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Keine TYPO Berlin 2019

Seit über zwei Jahrzehnten gibt es die Designkonferenz TYPO Berlin. Sie ging aus der von Neville Brody initiierten FUSE95 hervor, wurde erst von FontShop veranstaltet, dann von Monotype – und jetzt das Aus?

Foto: Norman Posselt

Vieles war wie immer, manches war anders, doch das gab es noch nie: Bei der großen Danksagung vor dem letzten Vortrag der diesjährigen TYPO Berlin im Mai wurde weder ein Termin noch ein Thema, noch ein Veranstaltungsort für 2019 genannt. Pro­gramm­direktor Jürgen Siebert und Konferenz­ma­na­ger Bernd »Benno« Rudolf verkündeten lediglich, dass ihr »Wohnzimmer«, das Haus der Kulturen der Welt, nicht zur Verfügung stehe. Der große Saal wer­de umgebaut. 400, äußerst unbequeme Sta­dion­sitze vor der Bühne hatten dies bereits erahnen lassen.

Doch nun die Nachricht: Eine TYPO Berlin 2019 wird es nicht geben. Nicht, weil sich in Berlin keine neue ­Location gefunden hätte, sondern weil der ­TYPO-Veranstalter Monotype Mitte Juni im Rahmen seines Efficiency-Programms beschlossen hat, sich von unrentablen Produkten, Marken und Abteilun­gen zu trennen: darunter die TYPO Berlin und ihr Orga­nisationsteam unter der Leitung von Benno Ru­dolf. Das kam auch für Jürgen Siebert, Director DACH Mar­keting & Events bei Monotype, völlig unerwartet, wenngleich durchaus nachvollziehbar: Ein Groß­teil des weltweiten Marketingbudgets floss auch 2018 wieder in das lokale Event, während das Gros der Monotype-Umsätze außerhalb Deutschlands in Ame­rika, Asien und im Rest Europas erwirtschaftet wird. Der Aufwand steht für den Konzern in keinem Verhältnis zum Nutzen.

»Die dreitägige TYPO Berlin war für europäische Designer immer der Pflichttermin im Mai« Jürgen Siebert, Director Marketing DACH & Events, Monotype

Monotype versuchte noch, die seit 1996 stattfindende Designkonferenz samt Brand und Team in neue Hände zu legen. Sehr intensive Gespräche führten in der Kürze der Zeit aber zu keinem positiven Ergebnis. Es wären extreme Veränderungen vonnöten gewesen, um die TYPO wirtschaftlich, also sich selbst tragend, durchführen zu können, doch diese Eingriffe hätten letztendlich auch den Markenkern betroffen. Ohne großes Marketingbudget ist eine TYPO in gewohnter Form nicht realisierbar. Schon zu FontShop-Zeiten hatte man den im Jahrestakt stattfindenden Kongress immer auch als Triebfeder und imagebildende Maßnahme für das Kerngeschäft gesehen und darum aus anderen Töpfen mitfinanziert. Ein kostspieliger Konferenzableger musste wieder eingestellt werden: Die TYPO London fand lediglich zweimal statt.

Auch unter Monotype entwickelte das TYPO-Team weitere Formate, zum Beispiel die TYPO Labs, die Brand Talks und die Brand Days. Letztere werden im kommenden Jahr fortgesetzt: in London, San Francisco und New York, unter der Leitung von Jürgen Siebert. Ob es 2020 vielleicht wieder eine TYPO Berlin beziehungs­weise ein Nachfolge-Event geben wird, steht in den Sternen, ist aber nicht ausgeschlossen.

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Mit der Typo hat ein grossartiges Team über Jahrzehnte eine einzigartige Veranstaltung geschaffen, die ja bei weitem nicht nur Typografie thematisierte, sondern herausragende Persönlichkeiten zu wichtigen Themen der Gestaltung, der Gesellschaft und der Kultur an einem besonderen Ort versammelt hat. Die Qualität, die Atmosphäre, die Location – ich bin mir sicher, dass FontShop als eigenständiges Unterehmen die Typo niemals abgeschafft hätte. In den letzten Jahren ist das Format sicherlich etwas zu sehr aufgebläht gewesen: weniger Bühnen, weniger Workshops, weniger Sprecher – das hätte dem Konzept nicht geschadet und hätte auch Kosten gespart.

    Monotype wird sicherlich einiges bezahlt haben für die Übernahme von FontShop. Nun hat Monotype den Typo-Machern den Geldhahn zugedreht. Das Publikum der Typo war bestimmt nicht unbedingt geprägt von der Zielgruppe, die sich ein Player wie Monotype wahrscheinlich wünschte. Der Anteil von Studenten war immer beachtlich. Wenn Monotype jetzt nur noch Brand Days weiterführt, dann erhofft man sich dadurch ein Publikum, das sich vor allem aus Entscheidern von Top-Agenturen und Top-Unternehmen zusammensetzt. Hier lässt sich das eingesetzte Marketingbudget dann intern sehr viel besser rechtfertigen. Aber ein Brand Day ist eben nicht vergleichbar mit einer Typo.

    FontShop hat durch seine Gründer nie nur die Unternehmen als Zielgruppe gesehen, sondern eine gesellschaftliche Verantwortung verkörpert – Typografie und Gestaltung sind Faktoren, die nicht nur Marken betreffen, sondern eben auch Kultur, Demokratie, Wissenschaft, Gesellschaft, …

    Ich hoffe sehr, dass deshalb Jürgen Siebert, Erik Spiekermann und einige andere an einem neuen Konzept und anderen Finanzierungsmöglichkeiten für eine Typo Berlin Reloaded arbeiten.

    Allerdings hat sich jetzt den seit Jahrzehnten traditionellen Typo-Termin Ende Mai bereits eine andere gute Konferenz geschnappt – die CXI in Bielefeld ist seit Jahren genau das, was Monotypes Brand Days auch sind. Da die CXI Brand-Konferenz an eine Hochschule angegliedert ist, sind die Kosten dafür sicherlich geringer.

    Jetzt hoffen und freuen wir uns auf eine Typo 2020 in Berlin.

  2. Schade ein Ort der Inspiration, Austauschs und Fachkompetenz ist Geschichte! Es ist zu hoffen dass das nicht der Schlusspunkt ist.
    Die Veranstaltung und die Stadt sind ein muss für mich und viele interessante Medien schaffende, davon war und bin ich überzeugt.
    Dass es ein Verlustgeschäft war, finanziell kann ich nachvollziehen, verstehen dass Kultur kostet tue ich aber auch. In Diesem Sinne denke ich dass es weitergehen muss schon nur wegen des Aspekts der Kultur welcher ich mich beraubt fühle und ein weiteres Beispiel für die Macht des Gewinn Denkens? Verlust muss nicht sein, klar aber eben auch kein Kulturverlust!
    Bleibt zu hoffen dass wir uns 2020 wiedersehen und uns austauschen können!

  3. Die Typo ist eine herausragende Veranstaltung, die ich in 4 Jahren besucht habe. Das “Haus der Kulturen” und die Redner haben meinen Vorstellungen perfekt entsprochen, auch wenn nicht jedes Motto immer ganz “meins” gewesen ist. Es wäre unglaublich schade, wenn die Typo 2020 keinen neuen Veranstalter findet, denn eine solche Konferenz ist – zumindest in Deutschland und Umland – einzigartig. Ich vermisse sie jetzt schon.

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