Wenn ein Traditionsunternehmen wie Lufthansa sein ebenso traditionsreiches Corporate Design verändert, ist die Aufmerksamkeit groß – und die Gemüter erhitzen sich schnell …
Es hat nur einen Bruchteil von Sekunden gedauert und schon entstand in der PAGE-Redaktionskonferenz eine lebhafte Diskussion über das neue Lufthansa-Design: »Ich find’s super«, »Sind nicht viele Airlines blau?«, »Am Flughafen wird Lufthansa jetzt weniger gut erkennbar«, »Ein mutiger Schritt!«, »Schade ums Gelb« …
So wie wir scheint die globale Designbranche (sowie die Aviation-Branche) über das Redesign zu diskutieren. Einig sind sich die (zum Teil selbst ernannten) Experten jedenfalls nicht.
Darauf dürfte sich Lufthansa-Designchef Ronald Wild, der die neue visuelle Identität gemeinsam mit der betreuenden Agentur Martin et Karczinski entwickelte, eingestellt haben. Immerhin legten die Gestalter Hand an DAS Corporate-Design-Standardwerk der 1960er, entwickelt von niemand geringerem als Otl Aicher. Man kann sagen: Das haben sie sehr behutsam und mit viel Bedacht getan.
Schauen wir uns das neue Design genauer an, das Lufthansa am 7. Februar offiziell vorgestellt hat:
Die augenscheinlichste Veränderung ist das Verschwinden der Unternehmensfarbe Gelb von der Heckflosse der Flugzeuge – was gleichzeitig der größte Stein des Anstoßes ist. Die Kombination aus blauem Kranich und gelbem Untergrund wurde aber zuletzt einzig auf den Maschinen verwendet und sonst nirgendwo im Erscheinungsbild.
Die Veränderung ist also weniger groß als es zuerst erscheint – zumal Gelb nach wie vor eingesetzt werden soll, wenn auch sparsamer – zum Beispiel auf den Bordkarten, an den Lufthansa-Countern am Flughafen und in den Accessoires der Crew-Uniformen.
»Das eigens für Lufthansa entwickelte Blau ist etwas dunkler, edler und wird zur führenden Markenfarbe. Es steht für Zuverlässigkeit, Klarheit und Wertigkeit«, heißt es bei dem Unternehmen.
Der Kranich selbst ist filigraner geworden, ebenso wie der ihn umschließende Ring. Eine behutsame und zeitgemäße Adaption, die vor allem auf kleinen Displays für bessere Erkennbarkeit sorgen dürfte. Der 100. Geburtstag des von Otto Firle entworfenen Wappentiers war übrigens einer der Auslöser für das Neudenken des Airline-Designs.
Dazu kommt die neue Lufthansa Corporate Type, entworfen von Hannes von Döhren, die vor allem gut lesbar, flexibel und funktional sein sollte.
Bis das neue Design tatsächlich überall implementiert ist, wird es noch Jahre dauern. Die Entwicklung der Marke kann man sich in dem Webspecial #ExploreTheNew anschauen – das seltsamerweise noch den alten Gestaltungsregeln Aichers folgt.
Die Diskussion ist aber schon in vollem Gange – unter anderem Bernie Leighton vom »Airways Mag« lässt kein gutes Haar am neuen Leitwerk der Lufthansa-Flieger.
Wir wollen natürlich auch Ihre Meinung wissen! Was halten Sie vom Lufthansa-Redesign? Schreiben Sie uns in den Kommentaren!
Gestaltung ist Körpersprache. Hier Ausdruck des Unternehmensselbstverdtändnisses: mehr sein wollen, weniger geben. Eine Verarmung der freundlichen, warmen Ausstrahlung zugunsten distingierter Distanz.
Dani schreibt
Ich finds grossartig!
Melanie schreibt
@ DERMEDIENBAYER
Danke für diesen sehr guten Beitrag. Ich finde auch: Design als bloße Oberflächen-Kosmetik – das kann’s nicht sein!
DER MEDIENBAYER schreibt
Vorweg: Ich bin selbst Designer und finde die Änderungen gestalterisch schon ganz nett. Ich will auch kein Spielverderber sein oder die Moralkeule schwingen. Aber denkt hier eigentlich irgendjemand über den sozialen und politischen Kontext nach, in dem ein solcher Relaunch stattfindet?
Alleine die rießige Halle in der der neu lackierte Boeing 747 präsentiert wurde kostet pro Tag ne halbe Million Euro Miete! Das Relaunch Event (1 Abend für ein paar reiche Vorstände und Politiker!!!) soll mit Vorbereitungen so um die 25 Millionen gekostet haben
Was der Relaunch selbst gekostet hat, ist nicht bekannt, ein “Experte” hat aber alleine das umlackierern der Flotte auf 120 Millionen geschätzt.
Design-, Agenturkosten und sonstiges Marketingbudget will ich lieber garnicht wissen….
–
Politisch betrachtet: alles völlig pervers. So viel Energie, Brainpower und Ressourcen für einen gelifteten Vogel auf ner Heckflosse einzusetzen, während die Welt am Klimawandel erstickt und Inseln im Meer versenkt werden.
(Überflüssig zu erwähnen, dass der Klimawandel von eben jenen CO2-pfurzenden Vögeln mitzuverantworten ist.)
Was hätte Lufthansa wohl kreatives mit der Kohle anfangen können, um eine wirkliche Veränderung zu bewirken? Das wäre eine wesentlich anspruchsvollere Aufgabe für deutsche Groß-Agenturen gewesen, als an ein paar Vektoren rumzuzupfen…
Designer nehmen eine Schlüsselpostition in jedem (gestalterischen / gesellschaftlichen) Transforamtionsprozess ein. Lasst uns anfangen, Verantwortung zu übernehmen, statt nur die Optik aufzupolieren und uns gegenseitig für die “Cleanness” unserer klattgebügelten Minimal-Ästhetik auf die Schulter zu klopfen…
Ein Design fast ohne Gelb (nur sparsam an der Tür) und damit ohne Lufthansa-DNA. Der dunkle Blauton wirkt kühl und fast schon trist, der sonnige Kontrast von damals fehlt umso mehr. Die Bemalung an sich ist zeitlos schlicht, jedoch angesichts der zahlreichen Anwendung der Dreieckslackierung in der Flugbranche auch nicht mehr spannend. Die Bauhaus-Historie scheint im Grunde noch durch. Trotzdem ist das neue Design theoretisch auch für eine beliebige andere Airline mit bloßem Austausch der Wort- und Bildmarken leicht anwendbar und damit nicht einzigartig. Der Kranich an sich ist filigraner geworden, das rechne ich den Designern hoch an. Für den Endkunden insgesamt ein gestalterischer Verlust und damit auch ein Vertrauensbruch. Was würde Otl Aicher wohl dazu sagen?
Gestaltung ist Körpersprache. Hier Ausdruck des Unternehmensselbstverdtändnisses: mehr sein wollen, weniger geben. Eine Verarmung der freundlichen, warmen Ausstrahlung zugunsten distingierter Distanz.
Ich finds grossartig!
@ DERMEDIENBAYER
Danke für diesen sehr guten Beitrag. Ich finde auch: Design als bloße Oberflächen-Kosmetik – das kann’s nicht sein!
Vorweg: Ich bin selbst Designer und finde die Änderungen gestalterisch schon ganz nett. Ich will auch kein Spielverderber sein oder die Moralkeule schwingen. Aber denkt hier eigentlich irgendjemand über den sozialen und politischen Kontext nach, in dem ein solcher Relaunch stattfindet?
Alleine die rießige Halle in der der neu lackierte Boeing 747 präsentiert wurde kostet pro Tag ne halbe Million Euro Miete! Das Relaunch Event (1 Abend für ein paar reiche Vorstände und Politiker!!!) soll mit Vorbereitungen so um die 25 Millionen gekostet haben
Was der Relaunch selbst gekostet hat, ist nicht bekannt, ein “Experte” hat aber alleine das umlackierern der Flotte auf 120 Millionen geschätzt.
Design-, Agenturkosten und sonstiges Marketingbudget will ich lieber garnicht wissen….
–
Politisch betrachtet: alles völlig pervers. So viel Energie, Brainpower und Ressourcen für einen gelifteten Vogel auf ner Heckflosse einzusetzen, während die Welt am Klimawandel erstickt und Inseln im Meer versenkt werden.
(Überflüssig zu erwähnen, dass der Klimawandel von eben jenen CO2-pfurzenden Vögeln mitzuverantworten ist.)
Was hätte Lufthansa wohl kreatives mit der Kohle anfangen können, um eine wirkliche Veränderung zu bewirken? Das wäre eine wesentlich anspruchsvollere Aufgabe für deutsche Groß-Agenturen gewesen, als an ein paar Vektoren rumzuzupfen…
Designer nehmen eine Schlüsselpostition in jedem (gestalterischen / gesellschaftlichen) Transforamtionsprozess ein. Lasst uns anfangen, Verantwortung zu übernehmen, statt nur die Optik aufzupolieren und uns gegenseitig für die “Cleanness” unserer klattgebügelten Minimal-Ästhetik auf die Schulter zu klopfen…
https://www.yumpu.com/de/document/view/24587497/motivation-bewusst-sign
Ein Design fast ohne Gelb (nur sparsam an der Tür) und damit ohne Lufthansa-DNA. Der dunkle Blauton wirkt kühl und fast schon trist, der sonnige Kontrast von damals fehlt umso mehr. Die Bemalung an sich ist zeitlos schlicht, jedoch angesichts der zahlreichen Anwendung der Dreieckslackierung in der Flugbranche auch nicht mehr spannend. Die Bauhaus-Historie scheint im Grunde noch durch. Trotzdem ist das neue Design theoretisch auch für eine beliebige andere Airline mit bloßem Austausch der Wort- und Bildmarken leicht anwendbar und damit nicht einzigartig. Der Kranich an sich ist filigraner geworden, das rechne ich den Designern hoch an. Für den Endkunden insgesamt ein gestalterischer Verlust und damit auch ein Vertrauensbruch. Was würde Otl Aicher wohl dazu sagen?