In der neuen Dauerausstellung des Bauernhausmuseum Wolfegg lässt das Studio SÜD den Alltag einer kleinbäuerlichen Familie um 1900 lebendig werden – und das barrierefrei und mit verblüffenden Einfällen.
Der Hof Beck, der zu dem Bauernhausmuseum Wolfegg gehört, beherbergte einst Maria und Franz Beck und ihre
drei Kinder. Um 1900 haben sie den Hof bewirtschaftet.
Doch wie sah ihr bäuerliches Leben, von dem die Dauerausstellung erzählen möchte, damals aus?
Das war eine der Fragen, die das Studio SÜD aus Ravensburg beantworten musste, um die Schau mit mitreißendem Storytelling zu versehen und Leben und Arbeit einst lebendig werden zu lassen.
Denn von der Familie gab es weder Bilder noch Fotografien, die Auskunft darüber gaben, wie ihr Alltag auf dem Gehöft ausgesehen hat. Auch ihre Biografien kannte man nur in Bruchstücken.
Wie erzählt man also von der Familie Beck und wie macht man sie nahbar, ohne sie konkret darstellen zu können?
Wie Geschichte lebendig wird
Studio SÜD entscheid sich für lebensgroße, illustrierte Figuren aus Plexiglas, die auch ohne Gesichtszüge mit ihrer Körperhaltung, mit ihren Positionen und ihrer Gestik viel ausdrücken.
Gleichzeitig ragen sie aus der historischen Szenerie hervor, versehen sie mit etwas Verblüffendem und fügen eine weitere Ebene hinzu. Sie illustrieren und vermitteln und schlagen die Brücke ins Heute.
Wie in den Holzschnitten, die im 19. Jahrhundert sehr populär waren, ist ihre Kleidung und sind ihre Hände und Haare als Andeutung aus dem Plexiglas geschnitten – und ein wenig erinnern sie mit ihrer durchscheinenden Gestalt auch an Geister.
Diese Figuren stehen im Zentrum der Inszenierung. Sie fangen nicht nur den Blick, sondern sind auch mit Audiospuren versehen, die das Leben um 1900 im Oberschwaben so faktenreich wie persönlich schildern.
Inklusion samt analoger VR
Die Audios sind zudem Teil der inklusiven Gestaltung der Dauerausstellung. Auch die sachlichen Infotexte der Stelen stehen als gesprochener Text zur Verfügung.
Wunderschön ist zudem, wie die aus Plexiglas dargestellten Personen und Tiere wie Kühe oder Ziegen als kleine holzgeschnitzte Figuren zum Abtasten bereitstehen.
Dazu gibt es interaktive Ausstellungsstationen, eine tastbare, geografische Karte mit der Umgebung des Gehöfts und Fühlkisten. Auch Braille- und Profilschriften kommen zum Einsatz und für gehörlose Besuchende liegen alle Audios in Gebärdensprache vor.
Das Erdgeschoss des Bauernhauses ist barrierefrei, ein Leitsystem mit Rollstuhlsymbolen weist den Weg. Die oberen Stockwerke jedoch konnten aus Denkmalschutz-Gründen nicht für alle zugänglich gemacht werden.
Um das auszugleichen, hat das Studio SÜD mithilfe von Stereofotografie, die bereits um 1850 durch verschiedene Blickwinkel räumliche Bilder erschaffen hat, die oberen Ausstellungsorte detailliert nachgebildet – und macht sie durch Gucklöcher und die analoge VR-Technik in »3D« erfahrbar.