»Welche Schriften habt ihr am allerliebsten eingesetzt?«, das fragen wir in loser Folge verschiedene Kreative.
Schriften gibt es viele, ebenso wie Anwendungsmöglichkeiten. Gar nicht so leicht, sich in der unendlichen Welt der Typografie zu entscheiden. Ob neue Trends oder liebgewonnene Klassiker – wir fragen Designer:innen regelmäßig nach ihren Favourite Fonts – garantierte Inspiration für Euer nächstes Projekt:
Alessia Sistori and Lilly Friedeberg vom Design Studio B.O.B. verraten, warum sie von der neuen Schrift von FormalSettings so begeistert sind
Wir durften im September 2022 bei der Launchparty der Designerin Siri Lee Lindskrog im Buchstabenmuseum in Berlin dabei sein und waren direkt schock-verliebt. Uns gefällt besonders die Balance aus analogen, organischen Details der traditionellen Tintenfeder mit digitaler kontrastreicher Ausarbeitung im Detail. Die Schriftfamilie Silvana besteht aus 10 Schnitten, darunter sowohl die Standard-Version als auch eine Alternate-Variante, die etwas verspielter im Detail ist. Ein Markenzeichen dieser Schrift sind die »Tintenflecken« an verschiedenen Buchstaben der Schrift wie G, S, a und n, die einer analogen Füllfeder nachempfunden sind und normalerweise als eine Art »Fehler« entstehen, wenn mit der Feder zu doll aufgedrückt wird. Silvana interpretiert dieses analoge Merkmal auf elegante Weise und wird damit unverwechselbar. Die Schrift ist elegant und clean und hat dabei einen sehr starken Eigencharakter.
Was wir besonders lieben: Die wunderschönen und besonderen Ligaturen. Unsere persönlichen Favoriten sind die gestapelten Ligaturen von xxx und www.
Bild: Mockup Maison
2. Suisse Int’l Mono
Schlau eingesetzt von Petra Knyrim, Mitgründerin des Düsseldorfer Designbüros nowakteufelknyrim
Ich habe gerade wirklich eine neue Lieblingsschrift für mich entdeckt. Eine neue Lieblingsschrift für ein neues StartUp in Düsseldorf: Studio 103. Die Zahl 103 in der Suisse Int’l Mono von Swiss Typefaces mit einer ausgetüftelten Laufweite, könnte in keiner anderen Schrift schöner gesetzt sein. Und auch nicht treffender. Denn das Studio 103 entwickelt Systemmöbel. Und dazu passt die Suisse Mono perfekt. Was nun aber auch ein bisschen was über mein Verhältnis zu Lieblingsschriften sagt.
Für mich ist eine Schrift nur dann schön, wenn sie auch schlau eingesetzt ist. Wenn sie zum Inhalt passt, zur Aussage, zur Information, die sie vermitteln soll. Und zum Auftraggeber. Mein Auftraggeber ist 22 Jahre alt und hat ein Möbel entwickelt, das PJE103 heißt. PJE103 in der Suisse Mono, mit einer ausgeklügelten Laufweite, lässt sich wunderbar in Valchromat fräsen oder in Holz einbrennen. Die Schrift funktioniert digital und responsiv genauso gut, wie in 10 Punkt auf der Visitenkarte und was noch viel schöner ist, sie trägt das gleiche Selbstverständnis und den Idealismus wie mein Auftraggeber in sich!
Mehr schwärmen kann man wohl nicht von seiner Lieblingsschrift? Also ich sag mal so: wenn mich meine Lieblings-Blumenverkäuferin eines Tages fragen sollte, ob ich ihr ein schönes Erscheinungsbild entwerfen möchte, dann hätte ich sicher ganz schnell wieder eine neue Lieblingsschrift. Und wenn ich die nicht finden würde, würde ich sie selber machen. Vielleicht aus wilden Rosen.
Abbildung: Swiss Typefaces
Abbildung: Swiss Typefaces
Abbildung: Swiss Typefaces
3. Godfrey
Entdeckt von Eike Dingler, selbständiger Grafik- und Typedesigner aus Berlin
Eike Dingler betreibt in Berlin sein Atelier für Grafikdesign. Foto: Matthias Wehofsky
Meiner Erfahrung nach vermisst man an Verflossenen am meisten ihre kleinen, charmanten Macken. Schriften allerdings werden von Ihren Entwerfern oft so lange glatt poliert, bis nichts mehr zum Vermissen übrig bleibt. Dabei sind ein paar Ecken und Kanten, an denen man sich reiben kann, doch überaus liebenswert! Zum Beispiel: ein kleines j oder f, das nach unten weg tropft. Gefühlt zu lange i-Punkte. Oder ein kleines y, das zu kippen scheint und leichte Zacken in die Zeile reißt. Und dann dieser Grauwert, der auf den ersten Blick sehr aufgeräumt daherkommt, mit diesen ganzen vertikalen Betonungen aber komisch bewegt erscheint. Mama, Papa, darf ich euch Godfrey vorstellen! Sie ist nur ein kleines bisschen seltsam…
Natürlich hat der Schriftgestalter Ludwig Übele seine Schrift Godfrey genauso sorgfältig ausgetüftelt, wie alle seine anderen. Verwendet habe ich sie für das Corporate Design der Hessischen Theaterakademie – eine besondere Farbe ist schließlich eine sinnvolle Eigenschaft einer Corporate-Design-Schrift. Außerdem ist Godfrey, das muss man wohl so sagen, ein Ladenhüter. Großer Vorteil für die Theaterakademie: Godfrey ist beinahe ein Customfont. Insofern hätte ich dieses kleine Verhältnis hier gar nicht öffentlich machen dürfen. Jetzt, wo es heraus ist, möge man mein Bekenntnis zur der schrägen Type als Plädoyer verstehen: für Such-Mut und Finde-Freude, für Abseitiges und Ungewohntes, für kleine Foundries und gegen Top-50-Listen. Passt doch gut in unsere spannenden Zeiten. Und warum zum Teufel hat das kleine g einen so dermaßen klassischen Schniedel, wohingegen der vom versal-Q ein gerader Strich ist? Macht mich wahnsinnig sowas!
Die Schrift Godfrey von Ludwig Übele fällt ein kleines bisschen aus dem Rahmen. nach oben
Ich bin frisch verliebt in die Schriftfamilie Söhne Collection von Kris Sowersbys Klim Type Foundry aus Neuseeland. Inspiriert vom NYC Subway Leitsystem, gesetzt in der Standard Medium, ist hier eine Neue Form der Akzidenz Grotesk entstanden, die es einerseits versteht, den Charme der alten originalen Formen zu konservieren, aber andererseits auch merklich überarbeitet im digitalen hier und jetzt angekommen ist. So hat sie beispielsweise durch weniger dicke Versalien ein ruhigeres Schriftbild als die Akzidenz, dadurch erscheint ihr Grauwert weitaus weniger fleckig. Die Söhne umfasst neben der regulären Familie eine schmale, eine breite und eine monospaced Variante in jeweils 16 Schnitten. On top gibt es alternatives a und ein zweistöckiges g. Kombinieren könnte man sie zum Beispiel mit der Financier Display, ebenfalls von Klim Type oder der GT Sectra von Grilli Type.
Eigentlich hatte ich vorgehabt, hier ein flammendes Plädoyer für die neo-groteske Franca von René Bieder zu schreiben und wie wunderbar spannend man sie zum Beispiel mit den SangBleu von Swiss Typefaces kombinieren kann, insbesondere mit der SangBleu Kingdom, aber frisch verliebt ist eben frisch verliebt.
Die Suche nach Schriften wird nicht leichter – der Markt ist gefühlt übervoll von einigen wenigen guten Schriften, vielen eher schlechten Kopien und einer Menge an unnützen und wilden Fonts.Bei jedem neuen Projekt streckt man die Fühler aus – und landet doch oft wieder bei den Klassikern. Ich habe meine Ausbildung zum Mediengestalter bei einem gelernten Schriftsetzer gemacht, vielleicht hat das rückblickend mehr geprägt als man damals dachte.
Auf der Suche nach einer Schrift, die durch ihre hohe Lesbarkeit überzeugt, spannend die Zeilen füllt und sich durch verschiedene Schnitte kontrastreich kombinieren lässt, bin ich schon 2015 auf die FF Franziska von Jakob Runge gestoßen. Bis heute liebe ich sie und sie überrascht uns immer wieder, vor allem durch die enorme Liebe zum Detail, ihren Variantenreichtum und den tollen Ausbau was Sonderzeichen & Co angeht. Jakob Runge schreibt: »Halb Antiqua, halb Egyptienne« und diese Mischung macht den Charakter der Franziska aus! Mein Tipp: die Kursive Hair Italic: einfach bezaubernd!
Mockup einer Broschüre für ein Weingut von jo’s Büro für Gestaltung nach oben
Ich bin ja grundsätzlich fast täglich auf der Suche nach Schriften und dessen Neuerscheinungen. Daher »verliebe« ich mich doch recht oft in einige Entdeckungen und muss die meistens dann auch gleich haben. Als ich aber Ende 2016 auf der Suche nach einer geeigneten Schrift für mein damals neu gewonnenes Projekte, das 18. Landshuter Kurzfilmfestival, war, stieß ich schließlich auf die 2016 erschienene Euclid Flex von Swiss Typefaces. Ich wollte damals ein variables Erscheinungsbild für das Festival gestalten und die Euclid Flex war dazu der beste »Partner« für das Vorhaben. Die Euclid Flex ist eine klare, geometrische Sans Serif, die wie der Name schon sagt, extrem flexibel einsetzbar ist. Die Schrift ähnelt der 1970 erschienen Avant Garde, ist aber durch die Vielzahl von eigenständigen Buchstabenvarianten und Stylistic-Sets extrem wandelbar und für die unterschiedlichsten Projekte einsetzbar. 2017 erweiterten die Type-Designer die Schrift noch um die Euclid Circular A + B, Euclid Square und Euclid Triangle. So ist mittlerweile eine umfangreiche Schriftfamilie erhältlich, die sich mit 5 Kollektionen und 54 Styles, mit 1000 Alternativen und Ligaturen ganz schön sehen lassen kann. Ich liebe sie!
Lieblingsschriften müssen ja nicht unbedingt die sein, die man ständig verwendet, meint Erik Spiekermann, Managing Partner von edenspiekermann, Berlin. Sondern diejenigen, die einem über die Jahre (Jahrzehnte?) and Herz gewachsen sind.
Und da steht bei mir immer noch meine ITC Officina Sans und Serif. Ich habe gerade wieder eine Lizenzabrechnung bekommen: nach mehr als 30 Jahren wird diese Schrift immer noch lizensiert, also auch verwendet! Offensichtlich war mein Konzept damals richtig: eine Schrift, die alle Vorteile der Schreibmaschinenschrift (robust, unauffällig, platzsparend, bewährt) mit denen einer digitalen Type verbindet. Mein Vorbild war die Letter Gothic von IBM, eine 12-Pitch Schrift, bei der 12 Zeichen auf einen Zoll/Inch passen. Die andere Schreibmaschinenschrift war die 10-Pitch Courier, die es auch immer noch gibt. Die Letter Gothic hat den Nachteil, nicht-proportional zu sein: alle Zeichen nehmen die gleiche Breite ein. Da ist die Officina besser, die von ihrer Schreibmaschinentante aber einige Eigenarten übernimmt: gut unterscheidbar sind vor allem die schmalen Buchstaben wie i, l und I. Beim Eindruck ins Papier quetschten die Typenhebel der Schreibmaschine die Zeichen und runden sie dabei etwas ab. Diese stumpfen Strichenden sind bei der Officina eingebaut und wirken sympathisch, aber nicht weich. Offensichtlich hat mein damals selbstgestelltes Briefing einen Nerv getroffen und ich freue mich jedesmal, wenn ich die Officina in freier Wildbahn antreffe. Sie ist robust und bescheiden, fast überall verwendbar und sogar platzsparend.
Sehr ähnlich geht es mir mit der FF Meta Sans, die ja zu einer Riesenfamilie ausgebaut wurde (Meta Serif etc) im Laufe der Jahrzehnte. Auch hier passt die selbstgestellte Aufgabe noch: eine serifenlose Schrift mit den Vorteilen einer Antiqua, also Kontrast zwischen Innen- und Außenformen, sehr gute Unterscheidbarkeit der kritischen Zeichen (B, 8, 3 – i, l, I, 1 – e, c – d, b) und geöffnete Einläufe zwischen Stammstrich und Bogen, die den gleichen Effekt haben wir Inktraps, aber an Serifen erinnern und weniger stören. Sie kommt immer mal wieder in Mode und sieht selten albern aus.
Angefangen hat meine Liebe zur Schrift mit der Akzidenz Grotesk im Bleisatz. Ich liebe sie noch immer und auch viele ihrer Ableitungen, wie die Theinhard von François Rappo, Söhne von Kris Sowersby und natürlich auch die FF Real von mir und Ralph Du Carrois. Mit Alex Roth habe ich gerade die Serie 57 gemacht, die auf der Akzidenz Grotesk Serie 57 beruht, die bis heute weder für den Fotosatz noch fürs Digitale angepasst wurde.
Das also meine drei Über-Schriften. Für meine tägliche Arbeit suche und finde ich immer wieder Schriften von jungen Designer:innen, die den altbekannten Standards wie Garamond, Caslon, Bodoni etc. neues Leben geben. Alle zu sehen in den Büchern, die wir bei The Other Collection herausgeben.
8. FF Mark
Schnell eingesetzt von Heike Nehl, geschäftsführender Gesellschafterin von Moniteurs, Berlin
»Ja, es gibt sie schon, Lieblingsschriften. Schriften, die man auf Anhieb mag und sofort haben will! Mir ging es so mit der damals gerade erschienenen FF Mark von Hannes von Döhren, Christoph Koeberlin und dem ganzen FontFont Type Department. Eigentlich sollte sie nur als Schriftmuster für die Promotion-Site www.fontwalk.de auftauchen, und schon denkt man darüber nach, wofür man diese Schrift alles verwenden könnte. Manchmal ist da eben zuerst die Schrift. Wir haben sie dann als Webfont gleich für ein Konferenz-Corporate-Design (bauen-mit-carbon.net) eingesetzt, und ich bin sicher, dass da noch Vieles folgen wird.
Durch ihre Geometrie hat sie etwas Architektonisches. Das bedeutet, ich kann sie mir auch sehr gut für ein Leitsystem vorstellen. Die FF Mark ist von 2013, mit Klassikern verwandt, aber neu gedacht – ich bin verliebt!«
Die klare Serifenlose FF Mark eignet sich für viele Anwendungen, Moniteurs würde sie am liebsten in einem Leitsystem verwenden
Wiederentdeckt von Akiem Helmling, Mitbegründer von Underware, Den Haag
»Meine Lieblingsschrift 2013 ist das Logo der Frauenzeitschrift »Die Freundin« aus den 1930er Jahren. Der amerikanische Künstler Reynold Reynolds machte mich auf diese vom Bund für Menschenrecht herausgegebene Zeitschrift für lesbische Frauen und das schöne Logo aufmerksam. Während der Arbeit an seinem Projekt »The Lost«, das auf einem deutschen Film aus den Dreißigern basiert, der damals wegen der Zensur nicht fertiggestellt werden konnte, hatte Reynolds die Zeitschrift entdeckt. Genau wie der Film wurde auch die Zeitschrift von den Nazis als »entartet« eingestuft und musste ihr Erscheinen 1933 einstellen.
Der dänische Philosoph Kierkegaard sagte einmal: »Verstehen kann man das Leben nur rückwärts, leben muss man es vorwärts.« Persönlich würde ich mich freuen, wieder öfter »entartete« Dinge, Schriften oder Designs zu sehen. Es muss nicht unbedingt eine Fraktur sein. Aber mehr Vielfalt ist momentan durchaus möglich.«
Das Logo der Zeitschrift »Die Freundin« aus den 1930er Jahren inspiriert Akiem Helmling gerade heute
Gefunden von Julia Sysmäläinen, Designerin bei edenspiekermann, selbstständig als Juliasys, Berlin
»Das Jahr war für mich geprägt von einer großen Sorge: Mein Mister K, der mir sehr nahesteht, wechselte ständig seine Partnerinnen. Da war es eine Riesenerleichterung, als ich erfuhr, dass die Firma hard graft ihn zu einer festen Partnerin verdonnert hat. Die solide, bodenständige, aber auch etwas zackige Zine Serif von Ole Schäfer ist keine Femme fatale, aber eine verlässliche und resolute Begleitung. Ich schätze an ihr ihre kräftigen, charaktervollen Züge, die, obwohl Zine nicht mehr ganz jung ist, nicht so schnell out of trend sein werden. FF Zine ist funktional und weiß im Gegensatz zur Mister K, wo es langgeht. Fest in Leder geprägt, passen Mister K und Zine prima zusammen (Gegensätze ziehen sich an). Und die Beziehung funktioniert so reibungslos, dass sie ewig währen möge.
So viel zu dieser Vernunftehe. Begeistern konnte ich mich für die Macula von Jacques Le Bailly. Sie spielt mit optischen und perspektivischen Täuschungen und bietet enorme Gestaltungsmöglichkeiten. Macula bildet den Kern des von mir bei edenspiekermann entwickelten Erscheinungsbilds für die TEDx-Konferenz City 2.0, die im Sommer in Hamburg und im September in Berlin stattfand. Keine Schrift für jede Anwendung, aber, wenn es passt, ein tolles Stück Typedesign.«
Hilfe, Mister K geht fremd (oben) … und bekommt deshalb die seriöse Partnerin Zine Serif (unten) zugeteilt (www.fontfont.com)
Beim Auftritt der Konferenz TEDx kam die Layerschrift Macula von Jacques Le Bailly zum Einsatz (www.boldmonday.com)
Bewundert von Verena Gerlach, Inhaberin des Designstudios fraugerlach, Berlin
»Ich bin ein Riesenfan der PTL Superla von Karl-Heinz Lange. Ich setze sie gerne ein, wenn das zu gestaltende Buch zeitlos und doch modern und dazu noch elegant werden soll. Die Superla ist eine Neubearbeitung der ehemaligen Super von Typoart Dresden, die schon als passender Ersatz für die Futura gedacht war. Sie ist eine schöne geometrische Serifenlose, die sich, im Gegensatz zur Futura, hervorragend für den Textsatz eignet, zum Beispiel durch kürzere Ober- und Unterlängen. Sie besitzt sehr ausgewogene Versalien, weshalb ich sie gerne für Bildunterschriften oder Überschriften im Versalsatz verwende. Auch lässt sie sich schön mit klassischen Serifenfonts – also geometrischen und nicht Renaissance-Antiqua-Schriften – verbinden. Darüber hinaus ist sie überhaupt nicht gesichtslos, auch wenn sie sich ausgezeichnet der restlichen Gestaltung unterordnen lässt.«
Zeitlos und doch modern ist die geometrische Serifenlose Superla von Karl-Heinz Lange (www.primetype.com)
Entdeckt von Miran Tomicic, Kreativdirektor bei Bruketa&Žinic, Zagreb
»Diese Schrift wird in Kürze so richtig durchstarten. Nocturno und Nocturno Display sind zwei brandneue Fonts von Nikola Djurek, einem Landsmann von mir, der für sein, zusammen mit Marija Juza entwickeltes Schriftsystem Balkan 2012 beim TDC2 ausgezeichnet wurde. Ich bewundere seine Arbeit und freue mich immer sehr, wenn in seiner Foundry Typonine etwas Neues erscheint.
Nocturno eignet sich für Text und Headlines, sie ist für schicken, sorgfältigen Schriftsatz gemacht. Die rollende, dunkle Silhouette ihrer Buchstaben ergibt ein beruhigendes, aber trotzdem kraftvolles Schriftbild. Vor allem die komplexen Anforderungen des Editorial Designs kann Nocturno hervorragend erfüllen – ich kann es kaum abwarten, sie in einem solchen Projekt anzuwenden.«
Kraftvoll und elegant: Nikola Djureks Nocturno und Nocturno Display (www.typonine.com)
Geschätzt von dem 2014 verstorbenen Peter Bruhn, Gründer der Foundry Fountain, Limhamn, Schweden
»Ich mag die Azo Sans des portugiesischen Typedesigners Rui Abreu. Sie ist eine klassische geometrische Serifenlose, inspiriert von den konstruktivistischen Schriften der 1920er Jahre. Was ich an ihr aber besonders gut leiden kann, ist ihr humanistischer Touch. Dadurch ist sie in längeren Texten sehr gut zu lesen, behält aber trotzdem ihren nüchternen, rationalen Charakter. Mit ihren zwölf Schnitten von Thin bis Black plus Italics, bietet sie Vielfalt für quasi jede gestalterische Herausforderung. Ich habe sie schon in einigen Katalogen eingesetzt – sowohl für den Fließtext als auch die Randbemerkungen.«
Der humanistische Einschlag der von Rui Abreu gestalteten geometrischen Azo Sans zeigt sich zum Beispiel in den leicht nach rechts geneigten Kurven bei h, n und m (www.r-typography.com)
Gemocht von Dirk Uhlenbrock, Typedesigner, freier Kreativdirektor und Mitbegründer von erste liga büro für gestaltung, Essen
»Ich habe mich ganz spontan in die Urge Text verliebt. Die Schrift stammt von dem britischen Typedesigner Dave Rowland, der als Ein-Mann-Unternehmen die Foundry Schizotype betreibt. Es ist eine frische, gut ausgebaute Antiquafamilie mit interessanten Details: beispielsweise den dicken Kugelendungen einiger Buchstaben oder dem Kontrast zwischen runden und eckigen Formen der Regular- und Italic-Schnitte. In den kursiven Schnitten hat die obere Hälfte der Buchstaben klassisch kursive Formen, die untere Hälfte dagegen mehr gerade. Dadurch stehen die Italics gut auf der Linie und lassen sich besser lesen. Wir planen, demnächst ein Magazin für den deutschen Buchhandel mit dieser Schrift zu realisieren – auf dieses Projekt freue ich mich schon.«
Liebenswert: Die dicken Kugelendungen einiger Buchstaben ziehen sich durch alle 24 Schnitte der Urge Text von Dave Rowland (www.myfonts.com)
Heiß diskutiert von Roman Hilmer und Karin Kreuder, Kreativdirektor und Typo-Expertin bei Fork Unstable Media, Hamburg
»Wir konnten uns einfach nicht auf eine Schrift einigen. Zwei ganz unterschiedliche sind unsere Favoriten. Zum einen die 2008 von Dan Reynolds gestaltete Malabar, die wir für unser Erscheinungsbild nutzen. Wieso? Weil es sich um eine ausdrucksstarke Serifenschrift handelt, die wie in Stein gemeißelt wirkt, aber trotzdem elegant und zeitgemäß daherkommt. Besonders in den Bold-Schnitten und in großer Schriftgröße wird jedes in Malabar gesetzte Wort zum Statement. Die geringe x-Höhe verleiht ihr einen souveränen und ruhigen Charakter. Dan Reynolds hat sie ursprünglich für den Einsatz in Zeitungen konzipiert, vor allem für den Markt in Indien, wo Tageszeitungen noch eine führende Form der Kommunikation sind. Durch die klaren, einfachen Formen der Buchstaben, die stabil und robust wirken, ist sie aber auch als Webfont bestens geeignet.
Die serifenlose Neutraface zeichnete Christian Schwartz 2002, angelehnt an die Buchstaben und Ziffern, die der Architekt Richard Neutra in seinen Zeichnungen verwandte. Demzufolge verkörpert sie das Flair der 1950er Jahre, ist klassisch, edel und geometrisch perfekt. Neutraface gefällt uns deshalb auch im Kontext des momentan so angesagten Flat Designs sehr gut. In den Italic-Schnitten wirkt sie trotz der geometrischen Formen weiblich, verspielt und dynamisch, was perfekt zu CAR.A.MIA, unserem Online-Automagazin für Frauen passt. Jetzt müssen wir nur noch daran arbeiten, dass Neutraface auch als Webfont erscheint.«
Ursprünglich als Zeitungsschrift entwickelt, sieht Dan Reynolds’ Malabar auch im Web sehr gut aus (www.linotype.com)
Mit ihrem 50er-Jahre-Flair passt die von Christian Schwartz gezeichnete Neutraface (www.houseind.com) prima zum Online-Automagazin CAR.A.MIA
In Auftrag gegeben von Christine Krawinkel, freie Grafikerin und Artdirektorin für PAGE, Hamburg
Wahrscheinlich kennt das jeder Grafiker: Zu jedem Familienereignis müssen wir ran. Jede Einladung vom 40. bis zum 80. Geburtstag entwerfen wir (mit passenden Tischaufstellern), jede Hochzeitszeitung (wenn wir sie nicht gleich ganz machen müssen) bestücken wir mit Rezepten. Seufz. So war ich auch mal wieder gefragt, als mein Neffe geboren wurde. Ich ließ meine Tochter in ihrer Kinderhandschrift »Tristan« schreiben, dazu eine schöne Grotesk, alles ins Babyfoto platziert, fertig war die Geburtskarte. Dieses Konzept machte Furore. Eine Freundin meiner Schwester wollte genau das Gleiche für Thies, deren Freundin für Vinzent, meine Mutter wünschte es sich für eine Mathilda. Und immer schrieb meine Tochter brav in ihrer niedlichen Schrift und wurde am Gewinn beteiligt.
Dieses Jahr wurde Milla Liv geboren. Und wieder wurde das gleiche Prinzip bestellt. Doch ach, wie schreibt denn mein Mädchen plötzlich? Das ist ja so … erwachsen!!! Das geht so nicht mehr. Da hüpft mein Sohn (10 Jahre) vorbei. Könnte er nicht mal kurz etwas für mich schreiben? Er lehnt spontan ab. Schreiben ist nicht gerade die Kulturtechnik, die er erfunden hätte. Erst die 5 Euro können ihn überzeugen. Klaglos schreibt Gustav unter den kritischen Augen seiner Mutter ein ganzes DIN-A4-Blatt voll Milla Livs. Schön macht er das. Für dieses Mal bin ich noch davongekommen.
Kostet nur 5 Euro: Gustavs Handschrift für eine Geburtskarte nach oben
Dieser Beitrag ist erstmalig erschienen am 15.01.2015 und wird fortlaufend aktualisiert.
Ich habe hier einige spannende Schriftarten entdeckt und gleich… zumindest gebookmarkt. Fehlt nur noch der Kunde, der mal nicht Google Fonts möchte…
Ein paar konkrete Anmerkungen:
Bei der Suisse Int’l Mono stelle ich leider fest, dass sie, wie viele andere, nach der 1 einen mMn zu großen Abstand zur nächsten Ziffer hat.
Den Text über Mister K habe ich zweimal gelesen… es war, als sei man in eine Kurzgeschichte geschleudert worden – auf Seite 5. Bei aller Liebe zu blumiger Sprache, der Text ist nur bedingt verständlich. Ist Mister K eine Schrift? Ein Kollege? Wenn er eine Schrift ist, warum wechselt er Partner (doch nur wegen des entsprechenden Designers) – und wo ist der Link?
Und ein Rüffel an die PAGE-Redaktion: Auch in diesem Text habe ich einen Kommafehler gefunden. Immerhin nur einen, meist sind es mehr… Das gibt dem Ganzen immer einen kleinen Dämpfer…
Kurt A. E. schreibt
Johannes Breidenbach hat sowas von Recht, wenn er von Überangebot sowie von schlechten Kopien spricht. Leider habe ich locker einen Mittelklassewagen in die zweite Kategorie gesteckt, bevor mir der Unterschied klar geworden ist. Seitdem kaufe ich hauptsächlich Klassiker. Und die FF Franziska ist wunderbar gelöst: W. U. N. D. E. R. B. A. R.!
Natürlich für das passende Projekt.
Hofmann schreibt
Die originellste Schrift ist für mich die von Gustav!
Ich habe hier einige spannende Schriftarten entdeckt und gleich… zumindest gebookmarkt. Fehlt nur noch der Kunde, der mal nicht Google Fonts möchte…
Ein paar konkrete Anmerkungen:
Bei der Suisse Int’l Mono stelle ich leider fest, dass sie, wie viele andere, nach der 1 einen mMn zu großen Abstand zur nächsten Ziffer hat.
Den Text über Mister K habe ich zweimal gelesen… es war, als sei man in eine Kurzgeschichte geschleudert worden – auf Seite 5. Bei aller Liebe zu blumiger Sprache, der Text ist nur bedingt verständlich. Ist Mister K eine Schrift? Ein Kollege? Wenn er eine Schrift ist, warum wechselt er Partner (doch nur wegen des entsprechenden Designers) – und wo ist der Link?
Und ein Rüffel an die PAGE-Redaktion: Auch in diesem Text habe ich einen Kommafehler gefunden. Immerhin nur einen, meist sind es mehr… Das gibt dem Ganzen immer einen kleinen Dämpfer…
Johannes Breidenbach hat sowas von Recht, wenn er von Überangebot sowie von schlechten Kopien spricht. Leider habe ich locker einen Mittelklassewagen in die zweite Kategorie gesteckt, bevor mir der Unterschied klar geworden ist. Seitdem kaufe ich hauptsächlich Klassiker. Und die FF Franziska ist wunderbar gelöst: W. U. N. D. E. R. B. A. R.!
Natürlich für das passende Projekt.
Die originellste Schrift ist für mich die von Gustav!