
Umweltfreundliche Veredelungen: Alles ganz öko!
Auch wer sein Printprojekt veredeln möchte, kann dabei die Umwelt im Blick haben. Wir zeigen ökologisch vertretbare Lösungen.

Prägen und Stanzen: Rein in Papier und Pappe
Wer materiell und trotzdem nachhaltig veredeln will, kann eine Prägung oder Stanzung wählen. Bei diesen rein mechanischen Verfahren ohne Farben, Folien oder Chemikalien, ist der Einfluss auf die Umwelt entsprechend gering. Die Möglichkeiten reichen von einer einfachen Blindprägung bis zur dreidimensionalen Reliefprägung. Hier kommen statt eines Werkzeugs zwei zum Einsatz: Matrize und Patrize drücken von beiden Seiten aufs Papier und erzeugen verschiedene Höhen und Tiefen. Wer sich an der sichtbaren Form auf der Rückseite des Papiers stört, kann diese mit einer Kaschierung verstecken, was durch die erhöhte Grammatur auch gleich noch für mehr Stabilität sorgt.

Für eine wirkungsvolle Prägung braucht man ein passendes Papier. Nicht zu dünn darf es sein, mindestens 170 Gramm, gerne auch dicker. Weiche Papiere, zum Beispiel mit einem hohen Anteil an Baumwollfasern, eignen sich besonders gut, hier lässt sich das Motiv tief hineinprägen.
Auch eine Stanzung sorgt für Aufmerksamkeit. Bei einer Formstanzung werden per eigens gefertigtem Stanzwerkzeug beliebige Formen aus dem Material geschnitten. Entweder ganz, sodass der Blick auf die darunterliegenden Seiten frei ist oder nur angedeutet, wie zum Beispiel bei einer Wellenlinie. Dabei sollte man bei größeren ausgestanzten Flächen die Stabilität des Ganzen im Blick behalten. Feiner und filigraner lässt sich per Laser stanzen. Durch den Energieverbrauch des Lasers ist die Umweltbilanz etwas schlechter als bei einer rein mechanischen Stanzung.
»Ich finde, der Blaue Engel auf einer Broschüre oder einem Flyer ist auch eine Veredelung«
Thomas Fleckenstein, Prokurist bei der Umweltdruckerei Lokay, Reinheim, www.lokay.de


Umweltfreundliche Papiere und Farben
Eine schöne Wirkung lässt sich durch die Kombination verschiedener Papiere in einem Objekt erzielen. Hier sollte man schauen, wie viel Frischfaseranteil die Sorten enthalten und ob dieser FSC-zertifiziert ist. Oder man greift gleich zu recycelten Sorten von denen es inzwischen eine große Auswahl an Färbungen und Oberflächen gibt, die sich wunderbar miteinander mischen lassen.

Zahlreiche Druckereien arbeiten heute mit mineralölfreien Farben. Nachfragen sollten Sie trotzdem. Bestehen die Farben aus pflanzlichen Ölen und Harzen und aus organischen Pigmenten? Für den Blauen Engel auf einer Drucksache müssen die Farben außerdem kobaltfrei sein. Wie aber sieht es mit Sonder-, Neon- und Metallicfarben aus? »Tagesleuchtfarben enthalten mineralölhaltige Pigmente und Trockenstoffe auf Kobaltbasis, daher sind diese Far-ben für eine umweltfreundliche Produktion auszuschließen«, weiß Christin Lieke, Qualitäts- und Umweltbeauftragte beim DBM Druckhaus Berlin-Mitte, Deutschlands erster Blauer-Engel-Druckerei.

Gleiches gilt für Metallicfarben, die endliche Rohstoffe wie Gold, Bronze oder Aluminium enthalten und schon deshalb nicht als nachhaltig einzustufen sind. Die für gold- und bronzehaltige Druckfarben eingesetzten Pigmente sind auch seit Januar 2014 als umweltgefährliche Stoffe eingestuft. Zudem lassen sich wegen des Kobaltanteils weder Leucht- noch Metallicfarben ganz deinken, sodass damit bedruckte Papiere entsprechend schwer zu recyceln sind.

Auf Besonderes muss man trotzdem nicht zwingend verzichten, Nachfragen kann sich oft lohnen. »Möchten Kunden eine Sonderfarbe drucken, lassen wir uns ihre Vorstellung zeigen und fragen dann bei unserem Farbhersteller nach, ob es möglich ist, diesen Farbton aus umweltverträglichen Farben herzustellen«, so Lieke. Ein schöner Hingucker ist übrigens auch ein Farbschnitt – natürlich mit aus ökologischer Sicht unbedenklichen Farben.

Heißfolienprägung ohne giftige Zusätze
Zu den beliebtesten Veredelungen gehört die Heißfolienprägung, bei der durch Hitze und Druck die Beschichtung einer Trägerfolie – zum Beispiel metallische Farben – herausgelöst und auf den Bedruckstoff gepresst wird. Per se kein umweltfreundlicher Vorgang, den man aber mehr oder weniger umweltfreundlich gestalten kann. »Damit möglichst wenig Material im Altpapier landet, sollte man keine zu großen Flächen prägen«, berichtet Thomas Fleckenstein von der Druckerei Lokay, die auch den Onlineshop Umweltdruckerei.de betreibt. »Zudem sollte man den Dienstleister auf eine Folie ohne giftige Schwermetalle ansprechen.«

Der Prägefolienhersteller Leonhard Kurz gilt als führend in der Heißprägetechnik und räumt mit Vorurteilen auf. Zum Beispiel damit, dass die Folie mit aufs Papier kommt. »Bei der Heißfolienprägung werden nur extrem dünne Farb- oder Aluminiumschichten auf das Produkt übertragen«, erklärt Holger Habekus, Produktmanager Grafik bei Kurz. »Die Folie dient dabei nur als Trägermaterial und wird nach dem Applikationsprozess vom Produkt wieder abgelöst. Daher lassen sich heiß geprägte Produkte völlig problem- und gefahrlos dem Papierrecycling zuführen. Zudem kommen bei Heißprägefolien von Kurz auch keinerlei gefährliche Inhaltsstoffe zum Einsatz, die Trägerfolie und auch die Transferschichten sind schwermetallfrei.« Gerade erhielt das Unternehmen von der International Association of the Deinking Industry (INGEDE) ein Zertifikat, das die problemlose Deinkbarkeit einer getesteten Leonhard-Kurz-Folie bescheinigt.
Drucktechniken: Folienabfälle reduzieren
Derzeit arbeitet Leonhard Kurz an der Optimierung von Recyclingtechnologien für Folienabfälle und an der Entwicklung von Alternativen zum PET-Träger aus nachwachsenden Rohstoffen. »Um die Auswirkungen auf die Umwelt möglichst gering zu halten, bieten wir zudem mit dem Kalkulationsprogramm FoilConnect die Möglichkeit, den Folienbedarf exakt zu kalkulieren und dadurch kleinstmögliche Folienmengen einzusetzen«, resümiert Habekus.

Besser nur partiell: UV-Lacke
Auf der Umweltfreundlichkeitsskala weit unten finden sich UV-Lacke. »UV-Lack ist nichts anderes als flüssiger Kunststoff, der mit UV-Wellen gehärtet wird«, erklärt Thomas Fleckenstein. »Das heißt, man bringt flüssigen Kunststoff aufs Papier, der sich im Recyclingprozess niemals ganz herausfiltern lässt.« Denn beim Härten unter UV-Licht entsteht eine hauchdünne Kunststofffolie, die beim Recycling in kleine Schnipsel zerreißt und sich beim Deinken nur schwer entfernen lässt. Beim LED-UV-Druck, der aufgrund der geringeren Emission von Ozon und Stickoxiden ja eigentlich als umweltfreundlicher gilt, besteht sogar die gesamte Farbe aus Kunststoff.
Gibt es umweltfreundliche Dispersionslacke?
Besser sieht es bei Dispersionslacken aus, die meist nach dem eigentlichen Druckprozess aufgetragen werden. Dieser matte oder glänzende Lack schützt Drucksachen vor Abrieb und macht sie zugleich etwas glänzender oder matter. Hier gibt es durchaus umweltfreundliche Alternativen, die aus Wasser und Bindemitteln wie Harzen bestehen. »Es gibt nicht nur Druckfarben, sondern auch Dispersionslacke, die einen Blauen Engel haben«, sagt Thomas Fleckenstein. »Leider sind Farbe und Lack zwar meist einzeln deinkbar, aber nicht in der Kombination, wenn also über die Farbe noch ein Lack gedruckt ist. Meines Wissens existiert nur eine einzige Kombination, bei der das möglich ist.« Tatsächlich gibt es beim DBM Druckhaus Berlin-Mitte eine Mattlack-Farb-Kombination, die nach den Kriterien des Blauen Engels zertifiziert ist.
Fairerweise muss man sagen, dass der Vergleich zwischen UV- und Dispersionslack hinkt. Sorgt Letzterer vor allem für den Schutz des Druckerzeugnisses, lassen sich mit partiellem UV-Lack echte Hingucker realisieren. Wer auf diesen Effekt nicht verzichten möchte, sollte ihn nur punktuell einsetzen und vor allem die so veredelten Druckerzeugnisse in die Restmülltonne und nicht ins Altpapier werfen.

»Neonfarben und andere Tagesleuchtfarben enthalten mineralölhaltige Pigmente und Trockenstoffe auf Kobaltbasis, daher sind diese Farben für eine umweltfreundliche Produktion auszuschließen«
Christin Lieke, Qualitäts- und Umweltbeauftragte beim DBM Druckhaus Berlin-Mitte, www.druckhaus-berlin-mitte.de
Duftlack: Mögliche Umweltbelastung & Recyclingprozess
Nicht nur die Kosmetikindustrie, auch andere Branchen greifen häufig gerne auf Duftlack zurück, um ihre Werbebotschaft zu emotionalisieren. Da sieht man nicht nur ein Cabrio durchs Lavendelfeld fahren, sondern kann den Lavendelduft auch gleich riechen. Umweltfreundlich ist auch ein Duftlack nicht wirklich, aber doch deutlich umweltschonender als Warenproben, wie man sie beispielsweise in Frauenzeitschriften findet. Denn für diese braucht man deutlich mehr Parfümöl und darüber hinaus noch Folien zum Verpacken.
»Unsere Duftkapseln werden als fünfte Farbe im Druckverfahren aufgetragen, das funktioniert in allen Drucksystemen. Reibt man später mit leichtem Druck über die Stelle, platzt die Kapsel und setzt den Duft frei«, berichtet Birgit Rothörl, Geschäftsführerin bei Schubert International, wo man sich auf den Druck von Duftlacken für Duftwarenproben spezialisiert hat. Welche Art Farben sich in den anderen Farbwerken befindet, spielt keine Rolle, und auch hinsichtlich des zu bedruckenden Papiers geht fast alles. Bei Schubert International empfiehlt man zwar glanzgestrichene Sorten, aber selbst mit ungestrichenen Papieren lassen sich gute Ergebnisse erzielen.
Die Kapsel selbst besteht aus einem Kunstharz. Alle Versuche, die Kapseln aus einem biologisch abbaubaren Material herzustellen, scheiterten bislang. »Man braucht für die Kapselwand ein stabiles Material«, so Birgit Rothörl. »In der Vergangenheit hat man Duftkapseln mit einer Gelatinewand gefertigt – allerdings waren die Kapseln viel größer, ließen sich nur in einem wässrigen System verdrucken, und auch die Haltbarkeit war kritisch.«

Alles in allem sind die Umweltbelastungen beim Duftlack minimal, weil die Auftragsmenge so gering ist. Laut Birgit Rothörl hat man im Offsetdruck ein Auftragsgewicht von 2 bis 3 Gramm pro Quadratmeter. Dadurch ist der Recyclingprozess unproblematisch, ein Papier mit Duftlack lässt sich ganz normal wiederverwerten.
Bei Projekten mit Veredelungen geht es immer auch um schönes Design, deshalb müssen Gestalter die Wünsche ihrer Kunden ernst nehmen. Allerdings sollten sie kommunizieren, dass Glaubwürdigkeit mehr zählt als glanzvolle Effekte und man einen Nachhaltigkeitsbericht besser nicht mit Neonfarben und UV-Lack veredelt. Und vielleicht können Kreative beim nächsten Auftrag den Kunden fragen, ob statt partiellem UV-Lack nicht auch eine schöne Prägung infrage käme.

Umweltranking der Veredelungen
1. Prägung und Stanzung. Da es sich hier um rein mechanische Verformungen handelt, gibt es keinen nachteiligen Einfluss auf die Umwelt.
2. Laserstanzung. Durch die für den Laser verbrauchte Energie fällt die Umweltbilanz etwas schlechter aus als bei mechanischen Stanzungen.
3. Dispersionslack. Diesen meist zum Schutz der Drucksachen aufgetragenen matten oder glänzenden Lack gibt es in umweltfreundlichen Varianten, die aus Wasser und Bindemitteln wie Harzen bestehen.
4. Heißfolienprägung und Duftlack. Beide sind per se keine umweltfreundlichen Veredelungen, aber besser als ver-gleichbare Möglichkeiten. Bei der Heißfolienprägung werden extrem dünne Farb- oder Aluminiumschichten auf das Produkt übertragen. Die Folie, die schwermetallfrei sein sollte, dient dabei nur als Trägermaterial und wird nach dem Applikationsprozess vom Produkt wieder abgelöst. Heiß geprägte Produkte lassen sich recyceln. Beim Duftlack besteht die Hülle der Duftkapseln aus einem Kunstharz. Der Duftlack wird als fünfte Farbe im Druckverfahren aufgetragen. Da die Menge des Auftrags sehr gering ist, ist auch hier der Recyclingprozess unproblematisch.
5. UV-Lacke, Neon- und Metallicfarben. UV-Lack ist mittels UV-Wellen gehärteter, flüssiger Kunststoff. Beim Här-ten unter UV-Licht entsteht eine hauchzarte Kunststofffolie, die beim Recyceln in kleine Schnipsel zerreißt – ungünstig fürs spätere Deinking. Auch Metallic- und Neonfarben lassen sich nicht vollständig deinken, sie enthalten mineralölhaltige Pigmente und Trockenstoffe auf Kobaltbasis. Mit UV-Lack, Neon- oder Metallicfarben veredelte Druckprodukte gehören
in den Restmüll, nicht ins Altpapier.

Dieser Beitrag stammt aus der PAGE 02.2018