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Packende re:publica 23: CASH, Klima – und jede Menge KI

CASH hieß das Thema der republica23. Aber auch KI bestimmte die Konferenz. Natürlich! Die Talks reichten von Grundlagen zu beeindruckenden Abrechnungen, zu Design-Tools und Techniken – und feierten die Kreativität.

Bild: Jan Michalko/re:publica

Einmal mehr begann die Digitalkonferenz re:publica mit einem Paukenschlag. In diesem Jahr war das die Keynote von Meredith Whittaker, Präsidentin der Stiftung des Messengerdienstes Signal, die klarmachte, dass Künstliche Intelligenz nichts anders als ein Werkzeug zur Überwachung sei – ob das die Arbeit oder das Soziale ist.

Und die eine große Gefahr in dem gegenwärtigen KI-Hype sieht, bei dem die Technik als eine beschrieben werde, die dem Menschen überlegen ist. Das sei nicht nur falsch, sondern stärke die Tech-Konzerne, die sowieso viel zu viel Macht über unser Leben hätten und lenke davon an, was sie jetzt schon anrichten.

Dabei führte Whittaker das Beispiel an, dass große Konzerne ganze Scharen von Übersetzer:innen entließen, weil die KI ihre Arbeit übernommen hat. Weil die Qualität der KI jedoch so schlecht ist, wurden die Übersetzer:innen wenige Zeit später für weit weniger Geld wieder angestellt, um deren Fehler zu korrigieren.

Meredith Whittaker, Präsidentin der Signal Foundation auf der re:publica Bild: Jan Zappner/re:publica
Bild: Jan Zappner/re:publica

Darüber hinaus diene KI der Massenüberwachung. Zum Beispiel auf Telefonen, wo vorgegeben werde, dass so Kindesmissbrauch geahndet werden könne. Dabei gäbe es keine Beweise, dass Kindesmissbrauch durch diese Überwachung wirklich effektiv verfolgt werden kann. Stattdessen aber werde das soziale Leben beobachtet.

Anstatt seine Energie an Dystopien zu verschwenden, dass KI zu einer bösen Superintelligenz mutiere, für das es keine Hinweise gebe, solle man sich darauf konzentrieren gegen real stattfindenden Machtmissbrauch der Konzerne zu kämpfen.

KI und Design

Ziemlich unkritisch hingegen referierte Sebastian Löwe, Professor für Design Management an der mdh mediadesign Hochschule in Berlin, über »State of the Art of Design and Artificial Intelligence«. Es ging darum, wie künstliche Intelligenz kreative Arbeit verändern wird – und wie sie Designer unterstützen kann.

Zum Beispiel könne KI Schriften in Clouds organisieren, um so schnell und unkompliziert passende Fonts zu finden, Kombinationsmöglichkeiten zu erhalten oder sich Vorschläge für Schriften geben zu lassen, die man für ein bestimmtes Projekt verwenden könnte.

Darüber hinaus stellte Löwe Programme wie Chat GPT, Stable Diffusion oder Composer vor, das Alibaba erst vor einigen Wochen gelauncht hat. Mithilfe von Composer kann man Bilder auf den verschiedensten Ebenen manipulieren, Vermeers Mädchen mit dem Perlenohrring in eine Landschaft oder ein Katzengesicht verwandeln und das Tool zudem nutzen, um Websites oder Videos zu generieren, verschiedene Kameraperspektiven inklusive.

KI könne wiederholende Tätigkeiten ersetzen, sagte Löwe, Entscheidungsprozesse unterstützen und zum Beispiel im Produktdesign durch Heatmaps anzeigen, wo es potenzielle Bruchpunkte des entworfenen Stuhls und anderer Produkte gebe.

Im Webdesign könne KI anhand von attention maps anzeigen, wohin die Aufmerksamkeit der Betrachtenden geht (wie in der Marktforschung seit Jahrzehnten durchgeführt) und auf verwirrende Parts des UX Designs aufmerksam machen.

Ein Fokus lag auf der Zeitersparnis, darauf, die Produktivität zu steigern und die menschliche Kreativität zu erweitern. Das schien aber nicht besonders verlockend, denn es wirkte so, dass die KI-Tools nicht unbändige Kreativität fördern, sondern auf den größtmöglichen Nenner ausgerichtet sind und so vor allem durchschnittliches anstatt visionäres Design hervorbringen.

Björn Ommer, Professor an der Universität München und Mitentwickler von Stable Difussion Bild: Stefanie Loos/re:publica
Bild: Stefanie Loos/re:publica

Dass Künstliche Intelligenz weder intelligent noch künstlich ist, haben wir bereits auf der re:publica 22 von der großartigen Kate Crawford gelernt. Jetzt machte der Informatiker Jürgen Geuter aka tante seine Auffassung klipp und klar, dass KI seiner Meinung nach vor allem ein Hype sei, der nach dem Platzen der Krypto-Blase und dem Untergang von Zuckerbergs Meta-Fantasie für das Silicon Valley gerade richtig komme. Dabei sei für ihn KI vor allem ein Narrativ, eine Behauptung, die sehr geeignet sei, von den wirklichen Problemen auf der Erde abzulenken.

Für die Kreativität

Björn Ommer hingegen, Professor an der Universität München und Mit-Entwickler von Stable Diffusion, erklärte, was es bedeutet, Computern das »Sehen« beizubringen und wie KI gelernt hat, über Ähnlichkeiten in Bildern hinaus, den Kontext zu nutzen.

Er erläuterte auch, dass sie die Software Stable Diffusion, an deren Entwicklung er mitgearbeitet hat, schon bevor sie ausgereift war, als open source veröffentlicht haben, um den Menschen zu zeigen, was auf sie zukommt und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich darauf einzustellen .

Gleichzeitig unterstrich er aber, dass es immer auch eine Sehnsucht nach dem Original gäbe. Dass Menschen sich stundenlang vor Museen anstellen, um einen Vermeer zu sehen und eben nicht das Abbild. Die Menschen wollen mehr als Standardisierung und Imitation, sagt Ommer. Ganz so wie gute Kunst und gutes Design es sind.

Bild: Jan Michalko/re:publica

Der menschliche (Design-) Faktor

Marion Plank, Illustratorin, Grafikerin, Animationskünstlerin und Professorin für Game Art an der IU Internationalen Hochschule Berlin, macht in ihrem vollbesetzten Talk klar, dass sie nicht daran glaubt, dass KI kreativ sein kann.

Schon die menschliche Kreativität sei so komplex, dass sie neurowissenschaftlich nicht gänzlich erforscht sei. Wie kann man dann von KI behaupten, dass sie schöpferisch sein kann?

Erst recht, weil künstliche Intelligenz einen wichtigen Teil des kreativen Prozesses nicht durchführen kann, da KI nicht sehen kann – und abgesehen davon, verstehe ihr Algorithmus nicht, was ein Subjekt sei.

Gleichzeitig führe die Vermenschlichung von Maschinen, von Programmen oder Algorithmen zu einer Überhöhung der Maschinen – und degradiere die Kreativen zu Stifthaltern, die zu langsam und zu teuer sind.

Dabei könne KI einen Kreativen nicht hinreichend ersetzen. Eine Kooperation mit Menschen sei nicht möglich und wäre auch nicht auf Augenhöhe, der Wille zum Lösungsansatz sei nicht vorhanden – und zudem spiele in menschliche Kreativität noch viel mehr hinein, als mit bereits vorhandenen Bildern gefüttert zu werden.

Inspiration und Ideen können auch durch Musik entstehen, durch eine Erinnerung, durch einen Geruch oder Szenen aus der Kindheit. Das alles spiele in den komplexen kreativen Prozess hinein und dazu wäre die KI einfach nicht fähig.

Und im weitesten, aber auf jeden Fall im lustigen Sinne, passt ein Post dazu, der gerade auf Instagram herumgeistert: »To replace creatives with AI, clients will need to accurately describe what they want. We’re safe.«

Bild: Jan Zappner/re:publica
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