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Kostenlose Entwürfe, bitte!

Wieder einmal erreichen uns Klagen über unfaire Bedingungen bei einer Designausschreibung

Der Verein Deutsche Turnfeste e.V. hat jüngst einen Wettbewerb fürs Corporate Design des Internationalen Turnfests Leipzig ausgeschrieben. Keine ganz kleine Veranstaltung, über 80000 Teilnehmer waren 2017 in Berlin dabei gewesen. Die Designagentur Yomomo aus Recklinghausen war an der Ausschreibung für Leipzig interessiert – doch über die Bedingungen ist Designer André Abbenhaus entsetzt: Von allen Wettbewerbsteilnehmern werden zunächst kostenlose Entwürfe erwartet.

Das Angebot, so heißt es unter anderem in der Ausschreibung, müsse »aus dem Vorschlag für ein Corporate Design (dieser wiederum bestehend aus Logo, Claim, beispielhafter Designidee für eine Veranstaltung) und ausgefülltem Preisblatt« bestehen.

Dies und anderes führte natürlich zu Nachfragen bei den interessierten Designern. Telefonische Auskünfte verweigert der Veranstalter. Stattdessen gab es ein PDF, das die gesammelten Fragen zur Ausschreibung beantwortet und das André Abbenhaus uns weiterleitete. Man möchte kaum glauben, was da Schwarz auf Weiß zu lesen ist.

 

Entwurfskosten erstatten unmöglich

Nehmen wir die Antwort auf die Frage: »Ist für die Einreichung der Entwürfe ein Honorar bzw. eine Aufwandsentschädigung vorgesehen?« Da heißt es ganz locker: »Nein, Bieter haben die Kosten ihres Angebots zu tragen. Da der Auftraggeber als Zuwendungsempfänger strengen rechtlichen Regelungen unterworfen ist, besteht grundsätzlich nicht die Möglichkeit, im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung einer Vielzahl von Bietern ihre Entwurfskosten zu erstatten.«

Wie bitte, kostenlose Entwürfe, zumal bei einer unbekannten Anzahl von Bewerbern? Das kann doch nicht sein. Jemand anderer hat nochmal gefragt: »Habe ich es richtig verstanden, dass der gesamte Gestaltungsprozess für die Logoentwicklung, Claim und Gestaltungsbeispiele für 4 Medien (also damit die gesamte Rahmengestaltung/Corporate Design) Teil der unbezahlten Wettbewerbseinreichung ist?« Antwort des Vereins: »Logo-Vorschlag, übergreifender Claim und beispielhafte Designidee sind Teil des einzureichenden Angebots, das ist korrekt.«

 

Keine Angaben zum Projekt-Etat

Weiterhin wurde nach weiteren Zuschlagskriterien und dem zur Verfügung stehenden Etat gefragt. Darauf hieß es: »Die Zuschlagskriterien sind in der Bekanntmachung aufgeführt (s. dort Nr. 14): Preis und vorgeschlagenes Corporate Design einschließlich Logo und Claim zu gleichen Teilen, also jeweils 50 Prozent. Es besteht keine Verpflichtung für einen Auftraggeber, seine Kalkulationen oder Projektetats im Rahmen einer Ausschreibung offenzulegen.«

 

Und wer setzt den Entwurf nachher um?

Nicht mal dazu gibt es Angaben. »Der Auftraggeber hat noch nicht entschieden, in welcher Form die Elemente des Corporate Design später angewendet bzw. umgesetzt werden. In Betracht kommen Mitarbeiter, Honorarkräfte, Dienstleister oder der in diesem Vergabeverfahren ausgewählte Bieter. Zu diesem Zweck werden die Preise für ergänzende Arbeiten abgefragt (s. letzte Position des Preisblatts).«

 

Nachhilfe für Design-Ausschreibungen

Wir wollen mal annehmen, dass es sich hier nicht um bösen Willen, sondern Unwissenheit handelt. Beim Hessischen Landtag hat André Abbenhaus ähnliche Bedingungen bei einer Ausschreibung vorgefunden, bei der es um die grafische Überarbeilung diverser Printmedien geht.

Es scheint vielen Auftraggebern nicht bekannt zu sein, dass Entwürfe schlicht so aufwändig sind, dass sie Teil der zu bezahlenden Leistung sein müssen. Ein ähnliches Missverständnis gab es kürzlich auch beim Bundesministerium für Bildung und Forschung, als es einen Wettbewerb für die Zukunft der Arbeit aufrief. Von den Kreativen auf den Fehler hingewiesen, tat das Ministerium das einzig Richtige: Es ließ sich vom betreffenden Berufsverband der Gestalter – in diesem Fall der Illustratoren-Organisation – über eine faire Honorierung beraten.

Dem Verein Deutsche Turnfeste e.V. sowie dem Hessischen Landtag empfehlen wir ebenfalls eine Beratung durch Fachleute, etwa durch die AGD Allianz deutscher Designer e.V. oder den BDG Berufsverband der deutschen Kommunikationsdesigner e.V.

Und noch ein Hinweis an alle, die solche Ausschreibungen starten: Wer die Arbeit von Designern so geringschätzt, wird mit Sicherheit keine guten Gestalter finden – denn die machen das nicht mit. Kein Wunder, wenn am Ende bei Aufträgen dieser Art immer nur höchst mittelmäßige visuelle Ergebnisse herauskommen.  

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Das ist ein politisches Problem, nicht neu und nicht gelöst. Ohne Lobby (die Berufsverbände lassen hier Engagement vermissen), entsprechende Vorgaben und Kolleg·innen, die diese Ausschreibungen immer wieder bedienen, wird sich nichts ändern.

    Ein Post aus dem vergangenen Jahr:
    13. September 2018 ·

    Aus aktuellem Anlaß (kein „Aufschrei“ weit und breit):

    Gestern wurde ich (nicht zum ersten Mal) zu einem Ausschreibungswettbewerb eingeladen, der als Teilnahmebedingung das Erbringen kostenloser Design-Leistungen voraussetzt.

    In diesen, sehr oft mit öffentlichen Geldern finanzierten Ausschreibungen, werden künstlerische Kreativleistungen (also das, was meine Arbeit im Vergleich zu der meiner Kolleg·innen unterscheidbar und einzigartig macht) eingefordert. Darüberhinaus werden die Leistungen von Gestalter·innen als reine Dienstleistung behandelt (Mindestlohnniveauhonorare, Preisgabe sämtlicher Rechte, Abwälzung jeglicher juristischer Verantwortung, u.ä.).

    Solange solchen Rahmenbedingungen entsprochen wird, wird sich selbstredend nichts ändern. Die Aussage „Wir haben nicht mehr Geld.“ bezeugt lediglich den Unwillen logisch zu denken. Denn würde eine (auch) monitär angemessene Wertschätzung ins Bewusstsein von Auftraggebern und Vergabestellen Einzug halten, würde die im Grunde einem gesunden Menschenverstand entspringende, veränderte Verteilung der Mittel, schon im vorhinein derartige Zumutungen verhindern.

    “Es gibt kein richtiges Leben im falschen.”

    https://youtu.be/essNmNOrQto

  2. Ich bin immer wieder amüsiert über die Unverschämtheit und Frechheit mit der das Ansinnen nach unbezahlten Kreativansätzen kommuniziert wird! Es ist unseriös, und beleidigend von qualifizierten, studierten und gut ausgebildeten akademischen Fachkräften (ich rede gerade von Diplom-Designern mit einem Studium von mindestens 10 Semestern) unbezahlte kreative Arbeit zu fordern.

    Die einzige Antwort: Machen Sie es wie ich (standhaft seit über 30 Jahren) – Ignorieren Sie jede Aufforderung zu unbezahlter Arbeit! Der Einstieg ist immer ein Stundensatz von mindestens EUR 100.- und kann sich steigern auf EUR 300.-! Für alles darunter lohnt es sich nicht Hand und Hirn anzulegen.

  3. …. Halt nicht mitmachen.

  4. Unglaublich, aber leider erfahren wir das ziemlich oft. Manchmal fragen diese Leute sogar, ob man mal so zwei / drei Logos machen kann, damit sie sehen können, ob es gefällt….
    Grundsätzlich antworten wir gar nicht auf solcherart Anfragen.

  5. .„Wer die Arbeit von Designern so geringschätzt, wird mit Sicherheit keine guten Gestalter finden – denn die machen das nicht mit.”
    Dies möchte ich doch stark anzweifeln … billiger geht doch immer.

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