Infografik-Projekt »Neofora«
Was haben große Konzerne und Viren gemeinsam? An der Fachhochschule Bielefeld entwickelte der Kommunikationsdesign Student Robert Fischer eine raumfüllende Infografik, die diese Frage beantwortet.
Was haben große Konzerne und Viren gemeinsam? An der Fachhochschule Bielefeld entwickelte der Kommunikationsdesign Student Robert Fischer eine raumfüllende Infografik, die diese Frage beantwortet.
»Neofora« nannte Robert Fischer, Student des Kommunikationsdesigns an der FH Bielefeld, seine Abschlussarbeit. Der Begriff bedeutet »neue Märkte« und spielt hier einerseits auf Tier- und Pflanzenarten an, die in ein neues Gebiet einziehen und dabei lokale Arten verdrängen – andererseits bezieht sich der Titel aber auch auf die globale Wirtschaft, denn die ist Robert Fischers eigentliches Thema.
In seiner Arbeit entwickelte er eine riesige Datenvisualisierung, die das globale Wachstum multinationaler Unternehmen mit dem Wachstum von Viren und anderen natürlichen Ereignissen vergleicht. Die wirtschaftlichen Fa?lle sind vertikal und in schwarzer Plottfolie dargestellt, wohingegen der Designer die natu?rlichen Fa?lle horizontal und in roter Folie zeigt. Die Visualisierung selbst überzieht wie ein Schimmelpilz mehrere Wände – und spiegelt somit formal ihre inhaltliche Aussage.
Wir sprachen mit Robert Fischer über seine Idee.
PAGE: Wie kamst Du darauf, Dich gestalterisch mit dem Wachstum von Großkonzernen zu befassen?
Robert Fischer: Durch häufiges Reisen fiel mir auf, dass vor allem Bahnhöfe ein immer angeglicheneres Erscheinungsbild haben. Die selben Läden im ähnlichen Bahnhofsambiente, kaum mit Hinweisen auf die jeweilige Stadt. Permanent davon umgeben, aber ohne mich je aktiv damit auseinandergesetzt zu haben, fing ich an zu recherchieren. Ich stieß auf riesige Konzernnetzwerke bis hin zu Unternehmen, die mehr umsetzen als ganze Länder – erschreckend!
Da stellte sich mir die Frage, wo diese Entwicklung hingehen wird und ob nicht letztlich die Egalisierung von Kultur und Individualität forciert wird.
Du stellst diese Konzerne Naturereignissen gegenüber. Warum?
Großkonzerne sind abstrakt und unpersönlich, die Natur ist emotional und näher am Menschen. Das Naturalisieren macht das Thema fassbarer und ermöglicht so einen intuitiven und emotionalen Zugang zu meiner Arbeit.
Welchem Gestaltungskonzept bist Du bei Deinem Projekt gefolgt?
Der Vergleich beruht hauptsächlich auf den Parametern »Ausbreitungsgeschwindigkeit« und »Vorgehensweise in der Raumeinnahme«. So bot die Verbreitung von Krankheiten Potenzial für einen Vergleich, aber auch die Neobiota. Letztere, zugleich Namensinspiration der Ausstellung, nehmen als invasive Tier- und Pflanzenarten auf ähnlich aggressive Art und Weise wie die Global Player neue Räume ein und verdrängen ihre Konkurrenten.
Als Muster für die Darstellung habe ich biologische Ausbreitungskarten genutzt. Die Umrisse der Länder und Kontinente ließ ich bewusst weg, um den Fokus des Betrachters gezielt auf das Ausmaß der Expansion zu richten, welches schimmelartig die Wand überwuchert.
Wie hast Du die Visualisierungen erstellt und an die Wände angebracht?
Neben Gesprächen mit Fachleuten des jeweiligen Gebietes recherchierte ich viel in Datenbanken. Auch Geschäftsberichte, Firmenhistorien und Fachbücher lieferten mir brauchbare Daten. Ich entschied mich letztlich dazu, drei zeitlich unterschiedliche Phasen zu zeigen: Eine Anfangsphase, eine Zwischenphase und den aktuellen Stand des jeweiligen Prozesses. Das Verorten der Punkte erfolgte manuell nach Vorgabe der ermittelten Daten. Die fertigen Karten komponierte ich dann in eine Skizze. Nach der Vermessung brachte ich schließlich die ca. 80 qm Plottfolie mit Hilfe einiger Freunde innerhalb von drei Tagen an die Wand.
Warum hast Du Dich dazu entschieden, ein ‘analoges’ Gestaltungsmittel zu nutzen und das Ganze nicht digital oder animiert zu visualisieren?
Die Ausstellung sollte auch haptisch erfahrbar sein. Auf der Wand sollten sichtbare Spuren bleiben – wie auch die Auswirkungen der Expansionsprozesse ihre Spuren hinterlassen.
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Sehr schöne Arbeit!