Kitas und Schulen sind zu, Oma darf nicht eingespannt werden und trotzdem muss der Job bewältigt, Aufträge erfüllt und Fristen eingehalten werden. Wir haben bei einigen Kreativen nachgefragt, wie sie sich zwischen Remote Work und Kinderbetreuung organisieren, vor welchen Herausforderungen sie stehen und was sie bereits gelernt haben.
Seit wenigen Tagen müssen Eltern Kinderbetreuung und Arbeit unter einen Hut bekommen – das geht auch einigen Kollegen aus der PAGE-Redaktion so. Zum Glück können wir das – denn viele Jobs sind durch das Corona-Chaos weggefallen, viele Menschen müssen raus an die Kasse oder ins Krankenhaus, um ihrer Arbeit nachzugehen.
Trotzdem kommen einem diese wenigen Tage bereits jetzt viel länger vor. Das liegt wohl daran, dass so ein (Arbeits-)Tag tatsächlich viel länger ist als sonst. Schließlich muss jetzt vieles gleichzeitig stattfinden: Aufträge erledigen, Schule und Kita ersetzen, Meetings abhalten, spielen oder den Kindern erklären, dass wir eigentlich gerade im Büro sitzen. Wie schaffen das die anderen? Wir haben nachgefragt.
Wie organisiert ihr euch? Nutzt einfach die Kommentarfunktion unter diesem Artikel und erzählt uns, wie euer Alltag zwischen Kids und Arbeit gerade abläuft.
Geregelten Tagesablauf schaffen trotz Chaos – wie geht das?
Situationen wie diese gab es schon manchmal: Das Kind wird krank und die Arbeit muss an diesem Tag trotzdem erledigt werden. Als Online-Redakteurin geht das ganz gut, erst recht mit Freelancer-Erfahrung. Trotzdem war es bisher eine Ausnahme. Jetzt stehen wir Eltern gerade vor der Herausforderung einen neuen Alltag zu schaffen, einen geregelten Tagesablauf, der den Kindern, uns und dem Job, der unseren Lebensunterhalt sichert, gerecht wird. Mein Sohn Henri ist fünf Jahre alt. Sein Vater arbeitet im Krankenhaus und durch den Schichtdienst klappt die Aufteilung normalerweise ganz gut, so dass ich auch Zeit für mich habe. Aber: Corona mischt die Karten neu und ich übernehme die Kinderbetreuung im Moment ganz. Um richtig was wegzuschaffen, stehe ich derzeit früher auf oder setze mich abends nochmal hin. Aber natürlich gibt es tagsüber Termine, die eingehalten werden müssen. Absprachen, eine Beschäftigung finden, die funktioniert, ebenso wie Zeitfenster, die nur für meinen Sohn da sind anstatt mit halbem Auge auf den E-Mails zu hängen – mein Sohn Henri und ich sind definitiv noch in der Findungsphase. Mein Geheimrezept für Tage, an denen es mal nicht so klappt? Durchatmen und versuchen, es am nächsten Tag besser zu machen.
Daniela Schwabel ist PAGE-Redakteurin, hadert mit ihrem Immunsystem und ist deswegen mit ihrem Sohn und den beiden Hunden aufs Land »umgezogen«. Zwar muss sie deswegen Arbeit und Kinder allein unter einen Hut bringen, ist aber mehr denn je dankbar für den Garten.
Nutze die Zeitfenster und arbeite fokussiert!
Bild: Alexandra Alex
Ich bin Geschäftsführerin eines Startups und darf täglich zwischen vielen Themen hin- und her hüpfen. Da wir aktuell unser neues Produkt launchen wird jede freie Minute gearbeitet. Wie wir das mit unserem Home Office machen? Mein Mann und ich haben über unsere jeweiligen Fokuszeiten gesprochen und uns entsprechend eingeteilt: Früh- und Spätschicht. So bleibt zwischendrin noch viel Spielzeit mit unserem 1,5 jährigen Sohn. Aber tatsächlich nutze ich die Schlafzeiten effektiv aus. Ich kann mich auch nachts gut konzentrieren und sammle dafür tagsüber Energie, wenn ich meinem gut gelaunten Kind beim Spielen zuschaue. Das geht nicht immer und bestimmt auch nicht für so eine lange Zeit, aber wenn jeder seine Fokuszeiten kennt, und weiß wann man sich am besten konzentrieren kann, dann kann man sich das entsprechend einteilen.
Mein Mann und ich haben uns für die kommenden Wochen diesen Plan ausgearbeitet: Er arbeitet früh morgens und ich kümmere mich um Henry. Ab nachmittags drehen wir den Spieß um. Dann kochen wir gemeinsam und haben ein bisschen Familienzeit. Dann geht der kleine Mann ins Bett und ich wir arbeiten beide noch. Da sind wir flexibel und müssen das auch ein bisschen an die Aufgaben anpassen.
Mein Tipp: Wenn die Zeit da ist, dann sortiere dich und leg los. Dann arbeitest du wirklich konzentriert an den Aufgaben und bist meist deutlich effizienter als im Büro. Vermeide alle Ablenkungen und schau dir nicht den Wäscheberg an. Schreib dir deine Aufgaben auf einen Zettel und hake alles ab, wenn du es geschafft hast.
Alexandra Alex, Founder & CEO von MatchManao GmbH, hat bereits vor Corona viele Erfahrungen gesammelt, wie sich Home Office und Kinderbetreuung unter einen Hut bringen lassen. Ihre Tipps könnt ihr nachlesen auf https://is.gd/matchmanao
Die grösste Herausforderung? Positive Stimmung zu Hause
Im denkwerk haben wir alle Teams in zwei Teams geteilt, die arbeiten wochenweise abwechselnd im Homeoffice und in der Agentur. Ich bin gerade im Homeoffice. Die meiste Kommunikation passiert über Slack. Ausserdem haben wir einen virtuellen Server eingerichtet, damit das Homeoffice funktioniert. Hauptsächlich beraten sich die Designteams mit mir bei wichtigen Design Entscheidungen.
Meine Tochter ist sechs Jahre alt und geht in die erste Klasse. Ich habe ihr einige Aufgaben zugeteilt wie Bücher lesen, Mathematik üben und Aufräumen. Dazwischen malt sie von sich aus sehr gerne. Trotzdem merkt man, dass ihr auch so langsam die Decke auf den Kopf fällt – ohne andere Kinder und ohne was draussen machen zu können (Stadtkind).
Die grösste Herausforderung ist es, die positive Stimmung zu Hause mit meiner Tochter nicht kippen zu lassen. Sie muss sich die meiste Zeit selbst beschäftigen, was nicht ohne ist für ein sechsjähriges Kind. Da die Balance zu finden zwischen Arbeit und doch zwischendurch was mit ihr zusammen machen, ist völlig neu für uns beide. Und auch nicht ohne Stress. Zum Beispiel musste ich diesen Text hier einmal unterbrechen um ihr zuzuhören 🙂
Das ist genau das, was stresst. Wenn ich gerade eine Mail beantworten muss oder telefoniere, kann meine Tochter manchmal nicht so gut unterscheiden zwischen beruflich und privat. Meistens geht es gut, aber manchmal doch nicht. Und das ist schon anstrengend. Ich glaube dass Homeoffice mit Kindern zu Hause schwierig ist. Für Kinder ist es einfach schwer nachzuvollziehen, dass sie jetzt die Eltern acht Stunden lang nicht stören können.
Alina Schlaier arbeitet als Design Director supervise bei Denkwerk und muss derzeit mehrere Projekte wuppen. Mit ihrer 6-jährigen Tochter lebt sie in der Stadt – da kann einem schon mal die Decke auf den Kopf fallen.
Humor ist, wenn das Kind das Meeting crasht
Meine Tochter ist schon ein bisschen größer, sie ist acht Jahre alt. Das macht es insofern leichter, dass man mit ihr auch offen sprechen und sagen kann: „Ich muss jetzt arbeiten du darfst mich mal für eine halbe Stunde nicht stören.“ Mein Expartner und ich wohnen in einem Haus. Er hat sich aktuell Urlaub genommen und die Kleine kann jetzt auch mal zwischendurch zu ihm, so dass ich ein bisschen zum Arbeiten komme. Aber ansonsten wäre sie jetzt bei mir. Ich stehe entweder sehr früh auf oder bleibe länger wach und nutze die wenigen Stunden, die ich für mich habe, um fokussiert arbeiten zu können.
Es gibt natürlich auch schwierige Situationen: Wenn sie mal im Skype-Meeting durchs Bild läuft, nehme ich das einfach mit Humor. Ich lache drüber – das ist glaube ich der einzige und beste Weg, damit umzugehen. Letztens beim Daily mit den Kollegen – war das natürlich kein Problem, sondern ein netter Gruß am Morgen. Wenn es jetzt in einem Kundengespräch passiert wäre, dann hätte ich das auch irgendwie weggelächelt und gesagt das sei meine junge Kollegin oder das ist die neue Praktikantin aka meine Tochter.
Mein Tipp an Freundinnen, die das Home Office mit Kindern gerade neu erleben: Wenn die Kinder schon alt genug sind, hilft es ganz klare Absprachen zu treffen und dass es feste Arbeitszeiten gibt für die Mama, man sich aber in der Mittagspause bewusst Zeit nimmt für die Kinder, um da ein Gleichgewicht zu schaffen. Wenn die Kinder noch ganz klein sind, geht das manchmal nicht und man muss noch jemanden einspannen. Normalerweise hilft meine Mutter aus, aber das geht ja momentan nicht. Aber sonst: gut vernetzen und für das Kind eine Anregung schaffen, damit man sich selbst fokussieren kann. Klare Arbeitszeiten und klare Regeln: Jetzt bin ich für dich da. Das ist das Wichtigste, was ich mitgeben kann.
Carolin Schmidt ist Projektmanagerin bei Arndt Benedikt und froh, dass die Umstellung ins Home Office so reibungslos funktioniert hat. Als man nicht mehr die Bahn nutzen sollte, haben die Chefs kurzerhand eine große Rundtour gemacht und die Rechner unbürokratisch und persönlich vorbeigebracht.
Kommunikation mit dem Partner ist wichtig
Ich bin einer der beiden Geschäftsführer bei Arndt Benedikt. Meine Frau hat Ende Februar ihre Promotion abgeschlossen und bis dahin halbtags an der Universität gearbeitet. Vormittags sind die Kids in der Betreuung und am Nachmittag hat sich weitesgehend meine Frau um sie gekümmert. Für alle Ausnahmen wie zum Beispiel Krankheiten (und die gibt es ziemlich oft) hatten wir keine feste Regelung und waren durch meine Selbstständigkeit sehr flexibel. Wenn die Kinder also krank waren und meine Frau eine wichtigen Termin hatte, konnte ich das abfedern und bin dann oftmals noch nach neun Uhr abends ins Büro. Wenn ich ein wichtiges Projekt hatte und unabkömmlich war, hat sie das übernommen.
Kommunikation ist dabei der Schlüssel, um das Konfliktpotential gering zu halten. Beide haben das gleiche Recht ihrer Arbeit nachzugehen und Sätze wie „mein Job ist jetzt aber der wichtigere“ sind da absolut kontraproduktiv. Wir diskutieren die Situation immer wieder neu. Das ist im Zweifel anstrengend, aber am Abend beim Weinchen geht das ja. 😉 Aktuell haben wir eine andere Situation, weil sie zu Hause sein kann. Das ist ein großer Vorteil was die Familien-Logistik anbelangt. Gerade in der aktuellen Situation ist es ein großes Glück, dass sie das abfedern kann.
Noch wohnen wir zur Miete und haben kein separates Arbeitszimmer. Da ich oft konzentriert arbeiten muss, gehe ich lieber ins Büro. Ich arbeite gerne in Ruhe, habe alle Sachen hier. Da ich glücklicherweise nur 10 Minuten mit dem Rad zur Arbeit habe, komme ich momentan täglich zu einer verlängerten Mittagspause nach Hause und bleibe dafür abends etwas länger im Büro.
Felix Groß ist Managing Director bei Arndt Benedikt, hat zwei Kinder – einen vierjährigen Sohn und eine bald zweijährige Tochter – und ist froh, dass die Agenturbranche beim Thema Home-Office generell flexibler ist als das teilweise bei Kunden aus der Industrie der Fall ist. Wie Remote Work bei Arndt Benedikt funtkioniert, erfahrt ihr in dem Artikel Home Office und Video-Calls: So reagieren Agenturen auf den Corona-Shutdown
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