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Space-Vulvas, Klima-Architektur und Hautkrebs: Das sind die ADC Grands Prix 2023

Neben den drei Grands Prix in den Kategorien Werbung, Spatial Experience und Design wurde in diesem Jahr erstmals ein Sustainability Nagel vergeben.

The Vulva Spaceship

»Alles ist Kommunikation«, sagte Jury-Chairwoman Corinna Falusi in der Pressekonferenz des ADC. Die Einreichungen beim diesjährigen Wettbewerb zeigten die Bandbreite, in der Kreative heutzutage denken und gestalten. »Wir müssen unsere Köpfe weiter öffnen – die Medien sind endlos.« So findet sich unter den Grands Prix in diesem Jahr beispielsweise auch eine Einreichung aus dem Bereich Spatial Experience.

Eine weitere Einschätzung der Jurychefin: »Es wird wieder gelacht.« Unter den Einreichungen in diesem Jahr habe es eine gute Mischung aus schweren Themen und unterhaltsamen Umsetzungen gegeben. Insgesamt gab es 50 Gold-, 117 Silber- und 233 Bronze-Nägel.

Wir stellen hier die drei Grand-Prix-Projekte sowie die erste Sustainability-Nagel-Arbeit vor. Alle Projekte sind ab sofort auf der ADC Website und in der ADC App online. In den nächsten Tagen werden sie auch der Metaverse-Ausstellung in der ADC Virtual Gallery hinzugefügt. Die ADC Grands Prix der vergangenen Jahre und weitere ADC-News findet ihr unter unserem ADC Tag. 

Übrigens: Der Case »Fragrance for Everyone« von Accenture Song für Aldi Nord mit dem umstrittenen Influencer Jeremy Fragrance wurde aus dem Wettbewerb genommen. ADC-Präsidentin Dörte Spengler-Ahrens beschrieb dies als ein Haltungs-Statement des Vereins, das nach großer Diskussion von allen Jury-Mitgliedern unterstützt wurde. Fragrance war nach seinem extrem befremdlichen und frauenfeindlichen Auftritt auf der OMR in Kritik geraten.

Die ADC Grands Prix Projekte 2023

»The Vulva Spaceship«

Grand Prix Werbung
Agentur: Innocean Berlin
Partner: Wer Braucht Feminismus?

The Vulva Spaceship Case Übersicht

Müssen Raketen unbedingt aussehen wie riesige Phalli? Nein! sagt Innocean Berlin und entwickelte gemeinsam mit der Künstlerin und Aktivistin Jasmin Mittag und ihrem Künstler:innen-Kollektiv Wer Braucht Feminismus? das erste Raumschiff in Form einer Vulva: The Vulva Spaceship.

Begleitend zu dem Raumschiffdesign startete Innocean Berlin eine Petition und setzte sich bei der Europäischen Weltraumorganisation für den Bau des Raumschiffs ein. Um der Aktion einen seriösen Anschein zu geben, riefen sie die Organisation WBF Aeronautics ins Leben, die sich mit der vermeintlich wissenschaftlichen Arbeit hinter dem Projekt beschäftigte. Ein Film bietet Einblicke in das Projekts und erklärt – scheinbar seriös – den Entwurfsprozess.

 

Der Jury-Kommentar:
»Drei sehr reiche Männer teilen sich die letzte verbleibende Leerstelle unseres Universums auf: das Weltall. Was aussieht wie ein Wettrennen von größenwahnsinnigen Jungs, ist in Wahrheit ein Rennen um Macht. Und die Symbole dafür, ihre Raketen, gleichen auffällig dem männlichen Genital. Jasmin Mittag und ihr Künstler:innen-Kollektiv halten dagegen. Mit einer genauso wichtigen wie fröhlichen Idee schaffen sie im richtigen Moment eine mediale Explosion: The Vulva Spaceship ist ein Vorbild in Sachen Agendasurfing und Schaffung eines Bildes, das weltweit nicht nur verstanden wird, sondern überrascht und begeistert statt zu belehren. Das Projekt inspiriert, weil es die Sprache der Zielgruppe (Männer) nutzt, um sie zu erreichen. Ein Projekt, das weltweit Diskurse über Gleichberechtigung und die ungleiche Machtverteilung auf Erden und im All ausgelöst hat!«

»Netherlands Pavillion – Uniting Water, Energy and Food«

Grand Prix Spatial Experience
Agentur: Marketing Solutions AG
Auftraggeber: Expomobilia MCH Live

Der niederländische Pavillon auf der Expo 2020 in Dubai zeigte innovative Lösungsideen für Probleme wie Wasserknappheit, Energiewende und Ernährungssicherheit, brachte Menschen zusammen und lud zur Diskussion ein.

Der Pavillon selbst war ein autarkes, zirkuläres Klimasystem im Miniaturformat, das Wasser, Energie und Nahrungsmittel durch vertikale Landwirtschaft gewann: In seinem Zentrum –einem 18 Meter hohen Kegel – wuchsen 9.000 essbare Pflanzen. Ein sogenanntes Sunglacier System gewann aus Wüstenluft täglich 800 Liter Wasser und transparente Solarpanels lieferten Energie. Der Bau ohne Betonfundament bestand aus geleasten Spundwänden und Stahlrohren der lokalen Bauindustrie.Dazu kamen nachhaltige Baumaterialien wie biologisch abbaubares Bioploymer und biobasierte Myzelfliesen. Sie konnten nach der Expo lokal wiederverwendet, recycelt oder kompostiert werden.

 

Der Jurykommentar:
»Dieses Projekt und die Geschichte, die es erzählt, markieren den Aufbruch in ein neues Zeitalter, das hoffentlich viele Kreative, aber auch Architekt:innen und Schaffende in der Baubranche anregt, Althergebrachtes völlig neu zu denken! […] Die Macher:innen dieses Expo Pavillons haben einen Raum, ein Gebäude geschaffen, das in Form und Inhalt ungesehen das Thema Nachhaltigkeit erzählt und nachspüren lässt. Es ist ganzheitlich zirkulär gedacht, vermittelt innovative, nachhaltige Technologien und Möglichkeiten ohne erhobenen Zeigefinger und hinterlässt nach der Expo in Dubai vor allen Dingen zwei Dinge: viele Ideen, wie wir in Zukunft nachhaltiger leben können und einen komplett leeren Platz auf dem Expo-Gelände.«

Sun Warning Glag

Grand Prix Design
Agentur: Heimat
Auftraggeber: Deutsche Krebshilfe

Jedes Jahr sterben weltweit hunderttausende Menschen durch Ertrinken. Aber acht mal mehr Menschen sterben an schwarzem Hautkrebs, verursacht durch Sonneneinstrahlung. Zeit für eine Warnflagge! Wir berichteten letzten Sommer über das Projekt.

 

Der Jury-Kommentar:
»Hier stimmt alles: Ein klares, sichtbares Design, bei dem man nichts hinzufügen oder weglassen kann. Schwarz auf schwarz ist die Sonne umrandet vom UV-Index der WHO, der nach internationalem Standard angibt, wie stark die UV-Strahlung ist, die Sonnenbrand verursacht. Diese Arbeit kann Leben retten, weil sie Menschen, die diese Flagge sehen, sofort auf die möglichen Risiken der Sonne aufmerksam macht. Das ist bahnbrechend und zeigt, was Kommunikationsdesign bewirken kann. Wir drücken die Daumen für den weltweiten Einsatz.«

Designed in Bangaldesh – Made in Europe

Sustainability Nagel
Agentur: Accenture Song
Auftraggeber: ekn Footwear

Einfach mal alles auf den Kopf stellen: Design aus den sogenannten Produktionsländern, Herstellung in Europa. Auch uns gefiel dieses Projekt – hier lest ihr unseren Bericht dazu.

 

Der Jury-Kommentar:
»Diese Arbeit hat auf überraschende und intelligente Art das Narrativ »Designed in Europa. Produziert im globalen Süden« umgedreht. Die Kampagne erzeugt so Aufmerksamkeit und positioniert mit einem Sneaker ein begehrenwertes Lifestyle-Produkt.«

Der Sustainability Nagel ist unabhängig von der eingereichten Kategorie und geht an Arbeiten, die mit kreativer Exzellenz für einen nachhaltigen, gesellschaftlichen Impact  gesorgt haben. Die Jury bestand aus:

  • ADC Präsidiumsmitglied Matthias Harbeck (Saint Elmo’s)
  • ADC Vize-Präsident Claus Fischer (Voss & Fischer)
  • ADC Vize Fachbereich Film & Ton Matthias Rewig (nhb studios)
  • Physiker und Wissenschafts-Youtuber Jacob Beautemps aka. Breaking Lab
  • und Steffen Otten, Co-Founder und CEO von runamics, der ersten Cradle-to-Cradle-Marke für Sportbekleidung.

Bereits am Donnerstag wurden die ADC Talent Awards 2023 verliehen. Hier geht’s zu unserem Artikel.

 

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