Start-ups als Kunden zu gewinnen, bedeutet für Agenturen oft erstmal eine gewisse Investition – meist aber eine sehr lohnende. Wir zeigen, wie die Zusammenarbeit und die Vergütungsmodelle aussehen können.
Kurze Wege, direkter Kontakt zu Entscheider:innen, mehr Freiheiten in der Gestaltung und Teilhabe an Produktentwicklung und Geschäftsmodell – die Arbeit für Start-ups hat für Design- und Brandingagenturen viele Vorteile. Dazu kommt der zumeist sehr partnerschaftliche und unkomplizierte Umgang, verbunden mit extrem interessanten neuen Produkten und Business-Ideen. »Für unser Designteam sind Start-up-Projekte spannend, weil die Prozesse kürzer sind. So gibt es mehr Abwechslung«, sagt Thomas Elm, Managing Director bei Goodpatch in Berlin. »Und es geht ums Ganze: Das Design ist eng verwoben mit dem Produkt, und das Produkt ist eng verwoben mit dem Geschäftsmodell. Man hat einen viel größeren Hebel als bei etablierten Unternehmen.«
Die Start-up-Szene ist vielfältig und hält für Agenturen unterschiedliche Auftragsarten und Formen der Zusammenarbeit bereit. Während manche Start-ups in der frühen Gründungsphase viel Beratung benötigen – vor allem wenn es um digitale Produktentwicklung geht –, haben andere bereits eine Startfinanzierung und brauchen einen professionelleren Markenauftritt, um weitere Investoren und Mitarbeitende zu gewinnen. »Pitch Decks sind ein Riesenthema«, so Falko Ohlmer, geschäftsführender Partner bei der Frankfurter Agentur Arndt Benedikt, die ihre Brandingexpertise vorrangig gut gefundeten Start-ups anbietet. DIO Studios in Köln sind dagegen gern ganz früh mit dabei und gehen mit ihrer Designarbeit auch in Vorleistung, um Produkte und Ideen voranzubringen, die sie selbst für unterstützenswert halten. Goodpatch wiederum ist seit 2020 mit einem eigenen Design Fund sogar selbst als Venture Capitalist tätig. »Das Bewusstsein dafür, wie wichtig Design schon in der Frühphase eines Start-ups ist, ist bei Gründerinnen und Gründern in den letzten Jahren stark gewachsen«, sagt Boris Jitsukata, Director und Executive Officer bei Goodpatch. Gute Voraussetzungen für Kreative also. Aber es gibt auch ein paar Dinge zu beachten.
Gestaltungsprozess: Agil, lean und flexibel
Da die Founder immer mit am Tisch sitzen, werden Designentscheidungen oft schon in Terminen selbst gefällt. Die Start-ups stehen häufig unter enormem Druck, denn Budgets sind begrenzt und die Zeit bis zur nächsten Fundingrunde oft knapp. Die Agenturen müssen sich darauf einstellen und ihre Strukturen und Prozesse entsprechend anpassen, falls diese noch nicht auf agile Zusammenarbeit ausgerichtet sind. Die Herausforderung besteht darin, den Gestaltungsprozess so lean wie möglich zu machen, ohne dabei an Qualität einzubüßen. »Bei der Arbeit mit Start-ups sind die Timings schneller und die Prozesse fordernder – und dadurch für das Team anstrengender. Die hohe Drehzahl, die Sprunghaftigkeit und Ungewissheit in diesen Projekten können auch belastend sein«, warnt Markus Dunke, Chief Client Officer bei Strichpunkt in Stuttgart.
Produkt und Marke werden oft gemeinsam entwickelt, wobei sich vor allem bei jungen Start-ups noch viel ändern kann. Deshalb müssen die Lösungen flexibel sein und Raum für kurzfristige Änderungen bieten. Das bedeutet auch, dass zunächst meist kein komplettes Corporate-Design-Paket notwendig ist. »Start-ups sollten am Anfang noch nicht zu viel in Branding investieren, sondern sich auf ihr Produkt konzentrieren. Meist reicht ein Lean Branding, das zu einem späteren Zeitpunkt ausgebaut und verfeinert werden kann«, sagt Boris Jitsukata. Wichtig ist auch, dass sie schnell Werkzeuge und Branding-Assets an die Hand bekommen, mit denen sie unabhängig von der Agentur weiterarbeiten können.