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»So analog wie möglich«: 3 Fragen an Designstudentin Yule Post

Wie sieht eigentlich der Alltag von Designstudierenden derzeit aus? Wie läuft die erzwungen digitale Lehre? Wir haben uns an verschiedenen Unis umgehört. Hier berichtet Yule Post, die Produktdesign an der UdK Berlin studiert.

UdK-Studentin Yule Post
UdK-Studentin Yule Post

Auch Hochschulen und Kunstuniversitäten mussten innerhalb kürzester Zeit umdisponieren und die Lehre komplett ins Digitale verlegen. Was das für die Designlehre bedeutet, beleuchten wir im Detail in PAGE 7.20, die Anfang Juni erscheint.

Vorab haben wir uns mal umgehört, wie die Studierenden diese Zeit erleben, was ihnen an der digitalen Lehre gefällt – und was vielleicht sogar nach der Krise bleiben soll.

Den Anfang macht Yule Post, Produktdesign-Studentin an der UdK Berlin.

Wie sieht dein Studienalltag derzeit aus?

Tatsächlich startet der gesünder denn je!
 Bevor meine Augen überhaupt richtig auf sind, stolpere ich ins Bad, zieh mir fix eine Leggins an und mache so gut wie jeden Tag erstmal eine Stunde Sport. Wenn das Wetter schön ist am liebsten draußen. Als Belohnung gibts dann ein super leckeres, ausgedehntes Frühstück – und das auch, wenn die Vorlesungen schon sehr früh beginnen, denn man kann ja Online wunderbar an Konferenzen und dergleichen teilnehmen, das Mikro und Video vielleicht mal ausschalten und nebenbei alles vorbereiten.

Unsere Uni Tage sind alle etwas unterschiedlich strukturiert. Es finden also nicht jeden Tag Konferenzen statt, aber es gibt trotzdem genug zu tun.
 Die Stunden am Vormittag und Nachmittag widme ich zumeist den Arbeiten für die verschiedenen Kurse, da hat sich also nicht viel verändert. Wenn nicht, mach ich Musik oder finde irgendeine Aufgabe, die auf einmal ganz wichtig erscheint.
 Für mich gilt in diesem »besonderen Semester«, wie es überall genannt wird, vor allem eins: 
»Am Rechner hängen: So wenig wie möglich und so viel wie nötig!«. Bei Socialmedia-Kram bin ich raus.

Ich mag mein Studium, gerade weil es ein so praktischer Studiengang ist, der viel Arbeit mit den Händen fordert, und darauf versuche ich mich weiterhin zu konzentrieren.

Zusammen mit ein paar Kommiliton*innen, die ähnlich ticken, haben wir ein Projekt ins Leben gerufen, das den Namen »Das was da ist« trägt und die Arbeit mit den uns umgebenden, realen Dingen fokussiert. Soviel sei gesagt.

Online geht auch draußen, wo die Sonne scheint. Auch mein »Feierabend« ist wesentlich aktiver geworden. Wenn ich mit der Uni fertig bin für den Tag, geh ich raus und treffe Freunde zum Tischtennis spielen, spazieren oder Laufen gehen – auf Abstand natürlich, oder überlege mir irgendwelche anderen Aktivitäten – vielleicht irgendwas bauen, mir fällt eigentlich immer was ein – Hauptsache, irgendwas machen, machen, machen.

Was hältst du vom digitalen Studium: Was funktioniert gut, was nicht so?

Ich persönlich versuche es ja so »analog wie möglich« für mich zu gestalten, aber grundsätzlich finde ich dieses digitale Semester erstaunlich gut! Hätte ich nicht gedacht.

Meine Kommiliton*innen nur auf einem Bildschirm zu Gesicht zu bekommen ist echt mies, gleichzeitig haben wir nun Mittel und Wege gefunden uns trotzdem auszutauschen und hier und da trifft man sich vereinzelt. Das klappt also ganz gut.

Ich finde einige neue Formate sehr toll. »OpenCall« beispielsweise, ein Format der UDK, bei dem fakultätsübergreifend Studenten eigene Projekte ins Leben rufen können und dabei unterschiedlich betreut werden. Oder »Kairos« – ein Interview-Format, bei dem einmal die Woche unterschiedliche Persönlichkeiten aus der Designszene über sich erzählen und wir ihnen Fragen stellen können. Gefühlt ist es wesentlich intimer als »normale« Interviewsituationen und man kriegt andere Einsichten über die Charaktere, die so vor uns sitzen. Das ist sehr besonders, finde ich.

Was funktioniert denn nicht so … Tja, ich glaube, ich bin da nicht alleine mit dieser Meinung:

Die vielen unterschiedlichen Kommunikationsmittel sind sehr, sehr verwirrend und unübersichtlich geworden.

Da gibt es Mail, Slack, Moodle, Doodle, vdl, Telegram, Webex, Googlehangouts, Googledrives, Dropboxen und haste nicht gesehen. 
Ich hab angefangen mir Post-its und Pfeile an die Wände zu hängen, um das Ganze zu mappen und irgendwie den Überblick zu behalten. Das könnte im Großen und Ganzen einheitlicher gestaltet sein. Aber wir sind da auf einem guten Weg, glaube ich!

Würdest du dir wünschen, dass etwas von den neuen Formaten bleibt, wenn ein reguläres Studium wieder möglich ist? Wenn ja: was und warum?

Wie ich bereits sagte, finde ich die Angebote OpenCall und Kairos in unserem Studiengang sehr toll, das sollte weitergeführt werden!

Außerdem haben wir einen CAD-Kurs, bei dem wir nun nicht stundenlang im Computerraum abhängen, sondern Videotutorials ansehen, die wir in unserem eigenen Tempo und an einem Ort unserer Wahl ansehen können. 
Das macht wirklich sehr viel Sinn für mich und ne Menge Spaß.

Was ich mitbekommen habe ist, dass sich die Kommunikation zwischen den Fakultäten auch verändert hat und es zu mehr Austausch kommt woraus tolle Projekte entstehen können.

Das sollte definitiv weiter forciert und Formate gefördert werden, um dies zu unterstützen.

Etwas allgemeineres: Es ist etwas besonders, dass wir sobald wir Online-Meetings von zuhause aus betreten, uns ja doch gegenseitig einen sehr intimen Einblick in unsere private Umgebung gewähren. Ich finde das macht was mit einem. Man fühlt sich verbundener und ich glaube, dieses allgegenwärtige Gefühl, dass man eben im selben Boot sitzt, und dieser daraus resultierende kollektive Gedanke tut gut und kann und sollte »die Zeit nach Corona« überleben, da es in meinen Augen auch einen sehr krassen und schönen Kontrast zu den Parallelwelten auf Instagram darstellt, die zumeist einen eher gegenteiligen Effekt – gerade auf junge Menschen- ausüben.

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