Johannes Erler will’s noch mal wissen: Nach 18 Jahren steigt es aus der von ihm und Olaf Stein gegründeten Agentur Factor Design aus und macht sich mit dem Bureau Johannes Erler erneut selbstständig. Im PAGE-Interview erzählt er, warum.
Johannes Erler will’s noch mal wissen: Nach 18 Jahren steigt es aus der von ihm und Olaf Stein gegründeten Agentur Factor Design aus und macht sich mit dem Bureau Johannes Erler erneut selbstständig. Im PAGE-Interview erzählt er, warum.
Herr Erler, warum verlassen Sie Factor Design fangen noch mal neu an?
Mein Gründungspartner Olaf Stein und ich haben uns über die letzten Jahre auseinander gelebt. Es gab keinen Streit oder Unstimmigkeiten darüber, was Factor Design ist. Aber wir standen auf der Stelle und haben uns nicht mehr richtig wohl gefühlt. Wir haben lange und intensiv versucht, das Problem zu ergründen und an einigen Schrauben gedreht. Als es nicht besser wurde, mussten wir einsehen, dass es wohl vor allem an uns beiden liegt. Letztlich haben Olaf Stein und unser dritter Partner Uwe Melichar beschlossen, Factor Design zu zweit weiterzuführen und wit haben eine gute Lösung gefunden, wie alle auf ihre Kosten kommen.
Kein Abschiedsschmerz?
Natürlich ist es ein schmerzhafter Schritt, Factor Design nach so langer Zeit zu verlassen. Gleichzeitig ist es aber auch eine Chance für mich, noch mal aus dem Quark zu kommen. In Zukunft kann ich meine eigenen, persönlichen Entscheidungen treffen, ohne mich abstimmen müssen. So kann ich entschiedener an Dinge heran gehen und meine Vorstellungen von Design konsequenter umsetzen.
Was werden Sie anders machen?
Im Prinzip mache ich das weiter, was ich bisher gemacht habe. Also konzeptionell und gestalterisch hochwertiges Kommunikationdesign. Ich will zudem mehr beratend tätig sein. Corporate Design hat jenseits der Gestaltung auch eine starke strukturierende Komponente. Dabei geht es besonders um die interne Kommunikation: Wie stellt man sich zueinander auf? Wie stehen die Abteilungen zueinander? Wie schafft man Kommunikationsstrukturen, die so durchlässig sind, dass alle den Kern des Unternehmens auf die gleiche Wiese verstehen und weiter tragen können? Die interne Kommunikation muss strukturiert sein, um anschließend konsistent nach außen kommunizieren zu können. Dieses Thema wird mit den zunehmenden Kommunikationsmöglichkeiten immer wichtiger. Erstaunlicher Weise wird nicht oft darüber gesprochen, obwohl die Strukturierung interner Kommunikation eine große Stärke von Corporate Design ist. Das würde ich in Zukunft gerne verstärken und prüfe derzeit Verbindungen mit Partnern, z.B. aus der Unternehmensberatung.
Mutieren Sie zum Unternehmensberater?
Ich bin zu allererst Gestalter – und auch absolut begeisterter Gestalter. Ich liebe es, schöne und sinnvolle Dinge zu gestalten. Aber mit diesen anderen Themen wird man ständig konfrontiert. Man kann sich ihnen entweder stellen, sie als Möglichkeit begreifen und im besten Falle als Unternehmensmodell ausbauen. Oder man ignoriert sie und ist dann ständig genervt. Als Gestalter rutscht man schnell in eine blöde Situation: Man wurde geholt, um etwas Schönes zu gestalten und muss plötzlich unangenehme Berater-Fragen stellen. Gleichzeitig haben Gestalter bessere Möglichkeiten, bestimmte Probleme zu visualisieren und verständlich zu transportieren. Unternehmensberater kommunizieren oft sehr trocken – da haben wir ganz andere Möglichkeiten.
Haben Sie das denn schon Mal gemacht?
Konkret habe ich das bei Factor für zwei Kunden ausführlich und audrücklich gefordert umsetzen können. Im Grunde spielt es aber bei jedem Corporate Design immer eine Rolle. Jeder seriöse Corporate Designer findet sich ständig in solchen Situationen. Jetzt geht es darum, das Ganze zu operationalisieren und daraus ein richtiges Produkt zu machen. Den Namen muss ich mir allerdings noch einfallen lassen.
Wie viele Mitarbeiter hat das Bureau Johannes Erler?
Derzeit sind wir zu viert. Als Größe peile ich perspektivisch etwa acht Mitarbeiter an. Leider ist es immer noch so, dass große Unternehmen meist nach großen Agenturen suchen. Dabei entstehen die ersten Corporate-Design-Prozesse meist in kleinen Teams und erst bei der Umsetzung wird der Rahmen größer. Ich kann also auch mit einer kleinen Agentur jede Größe von Unternehmen beraten und einen gestalterischen Prozess anstoßen. Vielleicht will ich auch wieder größer werden, wenn die Chance dazu besteht. Das wird sich dann zeigen. Momentan möchte ich aber lieber klein bleiben. Factor hatte zuletzt knapp über 20 Mitarbeiter und es gibt ja noch wesentlich größere Designbüros. Ich habe mich in so großen Strukturen persönlich nie wirklich wohl gefühlt, weil ich gerne viel selbst mache.
Stehen Sie nun in direkter Konkurrenz zu Factor Design? Wie verlief die Trennung?
Wir haben es so gelöst, dass jeder die Jobs behält, die er auch vorher betreut hat. So bleibt der größere Teil bei Factor, weil die beiden zu zweit sind und weil ich in den vergangenen zwei Jahren viel in der Lehre gemacht habe, in Jurys saß und daher weniger Kunden persönlich betreut habe. Mein Teil reicht für das kleinere Bureau aber vollkommen aus. Und der Umsatzanteil, den ich nicht mitgenommen habe, ging auf mein Gründungskapital ein. Das lief alles sehr entspannt ab und entsprechend fühle ich mich auch.
Werden Sie die Lehre und Jury-Arbeiten fortführen?
Ich bin seit einem halben Jahr Fachvorstand Editorial beim ADC und das mache ich auf jeden Fall weiter. Meine zweijährige Gastprofessur endet im Sommer, aber ich würde gerne weiterhin mit Studierenden zusammen arbeiten. Gleichzeitig muss ich mich jetzt erstmal darauf konzentrieren, das neue Bureau in Gang zu kriegen.