Interview mit Monotype Design Director Mark Boulton
»Internet-of-Things, zunehmender Konsum mobiler Inhalte, Wearables mit Schrift und responsive Web-Design beeinflussen das Arbeiten der Kreativbranche 2015 maßgeblich« Wir sprachen mit Mark Boulton, dem neuen Design Director bei Monotype.
Welche Trends werden die Typografie im nächsten Jahr beeinflussen?
Mark Boulton: Meiner Ansicht nach sind das drei Dinge: die Apple Watch, der weiter steigende Konsum von Inhalten auf mobilen Geräten und das Responsive-Web-Design. Im Frühsommer 2015 soll die Apple Watch auf den Markt kommen. Zwar wird über Wearables schon lange diskutiert, doch mit Ausnahme von Fitbit gingen diese Produkte bisher an den Bedürfnissen der meisten Kunden vorbei. Das Entscheidende aus Typografie-Sicht ist, dass die Apple Watch einen kleinen Bildschirm hat – mit viel Schrift. Screens in dieser Größe erfordern ein raffiniertes Betriebssystem, damit eine gute User Experience entsteht.
Darüber hinaus wird der Konsum von Inhalten auf mobilen Geräten 2015 weiter steigen. Das heißt auch, dass Werbeanzeigen auf den diversen Geräten klarer darstellbar und die Reaktionen bzw. Interaktionen der Verbraucher besser messbar werden müssen. Dass Schrift dabei eine entscheidende Rolle spielt, wird sich nächstes Jahr noch stärker herauskristallisieren.
Schließlich ist Responsive-Web-Design zukünftig noch dringender erforderlich als bisher, und langsam gibt es hier gute Lösungen. Viele große Verlage, die früh in responsive Konzepte investiert haben, aber mittlerweile neue Content Management Systeme (CMS) brauchen, werden neue Design- und Branding-Lösungen entwickeln. Damit üben sie Druck auf Werbetreibende aus, so dass auch diese nicht mehr um flexible Konzepte herumkommen. Das wird den Markt weiter aufmischen, da Verleger nach mehr Engagement und besseren Anzeigenlösungen fragen werden.
Was sind die kreativen Herausforderungen 2015? Wie kann man diese meistern?
MB: Die großen Herausforderungen bleiben die »neuen« und sich wandelnden Technologien sowie die Veränderungen des Konsumer-Verhaltens in Bezug auf die Rezeption von Inhalten. Diesem Wandel kann man begegnen, in dem man sich von traditionellen Media-Agentur-Modellen verabschiedet und mit schnelleren und stärker multidisziplinären Arbeitsweisen experimentiert.
Welche Technologien werden Typografie, Branding und Design 2015 verändern?
MB: Internet-of-Things, würde ich sagen. Zum Beispiel das, was Nest bereits tut: man nehme alltägliche, langweilige Gebrauchsgegenstände und verwandle diese in schön gestaltete, vernetzte Geräte, die jeder haben möchte. Immer weniger Menschen nutzen das Internet nur am Schreibtisch. Durch die Vielzahl an unterschiedlichen Devices – von Wearables über internet-fähige Alltagsgeräte – werden die Preise von Tablets und Co. weiter fallen. Das Netz wird überall sein. Damit werden auch Web Fonts immer wichtiger. Deswegen wird sich deren Einführung weiter verbreiten.
Worauf sollte sich die Kreativ-Industrie 2015 fokussieren, um junge Designer zu fördern und ihnen zu helfen, ihr typografisches Geschick zu entfalten?
MB: Weiterbildung! Viele junge Designer wissen nicht, was sie nicht wissen. Ich bin davon überzeugt, dass erfahrene Kollegen hier den Jungen sinnvoll unter die Arme greifen können. Nur so wird es auch weiterhin viel Können und Qualität in der Kreativbranche geben. Ich bin es etwas leid, dass es momentan in der Branche nur darum geht, sich gegenseitig seine besten Arbeiten zu zeigen. Mich interessieren die Resultate viel weniger als der Weg, wie sie entstehen. Ich möchte wissen: Warum hat man sich für oder gegen etwas entschieden? Wie ist das Ergebnis angekommen? Wo musste man nachjustieren? Was hat nicht geklappt? Die Web-Branche macht das um einiges besser. Das muss sie allerdings auch, denn nur so kann sie mit dem technologischen Wandel Schritt halten.
Zu guter Letzt: Ihr Tipp für Typografen?
MB: Benutze niemals die Bold-Taste oder Code, um eine Fake-Halbfette zu erzeugen. Das funktioniert so nicht.
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