Ob Corona-Pandemie oder Rentenvorsorge – Infografiken erklären die Welt. Um komplexe Sachverhalte verständlich zu machen, müssen Gestalter sie vereinfachen und Aspekte weglassen. Doch wo ist die Grenze? Wir geben Tipps zur richtigen Balance und die Kunst, den Betrachter klug zu involvieren.
Das Umfeld bestimmt die Komplexität einer Infografik. Je nachdem, ob sie in einer wissenschaftlichen Publikation oder einem Mitarbeitermagazin erscheint, ob sie auf einer umfangreichen Scrollytelling-Website detailliert in die Tiefe gehen kann oder in Social Media in wenigen Sekunden erfassbar sein muss. »Wir fragen zuerst: Was ist der Kontext? Wie viel Platz steht zur Verfügung? Wer ist die Zielgruppe, und wie lange wird sie sich Zeit nehmen, um sich den Inhalt der Grafik zu Gemüte zu führen?«, erklärt Christine Zimmermann.
Zusammen mit Barbara Hahn betreibt sie in Bern das Gestaltungsbüro Hahn+Zimmermann, seit 15 Jahren liegt einer ihrer Schwerpunkte auf Informationsgrafik. In den letzten Jahren hat sich viel verändert, die Sachverhalte sind komplexer, die Datenmengen größer geworden, die Anzahl der Quellen nimmt zu. Das macht den Job nicht gerade einfacher. Je umfangreicher der Datensatz, desto größer die Gefahr, dass sich Fehler eingeschlichen haben, Koordinaten nicht stimmen, es Buchstaben- oder Zahlendreher gibt. Gestalter müssen immer mehr Zeit aufwenden, die Daten zu verifizieren.
Um Fehler zu vermeiden, entsteht eine Infografik bei Hahn+Zimmermann in enger Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Kunden. »Die Projekte, an denen wir arbeiten, sind oft komplex – von den Nachhaltigkeitszahlen der Baugenossenschaft Zürich bis zum Schweizer Schweinemarkt – und wir natürlich nicht Experten für alle Themengebiete. Deshalb schauen wir gemeinsam, ob das, was wir visuell entwickeln, auch inhaltlich stimmt«, so Christine Zimmermann. Ebenfalls zusammen mit dem Kunden legen sie eine Priorisierung der Datenparameter fest. »Wir beginnen unsere Konzeption dann mit den wichtigsten Daten und nehmen – je nachdem, wie komplex die Grafik sein darf – weitere hinzu.«
Infografiken: Die Kunst des Weglassens
Infografik-Spezialist Jan Schochow sammelt mit seiner Berliner Agentur Sapera (ehemals Infographics Group) am Anfang eines Projekts grundsätzlich so viele Daten wie möglich. Auch wenn klar ist, dass es »nur« eine Grafik für Social Media wird. Schwochows Überzeugung: »Hat man einen Themenkomplex, muss man den so weit wie möglich aufmachen und vielleicht auch noch zusätzliche Daten vom Kunden anfordern. Dann sieht man irgendwann in all den Daten eine Geschichte und kann diese in einer Grafik erzählen.« Im nächsten Schritt geht es ans Aussortieren und damit an die Vereinfachung komplexer Zusammenhänge. Wohl der schwierigste Part dieses Jobs – schließlich möchte man all das, was man so mühsam recherchiert hat, nicht unter den Tisch fallen lassen.