Von bewusster Selbstwahrnehmung über nachhaltige Produktdesigns bis zu empathischen Jobsimulationen: Diese experimentellen Konzepte der Innovationsagentur Indeed zeigen, wie künstliche Intelligenz unser Leben verbessern könnte.
Designer, überlasst die Zukunft nicht den Techies! So lautet die Botschaft der Hamburger Design- und Innovationsagentur Indeed. Sie plädiert für menschenorientierte Innovation – und dafür, dass Gestalter einen festen Platz im Strategie- und Entwicklungsprozess neuer Produkte und Services einnehmen müssen – auch und besonders dann, wenn künstliche Intelligenz im Spiel ist. »Designer können mehr als Interfaces gestalten, wenn es um KI-Anwendungen geht«, ist Indeed-Geschäftsführer und -Inhaber Karel Golta überzeugt. »Wir müssen weiter denken: Was ist mit künstlicher Intelligenz möglich? Und wie können wir die Technologie nutzen, um die Welt besser zu machen und Gutes für die Menschheit zu tun?«
In internen Thinktanks beschäftigt sich Indeed regelmäßig mit Zukunftsthemen wie Future of Transport, Smart Packaging – oder eben mit künstlicher Intelligenz. Dabei denken die Designer ganz frei, entwerfen visionäre Moonshot-Konzepte und auch mal provokative Anwendungen, um den Kopf zu öffnen und eine Diskussionsgrundlage zu schaffen, auf der sie mit Unternehmen und anderen Gestaltern konzeptuell weiterspinnen können. Fragen nach der Mach- und Umsetzbarkeit der Projekte sind in dieser Phase zweitrangig. Aber Leute mit den dafür notwendigen Kompetenzen sind immer willkommen! Im Rahmen von KI entwarf das Designteam drei Konzepte für gänzlich unterschiedliche Services, die auf künstlicher Intelligenz beruhen und unser Leben besser machen könnten.
Mood Index
Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zu mehr Wohlbefinden
Was tut mir wirklich gut? Wann und bei welcher Tätigkeit fühle ich mich am besten? Im hektischen Alltag kommt die bewusste Selbstbetrachtung oft zu kurz. Die App »Mood Index« regt dazu an, innezuhalten und sich dieser Selbstreflexion zu widmen. Sie erfasst die aktuelle Stimmung des Nutzers, spiegelt sie ihm wider und erinnert den User sanft daran, auf sich selbst zu achten. Dafür analysiert sie mittels Bildschirm- und Handykamera die Mimik und Gestik des Nutzers, seine Stimme, Gesundheitsdaten wie Pulsschlag und Körpertemperatur über eine Smartwatch sowie seine Bewegungsdaten via Geolokation. Mithilfe von künstlicher Intelligenz kombiniert die App diese vier Faktoren und bildet daraus ein Gesamtbild, den »Mood Index«.
»Augmented Intelligence hat das Potenzial, unsere menschlichen Fähigkeiten zu
verstärken – ohne Bevormundung« Karel Golta, Geschäftsführer und Inhaber von Indeed
Die App lernt ihren Nutzer mit der Zeit immer besser kennen und ist so in der Lage, personalisiertes Feedback zu geben und Aktivitäten vorzuschlagen, die seine Stimmung heben könnten. Den Designern war bei diesem Konzept wichtig, dass die App nicht aufdringlich oder bevormundend ist. Deshalb führt sie dem Nutzer seine Stimmung ganz dezent vor Augen – in Form eines kleinen personalisierten Avatars am unteren Rand des Computerbildschirms. Verschlechtert sich die Stimmung drastisch – ermittelt zum Beispiel über einen steigenden Puls, fahrige Bewegungen oder eine zittrige Stimme –, meldet sich der Mood Index aktiv und warnt den Nutzer per Vibration über die Smartwatch. Der Alarm impliziert: »Was ist los? Kannst du etwas tun, damit es dir besser geht?«
Auf aktive Nachfrage des Users via Chat gibt die App Tipps, mit welchen natürlichen Maßnahmen und Ritualen er seine Stimmung aufhellen könnte. Basierend auf seiner Stimmungshistorie und der aktuellen Situation schlägt die App dem Nutzer beispielsweise vor, mit einem Freund laufen zu gehen – nach dem Motto: »Das hast du lange nicht gemacht, und dabei geht es dir ziemlich gut!«
Eine solche Nutzung KI-gestützter Datenerhebung und -analyse könnte zum bewussteren Umgang mit sich selbst anregen und langfristig die geistig-körperliche Gesundheit und das Wohlbefinden fördern.
Solid Impact
Nachhaltigkeit in all ihren Formen
Wohl kein Designer will mit seinen Produkten die Welt schlechter machen, indem diese die Umwelt belasten, soziale Ungleichheit fördern oder Unternehmen in den Ruin treiben. Dennoch ist dies relativ häufig der Fall. Wie wäre es, wenn es eine Software gäbe, die einem die Auswirkungen von Designkonzepten in Echtzeit anzeigt – und zudem darstellt, wie sich das Design zugunsten verschiedener Faktoren verändern würde? Das ist die Grundidee hinter »Solid Impact«, einem Plug-in für das CAD-Programm SolidWorks, mit dem Produktdesigner Zeichnungen und 3D-Modelle erstellen. Das von Indeed erdachte KI-Plug-in simuliert die Auswirkungen eines Designs auf wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte – nämlich Materialeffizienz und -kosten, Wiederverwertbarkeit, CO2-Fußabdruck, Konfliktpotenzial und Produktlebenszyklus. Die Informationen hierfür könnte sich die KI aus Datenbanken von Herstellern, Händlern, NGOs oder auch von der Weltgesundheitsorganisation ziehen.
»In einer vernetzten Welt reduziert KI systemische Komplexität: Die kreative Entscheidung verbleibt beim Designer« Karel Golta
Will man einen der genannten Aspekte optimieren, lässt sich mithilfe eines Toggles eine neue Simulation erstellen: Verschiebt man bei einem Entwurf für einen Stuhl den Schieberegler etwa zugunsten der Materialeffizienz, schlägt Solid Impact ein neues Design vor, in dem vier statt fünf Teile verbaut sind. Legt man mehr Wert auf Recyclingfähigkeit, zeigt es die Option eines Stuhls aus nur einem Teil. Je nach Präferenz könnte man mit so einem KI-System also nachhaltigere Produkte bauen – oder zumindest das Bewusstsein von Designern für die Auswirkungen ihrer Produkte auf Erde und Gesellschaft schärfen.
Future of Work
Das Berufsinformationszentrum der Zukunft
Virtual Reality gibt uns die Möglichkeit, in fremde Welten einzutauchen, neue Perspektiven einzunehmen und Dinge und Orte zu erleben, die für uns im echten Leben unerreichbar sind. Diese Simulationsfähigkeit nutzt das Konzept »Future of Work« und kombiniert sie mit künstlicher Intelligenz, um Menschen in die Rolle verschiedener Berufe schlüpfen zu lassen.
»KI und Design werden große gesellschaftliche Herausforderungen – wie lebenslanges Lernen – gemeinsam lösen« Karel Golta
In einer Art Jobcenter der Zukunft tauchen Besucher mittels VR-Soft- und -Hardware in neue Berufswelten ein und können so ausprobieren, ob ein bestimmter Karriereweg etwas für sie wäre. Der KI kommt dabei die Aufgabe zu, die notwendigen Daten zu sammeln und zu analysieren, um aus ihnen eine realistische Simulation zu erstellen. Zudem untersucht sie die Nutzung der Anwendung, um sie stetig zu optimieren und Feedback an Mitglieder der Berufsgruppe zu geben. Wie das Ganze aussehen könnte, zeigt dieses Storyboard:
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