chatzkammer zwischen zwei Buchdeckeln: Autor Peter Geyer und Artdirector OA Krimmel entdecken Kinski neu.
Seit 1999 leitet Peter Geyer den Kinski-Nachlass, fast genauso lange betreut OA Krimmel ihn visuell, entwickelte quasi die CI für Kinski. Jetzt sind beiden noch einmal tief in das Vorhandene eingetaucht und haben das »Vermächtnis« Kinskis ans Tageslicht geholt: Autobiographisches, Erzählungen, Briefe, Photographien, Zeichnungen, Listen, Privates, wie sie auf dem Buchcover aufführen.
Sie zeigen wie Kinski, da es Ende der 40er Jahre noch keine PR Agenturen gab, sich selbst vermarktete, Kritiken sammelte und zum Pressespiegel zusammenfasste, Unmengen PR-Fotos von sich anfertigen ließ, eigene Rezensionen schrieb, wie er Platten- und Buchcover für sich entwarf, Logos und Figuren und Ausstattung ganzer Theaterstücke zeichnete und sehr Grafik affin war. Es werden seine Briefe abgedruckt, Gedichte, Notizen und viele Fotografien mit seiner Familie. Das Buch zeigt einen Kinski abseits der Filmwelt, hinter den Kulissen quasi, auch wenn er dort häufig auch noch eine Rolle zu spielen scheint.
Als »visueller Autor« hat Krimmel die überwältigende Materialfülle inszeniert – in Collagen, mit verschiedenen Farben, in überlappenden Bildern und Handschriftlichem als Bildhintergrund.
Wir haben mit ihm gesprochen.
PAGE: Was war die Grundidee Ihres Gestaltungskonzeptes?
OA Krimmel: Wir wollten ein einzigartiges Buch für einen einzigartigen und vielseitigen Künstler gestalten. Etwas, das den viel versprechenden Titel »Vermächtnis« mit Leben füllen kann.
Wieso haben Sie sich dafür entschieden, die einzelnen Dokumente auf den Seiten gemeinsam zu collagieren?
Die Aura und Authentizität der Originalmaterialien war atemberaubend. Das wollten wir unbedingt ins Buch überführen. Statt klassischer Transkripte entschieden wir uns für eine atmosphärische Inszenierung, der Leser soll das Gefühl haben, selber in den Originalen zu stöbern. Dazu haben wir im Agentur eigenen Studio und in Hamburg viele fotografiert und experimentiert.
Warum die mehrfarbige Schrift?
Sie dient der klaren Trennung in Kommentare des Nachlassverwalters Peter Geyer, diese sind immer blau (– so wie sich Kinskis Lebenstraum einer Weltumsegelung in blauen Kapiteln, quasi als »blauer Faden« durch das Buch zieht, jeweils vertikal gestürzt, um für ein inhaltliches Innehalten zu sorgen -) und Kinskis eigenes textliches Werk, das in dunklen Grau und Schwarztönen typografiert ist. Meist ist dessen Visualisierung wiederum eine visuelle Interpretation des jeweiligen handschriftlichen Originals (in der Bildergalerie unten als Bild 9 zu sehen).
Was war die größte Herausforderung bei der Gestaltung?
Eine Einheit aus vielen individuellen Kapiteln zu schnüren, ein großes Ganzes zu erzeugen, das dennoch Raum für die vielen unterschiedlichen und expressiven Arbeiten von Kinski lässt. Und vor allem ein Buch zu gestalten, auf das Klaus Kinski stolz wäre… obwohl er es dann sicherlich lieber selbst gemacht hätte.
Kinski – Vermächtnis.
Edel Germany, 2011
400 Seiten
49,95 Euro
ISBN 978-3841901002