing, Testing und viele Runden Formenschleifen. Kommen am Ende des Projekts noch kleinere Modifikationen wie ein @-Zeichen, das nicht passt, ist das okay – darüber hinausreichende Änderungswünsche rechnen wir zum Tagessatz von 800 Euro oder nach Stunden ab.
Custom Fonts bringen Gewinn
An unsere Jobs kommen wir in der Regel dadurch, dass die Kunden irgendwo etwas von uns gesehen haben oder jemand von uns erzählt hat. An Pitches nehmen wir nur sehr selten teil, das entspricht nicht unserer Wertschätzung des Designs, da hier oft nicht die Qualität, sondern der günstigste Preis das Rennen macht.
Wir kommen auf etwa eine halbe Million Euro Jahresumsatz – davon entfallen rund 150 000 bis 250 000 Euro auf Custom Fonts. Den Rest verdienen wir mit unseren Retail Fonts und kleineren Jobs, wie Modifikationen oder Erweiterungen bestehender Schriften. Da wir bei den Retail Fonts, die nicht von uns selbst gestaltet sind, 50 Prozent an die Typedesigner abgeben, ist die Gewinnspanne bei Custom Fonts größer.
Die große Hoffnung bei jedem Retail Font ist ein Buy-out, dann hat sich die Schrift auf jeden Fall amortisiert. Buy-out bedeutet eine Lizenz-Flatrate, der Kunde kann die Schrift in allen Medien auf beliebig vielen Rechnern nutzen. Dies kostet etwa das Zweihundertfache einer Einzellizenz, das lohnt sich also etwa für Unternehmen mit vielen Filialen. Aber selbst wenn man bei einer Schriftentwicklung von Anfang an weiß, dass sie sich wahrscheinlich nicht rechnen wird, braucht man als Foundry viele Fonts, um sichtbar zu sein – und um unsere gestalterische Passion zu erfüllen.
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Honorare und Preise in Foundry
- Tagessatz: 800 Euro,
- Stundensatz: 100 Euro,
- Custom Font: Basisschnitt 15 000 Euro, der zweite Schnitt 9000 Euro, alle weiteren 6000 Euro, Kyrillisch: plus 30 Prozent, Griechisch: plus 20 Prozent
»An Pitches nehmen wir nur sehr selten teil, da hier oft nicht die Qualität, sondern der günstigste Preis das Rennen macht«
Projekte kalkulieren in Foundry: Lessons we’ve learned
Kommunikation. Wir haben mal für recht wenig Geld einen Job übernommen, der supergut fürs Renommee war. Leider erfuhren wir dann, dass wir nicht darüber reden dürfen. Heute verankern wir immer im Vertrag, was wir wann kommunizieren dürfen.
Gerichtsstand. Gelegentlich möchten Kunden den Gerichtstand ins Ausland verlegen. Das machen wir nur für einen Aufpreis von 3000 bis 4000 Euro. Was auch nicht reichen würde, wenn in den USA etwas vor Gericht ginge … Der Aufpreis schreckt aber ab, und oft bleibt es dann doch bei Deutschland.
Unternehmensgröße. Bei einer Schriftentwicklung für eine Agentur, die ihren Kunden nicht nennen durfte, gingen wir davon aus, dass es sich um ein mittelständisches Unternehmen handelte. Später stellte sich heraus: Es ist eine größere Aktiengesellschaft. Hätten wir das vorher gewusst, wäre unser Preis höher gewesen.
Zeitfaktor. Es kommt immer mal wieder vor, dass man für den Verkauf einer 90-Euro-Lizenz rund 20 Erklär-E-Mails hin- und herschreibt. Daran hat man dann definitiv nichts verdient, nur die Servicequalität gehalten.
Designprojekte kalkulieren: Typedesigner
Pitchphase • exklusive Nutzung • gute Argumente • Präsentationstage
Meist engagieren mich Agenturen, die in einem Kundenprojekt beim Thema Schrift Unterstützung benötigen. Vor Kurzem ging es um eine Corporate Design für ein deutschlandweit agierendes Unternehmen mit über 6000 Mitarbeitern. Die Agentur holte mich schon in der Pitchphase dazu, denn bei so vielen Anwendern ist ein Custom Font häufig günstiger für den Aufraggeber, als einzelne Lizenzen zu kaufen. In einer so frühen Phase habe ich noch nicht alle Parameter, muss aber dennoch einen Preis für die komplette Schriftentwicklung abgeben, auf den man mich am Ende gegebenenfalls auch festnageln wird. Aber generell ist das Schöne am Typedesign: Die Parameter, die den Preis bestimmen, sind sehr klar.
Zeichenanzahl. Bei einer lateinischen Schrift sind bei mir im Angebot immer sämtliche europäischen Akzente mit dabei. Wenn andere Skripte wie Kyrillisch, Griechisch oder Arabisch et cetera hinzukommen, wird es entsprechend teurer.
Schnitteanzahl. In meiner internen Kalkulation unterscheide ich zwischen den von Hand gezeichneten Mastern und den technisch interpolierten, nur zum Teil manuell nachgearbeiteten Schnitten. Ein interpolierter Zwischenschnitt kostet etwa zwei Drittel eines Masters. Das heißt, eine Schrift mit zwei Schnitten ist verhältnismäßig teurer als eine mit vier oder sechs.
Stilistik. Ganz allgemein gilt: Sans ist günstiger als Serif. Script hat wiederum eine ganz eigene Dynamik und wird je nach Anforderung kalkuliert.
Rechte. Möchte ein Kunde die Schrift exklusiv, multipliziert sich der Basispreis mit dem Faktor 1,3 bis 2 je nach Unternehmensgröße. In dem oben beschriebenen Fall verzichtete der Kunde darauf und bekam daher auch nur eine Lizenz für eine kleine Anzahl festgelegter Hauptagenturen, alle weiteren Agenturen müssen die Schrift bei mir lizensieren. Enthalten sind die Rechte für den unbegrenzten Einsatz in allen denkbaren Anwendungen.
Unternehmensgröße. Auch die Größe des jeweiligen Kunden entscheidet über den Preis. In diesem Projekt handelte es sich um ein rein deutsches Unternehmen. Bei einem weltweit agierenden Konzern hätte sich der Preis ungefähr verdoppelt. Nach der Kalkulation mit den beschriebenen Parametern kam ich auf einen Paketpreis von 56 000 Euro, mit dem wir in den Pitch gegangen sind. Nach den Verhandlungen mit der Einkaufsabteilung blieben 52 000 Euro übrig – ein Preis, mit dem ich gut leben konnte. Hätte die Agentur den Pitch nicht gewonnen, hätte ich auch nichts bekommen. Aber das gehört zur Auftragsakquise. Im Durchschnitt ergibt sich aus vier geschriebenen Angeboten ein Job, das muss natürlich in die Kalkulation einfließen.
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Projektverhandlungen: Alles gut erklären
In unserem nischigen Metier besteht viel Erklärungsbedarf. Auch deshalb ist es sinnvoll, dass die Kommunikation mit dem Kunden bei allen schriftrelevanten Fragen direkt über mich und nicht über die Agentur läuft. Ebenso rechne ich direkt mit dem Kunden ab. Das A und O ist ein detailliertes, strukturiertes Angebot, in dem genau steht, was enthalten ist: Stil, Zeichenanzahl, Schnitte, Rechte, aber auch welche OpenType-Features oder welche Art von Hinting. Als meine Pflicht sehe ich es auch, die jeweilige Agentur mit guten Argumenten auszustatten. Denn Kunden sind oft überrascht, wie teuer Schrift ist, aber auch darüber, was mit Custom Fonts alles möglich ist. Die Einkaufsabteilung liest sich natürlich jeden Satz durch und will alles erklärt haben. Diese Zeit und Beratung muss man investieren – sie steckt in meinen Preisen mit drin. Ebenso wie ein Präsentationstag vor Ort beim Kunden. Manchmal wird nach einem zweiten gefragt. In diesem Fall schreibe ich in den Vertrag: Wenn der zweite Tag nicht wahrgenommen wird, bleibt der Preis, es gibt keinen Nachlass.
Bei kleineren Projekten rechne ich meist nach Stunden- oder Tagessätzen ab. Ein Kunde wollte etwa einen Schriftschnitt, der sich an sein Logo anlehnt. Das waren nur Großbuchstaben, insgesamt etwa 50 Zeichen. Mein Tagessatz beträgt zwischen 750 und 950 Euro, je nachdem, wie viel Beratung dabei ist. Agenturen stöhnen schon mal, dass das ganz schön happig sei. Aber was ich mache, ist sehr spezialisiert, da kann ich das verlangen. Und ich muss ja gelegentlich davon auch Freelancer bezahlen, Schrifttechniker beispielsweise.
Tagessatz für Typedesigner
- 750 bis 950 Euro
»Die Zeit für Erklärung und Beratung muss man investieren, sie steckt in meinen Preisen mit drin«
Projektkalkulation Typedesigner: Lessons I’ve learned
Schriften brauchen Zeit. Sagt der Kunde: »Ich möchte die Schrift in sechs bis acht Wochen«, sage ich: »Acht Wochen ist supersportlich, aber machbar. Aber wenn du mir zwölf Wochen gibst, wird es viel besser. Schrift darf und muss reifen. Und wenn du schon so viel Geld investierst, um etwas Exklusives zu bekommen, solltest du auch etwas Zeit mitbringen.« Ich stelle meist sehr schnell Testfonts zur Verfügung, mit denen der Kunde schon mal arbeiten kann.
Vorsicht Technik! Anfangs habe ich die Systeme, auf denen die Schriften laufen müssen, unterschätzt. Je größer der Kunde, desto schwieriger ist es auch für ihn selbst, zu wissen, wo überall Schriften drinstecken. In Verpackungsmaschinen vielleicht, die dann bedruckte Etiketten ausspucken. So etwas frage ich heute sehr früh und mit großer Vehemenz ab.
Tipps: Design-Honorare durchsetzen
Hohe Beträge teilen und Erwartungen managen. Man kann am Tagessatz, an der Größe des Teams und am Timing schrauben. Für Kunden geht es meist um »Value for Money«, das heißt, zweimal 800 Euro lassen sich einfacher verkaufen als einmal 1600 Euro. Trotzdem wollen Kunden natürlich die Topköpfe der Agentur haben. Je erfahrener und kompetenter das »Face to the Customer« ist, umso höhere Tagessätze lassen sich durchsetzen. Ein gutes Erwartungsmanagement in den Verhandlungen funktioniert am besten: Wenn ihr x wollt, brauchen wir y, dann können wir x garantieren.
Projekttage großzügig kalkulieren. Schwierig ist, dass die Konzerne Projekt und Einkauf komplett trennen. Als Agentur bespricht man mit dem Team auf Kundenseite ganz realistisch, wie viele Tage für die einzelnen Projektbausteine notwendig sind. Dann kommt der Einkauf, sagt: »Okay, ihr braucht 30 Tage«, und fängt an, den Tagessatz zu drücken. Die Agentur kann einen niedrigen Tagessatz dann nicht mehr durch mehr Tage kompensieren. Das muss man anfangs berücksichtigen.
Puffer einplanen. Die Agentur muss einkalkulieren, dass Dinge nicht optimal laufen. Man kann ganz transparent die Position Puffer im Angebot aufführen und dem Kunden erklären: »Wir wissen, es kommen unvorhergesehene Situationen, in denen euch zum Beispiel auffällt, was ihr noch braucht, oder in denen ein Entscheider in eurem Unternehmen etwas anders haben möchte. Bevor wir dann wieder einen Einkaufs-Angebots-Prozess starten, der alle nervt, lasst uns doch x Prozent als Puffer einplanen, dann braucht es keinen Change Request.« Lehnt der Kunde das ab, hat die Agentur jedes Argument, um nachzuberechnen.
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