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Corona: Lässt uns KI im Stich?

Über dieses Gedankenspiel haben wohl viele von euch in den letzten Wochen sinniert: Was wäre mit dieser Pandemie gewesen, wenn wir schon in der oft beschriebenen Utopie, einer durch KI und Robotik voll automatisierten Gesellschaft mit uneingeschränktem Grundeinkommen leben würden? Eine neue Ausgabe der KI-Kolumne von Indeed-Chef Karel Golta.

Neue Kolumne von Indeed-Chef Karel Golta

Hätten wir von dem Virus Notiz genommen, in einer Gesellschaft mit Level 5 autonomen Fahr- und Flugzeugen, einer vollständig automatisierten Landwirtschaft ohne Erntehelfer, einer selbstregulierenden Produktion, einem durch und durch digitalisierten Bildungswesen, wo jeder Bürger sich non-stop online weiterbilden kann und dies auch funktioniert?
Wären also kaum Auswirkungen zu spüren in einer solchen verheißungsvollen Gesellschaft, die uns Menschen ermöglicht, für unser tägliches Einkommen nicht mehr „arbeiten“ zu müssen, in der wir uns nur noch höheren, humaneren und einzig persönlichen Zielen widmen, während Maschinen und starke KI den Rest erledigen?

Leitet euch euer eigenes Szenario daraus ab. Global oder Lokal. Hätte das Virus sich überhaupt weltweit entwickeln können? Und wenn doch, hätte es uns tragisch berührt?

Wo ist die KI, wenn man sie wirklich braucht?

Hätte, hätte Fahrradkette. Was wir aber festhalten können: all unsere verheißungsvollen Technologien haben uns vor dieser Krise nicht bewahrt. Wo bitte ist die Künstliche Intelligenz, wenn man sie mal wirklich braucht? Und ich rede nicht von lustigen Algorithmen, die Fallzahlen von China auf Italien oder Deutschland projizieren. Bislang konnte uns die vielversprechendste und meistgepriesene Technologie des 21. Jahrhunderts nicht helfen. Könnte es sein, dass wir es uns zu einfach gemacht, zu einfach vorgestellt haben? Dass unser von Leibniz und Aristotle geprägte Binär-System Gut und Böse, richtig und falsch, 0 und 1 nicht in der realen Welt funktioniert?

Ob Start-Ups, etablierte Unternehmen oder Politiker, sie alle verfolgen einen finalen Zustand: Gewinner sein. Ein Facebook, ein Google, eine Kanzlerin. Natürlich menschlich, halt wie im Sport. Goldmedaille – Eins. Alle anderen sind Looser – Null.

Könnte es jedoch sein, dass dieses binäre Denksystem keine weitergehenden Lösungen für unsere heutigen Herausforderungen wie Corona und Klimawandel bietet? So wie auch in Sachen KI mit der bestehenden Computerchiparchitektur keine großen Sprünge mehr zu erwarten sind.

Neue Algorithmen für neue Fragestellungen

Doch gerade dort passieren spannende Dinge. Quantenphysik und Quantenmechanik bilden die Grundlage für Quantencomputer, und mit ihnen die Möglichkeit für KI das nächste Level, von einer schwachen hin zu einer starken KI zu schaffen. Hier geht es nicht nur um die Geschwindigkeit, mit der enorm große Datenmengen verarbeitet werden können. Nein, es geht primär darum, dass völlig neue Algorithmen entwickelt werden können. Für Aufgaben, für Fragestellung und für Simulationen die sonst wohl menschlich nicht lösbar wären. Warum? Weil sie nicht mit 1 und 0, also einem festen Wert funktionieren, sondern mittels Superposition und Quantenverschränkung. Das bedeutet erstens, dass ein Ereignis einen Zustand zwischen 0 und 1 haben kann, ohne sich in diesem Zustand festzulegen. Und zweitens gleichzeitig mehrere Ereignisse zwar einen Gesamtzustand haben, aber einzeln sich dennoch nicht festlegen lassen. Stichwort Schrödingers Katze.

Sehr vereinfacht ausgedrückt: du machst ein Foto eines gigantischen Chaos aus Billionen von Einzelteilen. Das Chaos bleibt auf dem Foto immer gleich aber die Einzelteile ändern sich bei jedem hinschauen, obwohl das Foto statisch ist.

Wie unser Leben auf dem blauen Planeten. Wir können aus dem Weltall Fotos machen. Hübsch anzuschauen. Aber in dem Moment, wo wir einzelne Teile des gigantischen Systems versuchen zu beobachten, haben sie sich schon wieder verändert.

Ungeahnte Simulationen auf globalem Niveau

Seien wir ehrlich, wir Menschen tun uns unendlich schwer, Systeme zu durchdringen, zu verstehen und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Deshalb „glauben“ wir häufig lieber oder vertrauen dem Bauchgefühl. Oder konzentrieren uns eben auf das eine erreichbare Ziel, den Sieg.

Die Pandemie wird uns als Tribut am Ende ihrer Wellen faszinierend fantastisches Datenmaterial zollen. Domäne übergreifende KI, mittels Quantencomputer, könnte daraus völlig neue Erkenntnisse in Sachen Klimawandel gewinnen und ungeahnte Simulationen auf globalem Niveau durchführen. Damit könnten wir Abhängigkeiten und Veränderungsdynamiken besser verstehen – ein Anfang.

Lesen Sie auch die anderen Teile unserer KI-Kolumne

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