Wie man als Designer ganz unkompliziert ermittelt, ob man 7 oder 19 Prozent Mehrwertsteuer berechnet und warum man sich dabei einen Gefallen tut, wenn man mit seinem Kunden über Nutzungsrechte redet, erklärt Andreas Maxbauer, Referent bei der Allianz Deutscher Designer (AGD).
Im Folgenden geht es um Mehrwertsteuersätze sowie Nutzungsrechte, also um zwei bei Designern besonders unbeliebte Themen. Es geht darum wie beide zusammenhängen, und vor allem darum wie eine neuere Vereinfachung Designern hilft – falls sie diese überhaupt hilfreich finden.
Das Unangenehme daran, dass Designer mit zwei Mehrwertsteuersätzen abrechnen können, ist ihre oft als unsicher empfundene Grundlage: 7 % Steuersatz für die urheberrechtlich relevanten Leistungen und 19 % für alles Andere, z.B. reine Produktionsleistungen. Aber was genau ist was? Und überhaupt, ist nicht Beides in allen unseren Arbeiten enthalten? Falls Sie denken, das sei aber kompliziert, dann kennen Sie noch nicht die fünf unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze für Weihnachtsbäume.
Kopf- oder Handarbeit?
Schauen wir uns kurz die Grundsätze an. Besonders wichtige Dienstleistungen oder essenzielle Güter erhalten in Deutschland eine reduzierte Mehrwertsteuer von 7 % (oft ist es auch nur das Ergebnis intensiver Lobbyarbeit). Das gilt für Grundnahrungsmittel aber auch für Blumen, Verlagserzeugnisse und nach dem Urheberrechtsgesetz geschützte, künstlerische Leistungen – wozu auch unsere Designleistungen gehören.
Illustrationen, Fotografien und Texte können grundsätzlich mit 7 % abgerechnet werden, ihnen wird der urheberrechtliche Schutz regelmäßig und unkompliziert zugestanden, denn hier ist alles künstlerisch, das erleben wir ja täglich. Beim Gros der üblichen Designtätigkeiten aber war es bis vor Kurzem so, dass ein Entwurf eine überdurchschnittliche Schöpfungshöhe aufweisen musste – also überragend gestaltet sein – um urheberrechtlich geschützt zu sein. Denn nur auf diese schöpferische »Kopfarbeit« konnten Gestalterinnen und Gestalter Nutzungsrechte einräumen und nur diese wiederum führen nach Ansicht der Finanzämter zu dem privilegierten Steuersatz.
Dieser »Kunst-ist-wertvoller-als-Gebrauchsdesign-Auffassung« widersprach der Bundesgerichtshof im November 2013 mit seinem sogenannten Geburtstagszug-Urteil. Das hat für Designerinnen und Designer schöne Folgen, nicht für die Vergabe und Vergütung von Nutzungsrechten, sondern auch für die Besteuerung. Denn wenn Kunst und Gebrauchsdesign rechtlich gleich behandelt werden müssen, dann auch steuerlich.
Der normale Mehrwertsteuersatz von 19 % wird im Designbüro auf die »Handarbeit« also alles Nichtkünstlerische berechnet, z.B. die überwiegende Bearbeitung von Bildern für einen Auftrag, der Satz eines Buches, die Programmierung oder das Hosten einer Website oder der Handel mit Drucksachen.
Nun ist es bei uns durchaus üblich, dass in einem Auftrag mehrere Leistungen erbracht werden, die, würden sie als Einzelleistungen betrachtet, teilweise mit 7 % und teilweise mit 19 % Mehrwertsteuer zu versehen wären. Wenn in einem Auftrag direkt zusammengehörende Leistungen zusammenkommen, gilt der Mehrwertsteuersatz, der zur Hauptleistungs-Summe gehört: Standen zum Beispiel eine urheberrechtlich relevante, künstlerische Leistung inkl. die Veräußerung dazugehöriger Nutzungsrechte im Vordergrund, etwa die Fotografie für einen Bildband, kommen 7 % Mehrwertsteuer auf die gesamte Rechnung. Ging es hingegen eher um Produktionsleistungen (wie die im vorherigen Absatz genannten), werden 19 % auf alle Nettobeträge aufgeschlagen.
Es gab zwischen den Finanzämtern und Designern immer wieder unterschiedliche Auffassungen darüber, ob ein Werk künstlerisch genug war – also eine hinreichende Schöpfungshöhe hatte, um die 7% zu rechtfertigen. Unterlag das Designbüro, musste es unter Umständen sehr hohe Steuerbeträge nachzahlen, die es vom Kunden schlecht zurückholen konnte.
Viele Kolleginnen und Kollegen reagieren auf das Dilemma indem sie grundsätzlich 19 % auf ihre Rechnungen schreiben. Dagegen sind im Prinzip nur zwei Dinge einzuwenden: Abrechnungen mit 7 % untermauern (wenn auch eher atmosphärisch als rechtlich) den freiberuflichen Status der Designer. Außerdem zahlen die Kunden zu hohe Mehrwertsteuern, das Geld fehlt dann unter Umständen woanders, z.B. für weitere Designaufträge.
Es wird einfacher – aber nur bei klarer Ansage
Das vor einigen Jahren ergangene Geburtstagszug-Urteil des Bundesgerichtshofs erklärt mit seiner Gleichstellung von Kunst und Design auch den ewigen Streit über die Schöpfungshöhe für hinfällig. Es gibt für die Finanzämter seitdem keinen Grund mehr, die schöpferischen Arbeiten von Designerinnen und Designern steuerlich zu hinterfragen. Folgerichtig hat das Bundesfinanzministerium vor etwas über einem Jahr mit einem Erlass eine Regelung festgeschrieben, die problematische Grenzfälle vermeiden und zur Vereinfachung führen soll.
Im Wesentlichen gibt die zwischen Designer und Kunden getroffene vertragliche Vereinbarung auch die Höhe des Mehrwertsteuersatzes vor: Wird in den Angeboten, Verträgen und Rechnungen eine Übertragung von Nutzungsrechten vereinbart – am Besten mit einer präzisen Nennung von Art, Umfang und Dauer – gilt der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 %, ansonsten sind es 19 %.
Wie bisher lässt sich das Steuerprivileg natürlich nur auf Werke anwenden bei denen der urheberrechtlich relevante Entwurf im Vordergrund steht, denn nur darauf können Entwerferinnen und Entwerfer ihre Nutzungsrechte einräumen.
Kurz gesagt: Nur wer mit seinen Kunden Nutzungsrechte schriftlich vereinbart, kann seine Werke mit 7 % Mehrwertsteuer berechnen, sonst nicht. Dafür wird das Finanzamt künftig kaum noch bei den entsprechenden Designern nachhaken oder nachfordern. Dennoch ist hier ist der große Haken für viele Designer, denn sie reden mit ihren Kunden ebenso ungerne über Nutzungsrechte wie sie diese berechnen. Aus Sicht der Finanzbehörden ist das ungemein praktisch, denn solange Designer und Kunden nicht über Nutzungsrechte reden, nehmen sie höhere Steuersummen ein.