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Lufthansa + Graphic Design

»Alexander Girard«, »otl aicher, gestalter«, »Lufthansa + Graphic Design«.


»Alexander Girard«, »otl aicher, gestalter«, »Lufthansa + Graphic Design«.

Die beiden Designer könnten verschiedener nicht sein. Alexander Girards Leben war ein einziger kreativer Rausch. Von Grafik über Möbel, Porzellan, Stoffe, Tapeten bis zu kompletten Interieurs von Restaurants, Shops oder Privat­villen für die Schönen und Reichen gestaltete er alles. Otl Aicher dagegen war ein Minimalist, der streng auf Kleinschrei­bung beharrte, weil ihm sogar Versalien zu viel waren, und der ein­mal schrieb: »ein designer ist ein moralist. er lebt nicht lei­cht.«

Alexander Girard in seinem Studio in Santa Fe, New Mexico, in den siebziger Jahren

Alles kein Wunder, blickt man auf die Lebensgeschichte der beiden. Girard, ein lebenszugewandter Kosmopolit, wur­­de 1907 in einer New Yorker Künstlerfamilie geboren, wuchs in Florenz auf, studierte in London und Rom, bevor er 1932 in New York sein erstes Büro aufmachte. Der 1922 als Sohn eines Installateurs geborene Aicher verbrachte einen Groß­teil seines Lebens in Ulm, wuchs direkt in die Nazi-Diktatur hinein und erlebte, wie seine engen Freunde Sophie und Hans Scholl 1943 hingerichtet wurden. Später heiratete er deren Schwester Inge Scholl, mit der er die legendär progressive Ulmer Hochschule für Gestaltung gründete – was ihn nicht daran hinderte, jeden Sonntag mit Frau und fünf Kindern in die Kirche zu gehen.

Otl Aicher 1953 in seinem Atelier in Ulm

Geradezu erschreckend fiel einem Besucher 1960 am Privathaus der Aichers in Ulm »die Abwesenheit alles Persönlichen, die strenge Verneinung alles Überflüssigen und Ornamentalen« auf. Genau das Gegenteil von Alexander Girard, fanatischer Sammler der Folk Art, die um 1960 viele De­signer und Künstler beeinflusste. Seine über 100.000 Stü­cke umfassende Kollektion belegt heute einen eigenen Flügel des Museum of International Folk Art in Santa Fe. Auf Reisen sammelte er zudem Textilien aus aller Herren Länder, die er kurz vor seinem Tod 1993 mit dem Nachlass seines Studios dem Vitra Design Museum vermachte.

Kunterbunt wie die Flugzeuge selbst kam 1965 das grafische Erschei­nungsbild von Braniff International daher – Girard gestaltete alles, bis hin zu Interieurs und Stoffen

Ebenso unterschiedlich wie diese beiden Menschen sind zwei neue Publikationen, die sich mit ihnen befassen. Über Girard erschien bei Ammo Books ein kaum zu bändigender, fast 700 Seiten starker Bildband im Format von 40 mal 30 Zentimetern. Über Aicher eine textlastige Biografie, die sich wie ein Geschichtsbuch liest. Angefangen bei dramati­schen Ereignissen der Nazi-Zeit über die demokratischen Neuanfänge nach 1945, bei denen Aicher eine aktivere Rolle spiel­te als jeder andere deutsche Gestalter, bis hin zu den Olympischen Spielen von 1972, deren legendäres Erscheinungsbild er gestaltete und die in einem terroristischen Blutbad endeten. Eva Mosel hat über all das ein Buch geschrieben, das sich stärker den persönlichen und zeitgeschichtlichen Erlebnissen widmet als dem Design in engerem Sinn. Und das auch ich von Seite zu Seite spannend fand, obwohl ich eigentlich kein Fan Aicherscher Gestaltung bin, ja seine Rotis mir aus unerfindlichen Gründen mehr zuwider ist als jede andere Schrift …

Bei genauerem Hinsehen entdeckt man aber auch Gemeinsamkeiten zwischen Aicher und Girard. Beide arbeiteten extrem systematisch und waren Pioniere des Corporate Designs, was sie auch im Auftrag einer Airline unter Beweis stellten: Girard 1965 für Braniff International Airways, Otl Aicher ab 1962 für Lufthansa. Und mit dieser Feststellung sind wir beim dritten hier vorgestellten Buch, einem neuen Band in der von Jens Müller und Karen Weiland publizierten Rei­he »A5«, die sich jeweils mit einem Kapitel oder einer herausragenden Persönlichkeit deutscher Designgeschichte be­fasst.

Das neue A5-Büchlein über Lufthansa erzählt nicht nur von Otl Aicher, sondern die Geschichte des Lufthansa-De­signs von den Anfängen bis heute, zeigt Werbung aus den 1920er Jahren und endet mit einem Interview mit dem aktuellen Corporate-Design-Team. Interessant sind die umfangreichen Auszüge aus der Originalstudie, die Aicher und die Entwicklungs­gruppe 5 der Ulmer Hochschule Lufthansa 1962 vorlegten und aus der die Entwürfe von der vorangehenden Sei­te stammen. In dieser Ulmer Studie wird erst mal erklärt, was ein Erscheinungsbild ist, das zu dieser Zeit noch ein neu­er Begriff war. Eine Argumentation, die ihre Schlüssigkeit bis heute nicht verloren hat.


Todd Oldham, Kiera Coffee: Alexander Girard.

Pasadena, CA (AMMO) 2011,

672 Seiten.

200 Dollar.

ISBN 9781934429846



Eva Moser: otl aicher, gestalter. Ostfildern (Hatje Cantz) 2011,

456 Seiten,

35 Euro.

ISBN 978-3-7757-3201-7
(Gestaltung von Weidner Händle Atelier, Berthold Weidner)

Jens Müller und Karen Weiland (Hrsg.): A5/05: Lufthansa und Graphic Design. Visuelle Geschichte einer Fluggesellschaft. Baden, Schweiz (Lars Müller Publishers) 2011,
128 Sei­ten.

20 Euro.

ISBN 978-3-03778-267-5

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Making-of: Gedruckte Lautsprecher von der TU Chemnitz

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