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Das Schriftlabor startet durch

Eine Schrift, die sich weigert Erdogan zu schreiben und mit der man außerdem »Schere, Stein, Papier« spielen kann: Die neuen Fonts der österreichischen Foundry Schriftlabor sind alles andere als langweilig.

Nachdem das Schriftlabor zuletzt vor allem Custom Fonts entwickelt hatte – etwa das Schriftsystem für die Nordamerika-Zentrale des internationalen Parfüm- und Kosmetik-Herstellers Sephora – baut die Wiener Schriftenschmiede nun die Retail-Schiene aus. Die vier Schriften Attorney, Galata, Lawabo und Traction sind sowohl in einer kostenfreien Trial-Version, als auch als günstiges Office-Paket für Klein- und Kleinstunternehmen erhältlich.

»Alles andere als langweilig, dennoch gut lesbar und mit hoher Funktionalität«, so beschreibt Schriftlabor-Gründer Rainer Scheichelbauer die neuesten Produkte aus seinem Hause. »Wir wollen Lust auf schöne Schriften für Jedermann wecken. Unsere Neuerscheinungen haben eigenwillige Formen und laufen dennoch alle sauber, das heißt sie funktionieren bestens als Lauftext und sind auch unter schwierigen Bedingungen wie schlechten Ausdrucken bestens lesbar.«

Schriftlabor Gründer Rainer Scheichelbauer und Type Director Lisa Schultz

 

Alle vier Schriftfamilien haben Regionalbezug, österreichische Gestalter haben sie entwickelt oder waren federführend mit dabei. Die meisten Schriften können direkt auf der Webseite ausprobiert werden, Testversionen aller Schriften lassen sich dort gratis herunterladen.

Die Idee zur Schrift Galata kam Scheichelbauer während seines Türkei-Aufenthalts anlässlich der ISType 2013, einer Konferenz für Typografie und Schriftgestaltung in Istanbul. Damals begannen die Protestveranstaltungen gegen die türkische Regierung, die Scheichelbauer nicht kalt ließen. Und so hat die Galata in ihren OpenType-Features zwei politische Botschaften verpackt. Aus Erdogan wird automatisch Erdogone – »ein typografischer Zauber, der mithelfen soll, dass Erdoğan eines Tages zurücktritt«, sagt Scheichelbauer. Tippt man das Wort Gezi ein, erhält es den Raum, der dem seit 2013 jedem geläufig gewordene Park in Istanbul in den Augen Scheichelbauers zukommt. Weiteres Gadget: Mit der Schrift kann man »Schere, Stein, Papier« spielen oder »Tic Tac Toe« oder sogar das durch Alain Resnais’ Film »Letztes Jahr in Marienbad« berühmt gewordene Marienbad-Spiel – und das auch gegen den Font selbst. Dafür braucht man allerdings eine hohe Frustrationstoleranz, denn der Font antwortet stets mit dem Idealzug – und gewinnt immer. Galata ist damit wohl der weltweit erste Font mit eingebauten Spielen und eingebauter künstlicher Intelligenz.

 

Auch die Lawabo geht auf eine Idee Scheichelbauers zurück, inspiriert von den Formen von Waschmuscheln (französisch lavabo). Die Schrift zeichnet sich durch einfache und gerundete Formen aus und wurde von Schriftlabor-Expertin Miriam Surányi verfeinert und mit einer Kursiven ausgebaut.

 

Die Attorney geht auf Viktor Solt-Bittner zurück. Der Typedesigner entwarf unter anderem die Fonts ITC Ballerino, FF Danubia oder ITC Johann Sparkling. Mit den Script-Schriften Voluta und Leander ist er der einzige Österreicher im Schriftkatalog von Adobe. Attorney ist sein erstes Release seit fünf Jahren. Fertiggestellt hat die Type Lisa Schultz, Type Director von Schriftlabor.

 

Die Traction wurde ursprünglich vom Zürcher Astronomen Christian Thalmann entworfen. Der Schweizer ist in der Szene bekannt für den Google-Font Cormorant. Bearbeitet und fertiggestellt haben sie die Schriftlabor-Expertinnen Chiara Mattersdorfer und Miriam Surányi.

Die Trial-Versionen stehen kostenfrei für den Lehrbetrieb zum Download zur Verfügung. »Lehrer und Studenten dürfen sie gerne für nicht-kommerzielle Zwecke nutzen«, erklärt Scheichelbauer. Die vier Schriftfamilien sind über Schriftlabor zu beziehen. Ein Einzelschnitt kostet 39 Euro, das Office-Paket etwa 100 Euro und eine komplette Schriftfamilie zwischen 200 und 300 Euro. Wer bis Anfang September zuschlägt, genießt 20 Prozent Einführungsrabatt. Alle Schriften unterstützen das große ß sowie die schriftsprachlichen Besonderheiten der türkischen, polnischen, niederländischen Sprache und des Katalan. OpenType-Features sorgen dafür, dass die Schriften jede der über 200 unterstützen Sprachen korrekt abbilden.

Das Portfolio an Schriften soll bald und regelmäßig anwachsen. »Halbjährlich wollen wir erweitern«, verspricht Scheichelbauer. Im Herbst wird eine weitere Schrift von Designer Viktor Solt-Bittner hinzukommen. Geplant ist auch die digitalisierte Handschrift eines österreichischen Karikaturisten.

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