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Step by Step: 3D-Design in Cinema 4D

3D liegt im Trend. Der Grafikdesigner Martin Lorenz hat sich die faszinieren­den Gestaltungsmöglichkeiten mithilfe der 3D-Software Cinema 4D erschlossen. Er zeigt uns Schritt für Schritt, wie einfach sich damit ein animiertes Plakat erstellen lässt.

PROJEKT Animiertes Plakat für die Veranstaltung »The Inner Game of Design«
DESIGN Martin Lorenz, Grafikdesigner, Mitgründer von TwoPoints.Net und Initiator von »The Inner Game of Design«
TOOLS Adobe Illustrator, Maxon Cinema 4D Studio
ZEITRAUM Ein Nachmittag

Klar – man muss nicht alles selbst können, aber es gibt Designer, die das wollen. Sie möchten nicht nur die Grundlagen neuer Techniken verstehen, son­dern auch ein Gefühl für die Werkzeuge bekommen, die sie umgeben, um mit ihnen ihrer kreativen Ener­gie auf allen erdenklichen Wegen freien Lauf zu lassen. Martin Lorenz, Mitgründer des Designstudios TwoPoints.Net mit Sitz in Hamburg und Barcelona, ist einer von diesen Menschen. Den Zeitgeist und ge­stal­terische Strömungen wie 3D und Animation oder Variable Fonts sieht er nicht an sich vorüberziehen – er greift sie auf, entwickelt sich mit ihnen und bezieht sie in seine Arbeit ein.

Manchmal geschieht diese Erweiterung des ei­ge­­nen Gestaltungsradius eher fließend. Um visu­ell reiz­vollen Content für Instagram und Facebook zu erzeugen, benötigt man zum Beispiel nur kleine, drei- bis sechssekündige Animationen. Diese lau­fen dann auf den Plattformen von selbst im Endless Loop – ein schöner Effekt. Martin Lorenz brachte das auf die Idee, Buchstaben zu animieren. Als ihm ein Freund ein paar einfache Tricks in Cinema 4D zeig­te, reich­te das, um Feuer zu fangen: Er installierte sich die Studio-Version und legte los: »Ich habe von Anfang an mit Cinema 4D gearbeitet. Es erschien mir sehr vielseitig in seinen Möglichkeiten, aber nicht zu schwer, um damit nicht erste Schritte in 3D zu wagen.«

Seine animierten Plakate für die Veranstal­tungs­reihe »The Inner Game of Design« spielt Martin Lorenz auf ver schiedenen Social-Media-Plattfomen aus. Zudem nutzt er die Animation auf der Veranstaltungs­website sowie als Event-Visual. Die fertige Animation gibt’s hier zu sehen!

Cinema 4D: Eine neue Art des Gestaltens

Maxons 3D-Grafik- und -Animationssoftware Cinema 4D hat kaum Ähnlichkeiten mit InDesign, Photoshop, Illustrator oder dem Fonteditor Glyphs – also den Tools, die Martin Lorenz am häufigsten nutzt. Doch nicht nur das – man braucht auch eine ganz andere Herangehensweise an die Gestaltung: Das Gehirn muss nicht nur 2D, sondern auch 3D und Bewegung berücksichtigen. »Wenn ich mit Cinema 4D ge­stalte, denke ich über das Verhalten von Objekten und deren Texturen nach, während ich bei den anderen Programmen eher über Formen nachdenke. Cinema 4D ist Transformation statt Form«, erklärt Lorenz. Das wirkt auch zurück auf seine »klassi­sche« Gestal­tungsarbeit. »Selbst wenn ich zweidimensionale Sys­teme entwickle, denke ich mittlerweile von Anfang an darüber nach, wie es animiert aussehen könnte.« Und wenn ihm eine Bewegung, ein Objekt oder eine Textur durch den Kopf geht, versucht er, es sofort umzusetzen.

3D-Profis: viele Wege, um ans Ziel zu kommen

Dabei hilft Martin Lorenz sich vor allem mit YouTube-Tutorials weiter: »Das mache ich meist neben dem Schauen von Netflix-Serien – ohne irgendwelchen Druck. Mit jeder neuen Animation lerne ich et­was Neues. Ein Riesenspaß.« Es geht ihm auch nicht darum, das in den Tutorials Dargestellte nachzuahmen, sondern Lorenz nutzt die gezeigten Techni­ken für seine eigenen Gestaltungsideen. »Meistens läuft ­alles wie geschmiert, manchmal sitze ich aber auch Stunden daran, einen bestimmten Effekt zu er­reichen.« Bei dieser Lernweise über das Internet hat Martin Lorenz festgestellt, dass selbst die 3D-Profis mit verschiedenen Lösungsansätzen experimentieren und dass es stets mehrere Wege gibt, um ans Ziel zu kommen.

In seinen ersten Cinema-4D-Projekten gestaltete Martin Lorenz kleine Social-Media-Poster mit eigenen animierten Schriften für seine Veranstaltungsreihe »The Inner Game of Design«. Als Grundlage zeichnete er eine Schrift in Glyphs und entwarf anschließend typografische Plakate in Illustrator. Danach importierte er die Vorlage in Cinema 4D und fing an, die Möglichkeiten des 3D-Tools auszu­tes­ten. Inzwischen ist fast ein Jahr vergangen, und das Experimentieren in Cinema 4D geht für den Designer auf jeden Fall weiter. »Bei mir gibt es wahnsinnig viel Luft nach oben. Ich bin mir sicher, dass ich mit jeder neu erlernten Technik auch auf neue Ideen kommen werde.«

Moving 3D-Typo: Schritt für Schritt erklärt

Martin Lorenz zeigt in zehn Schritten, wie er in Cinema 4D animierte Poster gestaltet

Versucht man, ein Design im Nachhinein zu animieren, kann das oft aufgesetzt aussehen. Es ist viel einfacher, schon bei der Entwicklung eines visuel­len Systems die Bewegung beziehungsweise die bewegten Formate mitzudenken. Wenn ich mit fertigen Fonts arbeite, fange ich oft gleich in Cinema 4D an, zu gestalten. In diesem Fall aber – bei dem animier­ten Typo-Plakat – kommt ein Lettering zum Einsatz, das ich zuvor in Illustrator aus einzelnen Pfaden konstruiert habe. Bei diesen handelt es sich um einzelne Linien und nicht um einen Umriss.

1 Illustrator-Datei laden

Um die einzelnen Pfade in Cinema 4D öffnen zu können, muss ich die Datei mit dem Lettering zuvor im Illustrator-8-Format spei­chern. Nun lassen sich die Pfade über den »Datei«-Reiter oben links importieren. Im Editor-Fenster von Cinema 4D sind die Pfade als Linie sichtbar.

2 Hintergrund erstellen

Aus der »Grundobjekte erzeugen«-Befehlsgruppe hole ich mir einen Würfel und bringe ihn für mein Plakat im Attribute-Manager (Fenster rechts unten) ungefähr auf ein DIN-Format. Als Tiefe stelle ich den Wert 0 ein. Nun passe ich mit der Maus das Lettering in Größe und Position so an, dass es in das Plakat passt.

3 Pfade verbinden und löschen

Öffnet man per Klick im Objekt-Manager (Fenster rechts oben) den Ordner mit den importierten Pfaden, sieht man alle Pfade, aus denen sich mein Lettering zusammensetzt. Um die nächsten Schritte ausführen zu können, wählt man die Pfade mit gedrückter Shifttaste an und geht unter »Objekte« auf den Befehl »Objekte verbinden + löschen«. Damit wird aus den einzelnen Pfaden ein zusammengesetzter Pfad, mit dem ich weiterarbeite. Danach benötige ich weder den Ordner, in dem sich dieser Pfad befand, noch die Originalpfade.

 

4 Oberfläche erstellen

Nun will ich einen Sweep auf den Pfad anwenden. Ein Sweep ist ein schlauch­för­mi­ger Spline-Generator, mit dem man aus sogenannten Splines eine 3D-Oberfläche erzeugt. Dafür benötige ich neben meinem Pfad ein Spline-Objekt, das ich dem Sweep unterordnen kann, um ihn zu ak­tivieren. In der Befehlsgruppe »Spline-Grundobjek­te« wähle ich ein Rechteck. Probieren Sie auch andere Splines aus und schauen Sie, was passiert. Man kommt oft auf die spannendsten Ergeb­nis­se, wenn man ab und zu vom Tutorial abweicht! Die Hierarchie im Objekt-Manager muss man von Hand verschieben: Der Sweep liegt ganz oben, es folgt das Rechteck, darunter mein Pfad mit der Typo. Der Sweep gibt dem Rechteck den Befehl, sich um den aus Illustrator importierten Pfad zu legen. Die Standardgröße des Rechtecks ist allerdings noch viel zu groß. Im Attribute-Manager muss ich im »Objekt«-Menü die Werte auf einen Zentimeter verringern.

5 Materialien erzeugen

Als Nächstes lege ich über »Erzeugen › Mate­rial › Neues Material« oder Befehl-N drei Ma­terialien an. Materialien sind Farben, Bilder oder Eigenschaften, die man auf die Oberfläche der Objekte anwendet. Ich bereite mir ein weißes, nicht reflektierendes Material zu, ein spiegelndes sowie ei­nes mit einem Bild, das ich zuvor in Photoshop angelegt habe. Da es sich um ein unscharfes Muster handelt, das auch unscharf bleiben soll, darf das Bild ruhig klein sein (circa 2000 Pixel Breite).

6 Materialien anwenden

Um die Farbgebung meines Letterings ein wenig interessanter zu machen, wende ich per Drag-and-drop das spiegelnde Material darauf an – und auf einen sogenannten »Himmel« das unscharfe Muster. Der Himmel lässt sich über der Befehlsgruppe »Umgebung« einfügen und umgibt dann sämtliche Objekte. In der Hierarchie steht er über dem Sweep. Auf diese Weise spiegelt das Lettering je nach Position ­eine andere Farbe des Musters wider und fängt an, zu schimmern und zu glitzern. Das weiße Material nutze ich als Hinter­grund­far­be für meinen Würfel.

7 Kamera, Licht und Schatten setzen

Um die Perspektive, aus der ich mein Plakat auf­nehme, besser steuern zu können, setze ich über die Befehlsgruppe »Kamera« eine solche. Damit ich eine Frontalansicht erhalte, stelle ich im Attribute-Manager alle Koordinaten der Kamera auf 0 und zoome dann wieder heraus, indem ich sie auf der z-Achse in den Minusbereich ver­schie­be. Für die Beleuchtung und einen Schatten set­ze ich über die Befehlsgruppe »Licht« eine »Flä­chen-Licht­quelle«, die für eine gleichmäßige und wei­che Beleuchtung sorgt.

 

 

 

8 Schrift animieren

Nun sind alle wesentlichen Voreinstellungen getätigt, und ich kann im Attribu­te-Ma­nager die Variablen des Sweep-Ob­jekts verändern, um die Form des Letterings zu mo­difizieren und zu animieren. Ich zoome dafür wie­der in die Buchstaben. Zunächst drehe ich das Spline-Objekt, das als Rechteck um den Pfad liegt, im Attribute-Mana­ger mittels »Ro­tation Ende«. Wenn Sie am Anfang des Zeitstrahls einen Keyframe (der Kreis vor dem Befehl) bei »Rotation Ende« auf 0 Grad setzen und etwas später einen Keyframe mit höherer Gradzahl, sehen Sie, wie sich die Stämme des Letterings verdrehen. Der erste animierte Effekt dieses Plakats.

9 Elemente langsam einblenden

Für etwas mehr Dynamik der Animation lasse ich die Elemente mit »Wachstum Start« langsam auftauchen. Bei 100 % sind keine Elemente zu sehen, bei 0 % sind sie alle da. Wenn man also zunächst einen Keyframe mit 100 % setzt und dann einen mit 0 %, bauen sich die Elemente nacheinander auf. Kombiniert mit deren Drehung, entsteht eine interessante Animation.

10 Animation rendern und für Social Media speichern

Zu guter Letzt passe ich dann noch die Rendereinstellungen an. Da ich meine ani­mierten Plakate hauptsächlich für Instagram mache, wähle ich ein quadratisches Format. Wichtig ist, dass das Antialiasing auf »Bestes« steht. Die fertig gerenderte Datei braucht man nur noch unter dem Diskettensymbol im MP4-Format zu speichern. Diese Datei lässt sich nun unkom­pliziert auf Facebook und Instagram teilen und wird dort automatisch immer wieder abgespielt.

Tutorials & Tipps zu Cinema 4D

Martin Lorenz lebt in Hamburg und arbeitet in Barcelona. Er ist verheiratet mit der Grafikdesignerin Lupi Asensio, Vater von zwei Söhnen und hat wenig Gründe, zu weinen.

 

 

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