Über das Weiterführen einer vorhandenen Gestaltung (AGD)
Welche Rechte habe ich, wenn meine Gestaltung von einem neuen Designer weitergeführt wird? Welche wenn ich selbst auf der Basis eines bereits vorhandenen Designs arbeite? Andreas Maxbauer, Referent bei der Allianz Deutscher Designer (AGD), erklärt, wie man seine eigene Gestaltung am besten schützt – und wie sich selbst, bearbeitet man ein fremdes Design weiter.
Geschäftsbeziehungen enden oder ändern sich, oft ohne das Zutun der Designerinnen und Designer: Zum Beispiel die Übernahme eines Kunden, ein Mitarbeiterwechsel oder Umstrukturierungen bei Produkten und Dienstleistungen. Manchmal gibt es auch Differenzen über die Gestaltungslinie oder die Vergütung. Da wir Designer meistens einen stärkeren persönlichen Bezug zu unseren Werken empfinden, ist der Abschied eines Kunden nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen schmerzlich. Oft erwacht dann – in der Regel zu spät – das Bewusstsein, Inhaber von Urheberrechten zu sein. In der Beratung möchten Betroffene daher oft wissen, wie ihre Werke geschützt sind.
Was dem einen Leid, ist dem anderen Freud’, denn die Kunden wenden sich in der Regel einem neuen Designbüro zu, von dem sie denken, dass es besser zu ihnen passt oder günstiger arbeitet. Oft wünschen sich Kunden trotz des Wechsels, dass die bestehende Linie weiterentwickelt wird, z.B. indem das Firmenzeichen, die Farben und andere gestalterische Basiselemente erhalten bleiben oder ein wenig modernisiert werden.
Bei den neuen Designern stehen vor allem diese Fragen im Vordergrund: Was darf weiterverwendet werden ohne dass es zu Ansprüchen durch die vorhergehenden Designer kommt? Gegen wen richten sich dann eventuelle Forderungen: treffen sie den Designer oder den Kunden? Kann man sich als Designer von seinem Kunden so »freistellen lassen«, dass dieser für eventuelle Folgen auskommt?
Nahezu alle erfahrenen Designerinnen und Designer kennen diese Situationen aus beiden Perspektiven. Deshalb sind die folgenden Empfehlungen für »beide Seiten« gedacht.
Die Sicht des ursprünglichen Designers
Zunächst einmal scheint die Sache mit einem Blick auf das Urheberrechtsgesetz ganz einfach: Laut § 23 ist ein gestalterisches Werk geschützt, nur der Urheber selbst darf sie verändern; möchte jemand Anderes das Werk variieren, benötigt er die Zustimmung durch den Urheber. Aber auch wenn die Mehrzahl der Designer es gerne so sähe, ist es beileibe nicht so, dass jegliches Design automatisch urheberrechtlich vor Nachahmung und Veränderung geschützt wäre.
Um diesen Schutz zu erhalten, muss im Werk eine persönliche geistige Schöpfung, also eine individuelle gestalterische Handschrift sichtbar werden. Dieser mit dem hübschen Wort »Schöpfungshöhe« bezeichnete Status schließt damit den Schutz einer »eher normalen Gestaltung« auch dann aus, wenn sie auf hohem Niveau ausgeführt wurde. Falls der Urheber eine Klage erwägt, ist seine Rechtsunsicherheit wegen der Interpretationsbreite groß, eventuell muss er die Schöpfungshöhe seiner Arbeit durch ein nicht ganz billiges Gutachten feststellen lassen.
Manche Kunden – so auch Agenturen, die freie Designer beauftragen – lassen sich die ausschließlichen Nutzungsrechte einräumen und wähnen sich auf der sicheren Seite. Wenn sie dafür bezahlen ist das erfreulich für den Designer – aber auch das erlaubt nicht dessen Werk zu verändern, nicht einmal in Teilen. Das kann ein Kunde nur dann machen oder machen lassen, wenn er sich zuvor vom Designer das Bearbeitungsrecht einräumen ließ. In einigen Bereichen wie im Film oder Journalismus wo Drehbücher und Texte von Anderen überarbeitet werden, ist das nicht unüblich. Bei Designern kennt man dieses Bearbeitungsrecht kaum, nur wenige Großunternehmen, Verlage oder Werbeagenturen lassen diese Möglichkeiten einräumen.
Der beste Schutz vor Veränderung eigener Arbeiten bietet sich für Designerinnen oder Designer, in dem sie diesen Komplex in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), auch Allgemeine Vertragsgrundlagen (AVG) genannt, klären. Hier können Gestalter den Schutz ihrer Werke auch für den Fall festlegen, dass sie die Schöpfungshöhe nicht erreichen sollten. Auch die Ankündigung von Unterlassungs- und Schadenersatzansprüchen für den Fall einer nicht genehmigten Veränderung ist hier am richtigen Ort. Werden die Allgemeinen Vertragsgrundlagen bereits dem Angebot beigefügt und wird ihnen bei der Auftragserteilung nicht widersprochen, sind sie Vertragsbestandteil.
Die Sicht des weiterentwickelnden Designers
In den Beratungsgesprächen mit Designerinnen und Designern ist das Bestreben, nicht dafür haftbar gemacht zu werden, dass sie am Veränderungsprozess beteiligt sind. Ganz so einfach ist das nicht, aber die Einhaltung einiger Regeln mindert das Risiko beträchtlich.
Zunächst einmal ist die Bearbeitung eines vorhandenen Werks noch kein Verstoß gegen das Urheberrechtsgesetz. Problematisch jedoch kann die Veröffentlichung eines veränderten Werks sein, die geschieht in der Regel aber nicht durch den Designer sondern durch seinen – dann eventuell haftenden – Kunden.
Grundsätzlich ist es so, dass Designer davon ausgehen können müssen, dass ihnen von Kunden übergebene Dateien und Materialien frei von Rechten Dritter sind. Da die Kunden ja zuvor mit dem anderen Designer gearbeitet haben, haben sie auch die Verträge mit ihnen geschlossen und kennen somit die individuelle Rechtesituation am Besten.
Haben Designer Zweifel daran, ob etwas verwertet werden darf, sollten sie ihre Bedenken den Kunden gegenüber äußern, am besten schriftlich, z. B. mit einer E-Mail. Allerdings sollten sich Designer niemals zu konkreten rechtlichen Äußerungen oder zur Überprüfung von Werken motivieren lassen, da sie für ihre Auskünfte haftbar gemacht werden können. Es sollte prinzipiell Sache des Kunden sein, vor einer Veröffentlichung die Zulässigkeit von Entwürfen, Bildern und Texten prüfen zu lassen. Er wird es in der Regel zwar nicht tun, kann dann aber auch nicht das Risiko auf seine Designerin oder seinen Designer abwälzen.
Auch für »weiterberarbeitende Kollegen« gilt: Es ist am Klügsten diese Punkte in seinen Allgemeinen Vertragsbedingungen zu klären. Und diese zusätzlich mit einem Passus zu ergänzen, dass ein Kunde seinen Designer von allen Ersatzansprüchen Dritter freistellt.
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