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»Oscar-reifes« Aufgebot – warum Brad Pitts Kaffee-Werbung trotzdem floppt

De’Longhi wollte wohl den Clooney-Nespresso-Erfolg wiederholen. Das ging gründlich schief.

Brad Pitt Testimonial DeLonghi

Die jahrelange Partnerschaft von Charmebolzen George Clooney mit Nespresso war legendär – auch wenn man absolut geteilter Meinung darüber sein kann, wie toll es ist, für den jährlichen Verbrauch von Milliarden Aluminiumkapseln zu werben.

Nestlés Erfolg scheint jedenfalls den traditionsreichen italienischen Großkonzern De‘Longhi inspiriert zu haben: Jüngst ging der erste Film mit Testimonial Brad Pitt on air. Die mediale Aufmerksamkeit für so einen Move ist garantiert. Zahllose internationale Medien berichteten bzw. verbreiteten mehr oder weniger originalgetreu die Pressemitteilung von De‘Longhi zu dem – wie immer wieder zu lesen war – »Oscar-verdächtigen« Spot.

Außer dem zweifachen Oscar-Preisträger Brad Pitt waren an dem Filmchen tatsächlich drei weitere Oscar-Gewinner beteiligt, nämlich Regisseur Damien Chazelle, Kameramann Linus Sandgren und Komponist Justin Horwitz. Die Drei hatten bei »Lalaland« zusammengearbeitet.

Das Ergebnis ist todlangweilig. Angeblich erlebt man »einen normalen Tag im Leben« des Schauspielers mit. Dieser fährt aus einer Art Gewerbegebiet (?) mit dem Motorrad los, ist auf einer Küstenstraße unterwegs, kauft Kaffeebohnen, hockt dekorativ in einer Motorradwerkstatt herum, geht tanken, fährt heim und macht sich einen Capuccino mit dem Kaffeevollautomaten von De‘Longhi. Was der »Perfetto Moment« sein soll, der dem Spot seinen Namen gibt.

Alles wohl ein bißchen zu »perfekt«

Celebrities als Markenbotschafter sind eben doch kein Selbstgänger, auch wenn gelungene Partnerschaften erwiesenermaßen nicht nur die Umsätze deutlichst steigern, sondern den Unternehmen sogar höhere Aktienkurse bescheren, wie »W&V« jüngst berichtete.

Dabei wollte man bei der mit MC Saatchi Mailand entstandenen Kampagne doch alles richtig machen – zu richtig? Zehn Monate dauerten allein die Verhandlungen mit Pitts Management, was die Expert:innen von Spark Marketing Entertainment übernahmen. Die auf Promi-Kooperationen spezialisierte Agentur mit Büros in Hamburg, Zürich und London arbeitet höchst systematisch: Mit ihrem Spark Assessment Model, kurz SAM, eruiert sie präzise anhand von vierzig Kriterien, ob Produkt und Celebrity zusammenpassen (wie ebenfalls im »W&V«-Artikel zu lesen ist).

Doch das tollste Testimonial und preisgekrönte Filmemacher nützen halt nicht, wenn Witz und kreative Ideen fehlen. Entsprechend mau sind die Social-Media-Reaktionen auf den Spot.

»Meine Tür wäre offen, wenn Brad Pitt vor der Haustür stehen würde, um mir eine Kaffeemaschine zu verkaufen. Obwohl ich gar keinen Kaffee trinke«

User-Frage: »Welches Bike fährt Brad?«
De’Longhi-Antwort: »Das können wir dir leider nicht sagen – die Maschine ist aber auf jeden Fall eine De’Longhi«

»Ich kann mir zwar keinen Kaffeevollautomaten leisten, aber ich weiß diesen gut gemachten Werbespot zu schätzen«

Ein paar schlappe Kommentare wie diese, das war‘s.

 

Brad Pitt fährt los – wir wissen nicht, welchen düsteren Bunker er da gerade verlässt

 

Es geht die Küstenstraße entlang

 

Beim Tanken denkt er schon an Kaffee

 

Und so sieht Brad Pitt aus, wenn er einen perfekten Moment hat

 

 

 

 

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Super Spot !! Verstehe nicht was es da zu meckern gibt.
    Brad Pitt ist einfach der Hammer .

  2. Friedliche Stimmung. Schöner Mann. … mich hat dieser Spot sofort berührt. Nein, ich werde mir diesen Kaffee nicht kaufen, ob mit oder ohne Brad. Aber der Spot bleibt in meiner Erinnerung.

  3. Ich bin ganz bei Andreas und füge hinzu: Entschleunigt. Wenn alles „Perfetto“ ist, ist eben mal nix los. Herrlich! Easy. Soweit der Spot aus heutiger Sicht. Doch leider: Lässt sich diese „Non-Story“ beliebig auf alle Marken transportieren. Kaffee wird austauschbar, wie Waschmittel und Versicherungen etc. Ich habe gerade in Page euren Top Artikel über Society Oriented Design gelesen (Think Big). Think BIG New Advertisement! ich freue mich, wenn die Werbung im Verbund mit den Werbenden Unternehmen weiter denken und handeln lernt, als in der Komfortzone der alten Klischees zu bleiben – denn das ist den falschen Wolf füttern. Society Oriented Design im Markenkern würde bedeuten, Werbung verkauft ihre Kreativität nicht mehr unter dem Niveau dessen, was die Gesellschaft von morgen bewusster werden lässt. Ich hege Hoffnung. No Bullshit. Statt dessen: Die zukunftsfähige enkelgerechte Sinnfrage im Markenkern erkennen und kommunizieren. Keine leichte Aufgabe, bei austauschbaren, beliebigen Produkten – oder sind sie es nicht? To be discussed. Ich bin Kaffeetrinkerin. Leider. Oder ist das in Ordnung so? Orientierung geben, eine der Hauptaufgaben der Werbung.

  4. Zeigt doch auch mal die Print Kampagne dazu. Die habe ich mir rausgerissen und an die Wand gehängt als Besipiel was passiert wenn zuviel dreingeredet wird. Typo auf dem Paket, Product shot, Brads Arm etc…

  5. Gut, man will vermutlich selbes erreichen wie Nespresso und Clooney (viel authentischer sind diese ja ehrlicherweise auch nicht). Klappt eben nur bedingt, aber den Spot finde ich schon sehr gut. Schöne Farben, ruhige Musik – also nicht so wie viele andere völlig überladenen Spots.

    Witz und “kreative” Idee muss ja nicht immer im absoluten Vordergrund stehen – es reicht auch einfach, wenn es mal schön anzusehen und ruhig ist.

    Jedenfalls ist das meine Meinung.

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