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Gender Pay Gap ist in der Werbebranche am höchsten

Das zeigt eine aktuelle branchenübergreifende Studie mit erschreckender Entgeltlücke – Designerdock appelliert …

© Compensation Partner

Insbesondere vor dem Hintergrund aktueller Gesetzentwicklungen ist das Thema Gehaltsdifferenzen zwischen Männern und Frauen weiterhin diskussionswürdig. Vor allem die Werbebranche betreffend. Personalberatungsnetzwerk Designerdock nimmt Stellung zu einer kürzlich veröffentlichten Studie »Entgeltmonitor 2017« von Compensation Partner, die wenn man ihr Glauben schenken darf, sehr zu Ungunsten von weiblichen Beschäftigten ausfällt.

Laut der branchenübergreifenden Studie verzeichnet Werbung & PR in den höheren Gehaltssegmenten eine problematische Entgeltlücke von 12,9 Prozent. Die höchste im Vergleich zu anderen Bereichen. Lediglich das Gesundheitswesen liegt mit 12,4 Prozent knapp darunter. In den unteren Segmenten lautet die Prozentzahl in der Werbung wenigstens nur 3,9 Prozent. Bei Backend-Softwareentwicklern unter 30 Jahren in einem Unternehmen mit sechs bis 20 Mitarbeitern beträgt die Entgeltlücke beispielsweise 5,1 Prozent. Wie ist der Gender Pay Gap zu erklären und was sollte dagegen unternommen werden?

Das neue »Gesetz zur Förderung von Transparenz von Entgeltstrukturen«, das voraussichtlich am 1. Juni 2017 in Kraft treten soll, so heißt es beim Handelsblatt, möchte zukünftig verhindern, dass Frauen bei gleicher Arbeit weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Aber wird sich dahingehend ein gesellschaftlicher Wandel vollziehen?

Ergänzend zu den Informationen und Statements von Designerdock zeigt eine andere aktuelle Studie des Stuttgarter Digital-Startups Filestage zum Thema »Frauen in Führungspositionen in der Werbe- und Filmwirtschaft« ebenso unausgeglichene Zahlen, insbesondere in der Filmwirtschaft. Dort sollen angeblich 90 Prozent der Fördergelder an von Männern geleitete Projekte vergeben werden. Filestage untersuchte insgesamt 986 Werbeagenturen sowie 920 Filmproduktionen an sieben Standorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zu dieser Studie gibt es weiter unten im Beitrag aufschlussreiche Zahlen und Grafiken.

 

Statements

 

Birgit Bischoff, Geschäftsführerin des Düsseldorfer Designerdock, meint, dass die Gehaltsunterschiede nur dann ausgeräumt werden können, wenn der Gender Care Gap angepasst wird:

»Erst wenn Wahrnehmung und Möglichkeiten sich ändern und geschaffen werden (wie zum Beispiel Kitas, flexible Arbeitszeiten, etc …) werden Gegenargumente für ein gleiches Gehalt durchsetzbar sein.

Also Gender Care Gap vor Gender Pay Gap«

Mit dem neuen Gesetz hat man wichtige Schritte eingeleitet. Das gilt branchenübergreifend. In Bezug auf die Werbebranche ist die Zahl von 12,9 Prozent im Vergleich zu den anderen Bereichen jedoch erschreckend.

»Und nicht überraschend zugleich«

meint Geschäftsführerin von Designerdock Berlin, Kristin Louis.

Sie schildert, dass sie in 15 Jahren Recruiting-Erfahrung eher als Vermittler sowie Aufklärer fungiert, in dem sie den weiblichen Bewerbern als beratende Funktion hinsichtlich der Gehälter zur Seite steht, damit diese den männlichen angeglichen werden. Wettbewerbsorientiertheit liege mehr den männlichen Persönlichkeiten.

Die Gehaltsdifferenz führt in manchen Fällen dazu, dass sich Frauen ungerecht behandelt fühlen.

Robert Mende, Geschäftsführer des Hamburger Designerdock’s, appelliert deutlich an Arbeitgeber: »Würden mir so konkrete Zahlen von Agenturseite vorgelegt werden, könnte ich nur den gut gemeinten Rat geben:

Wer billig einkauft, kauft teuer.

(…) Liebe Arbeitgeber, seid schlau, schafft euch klare Wettbewerbsvorteile, indem ihr Gender-spezifische Gehaltsunterschiede ausgleicht und macht eure Gehälter im extremsten Fall sogar transparent

Ein Gehaltsausgleich würde am Ende auch immer den Agenturen selbst zugute kommen, da Transparenz Vertrauen erzeuge und Personal-Fluktuation abnehmen würde, sagt er.

Ein brisantes Thema, das wie schon zu Beginn des Beitrags erwähnt, gerade vor dem Hintergrund des neuen Gesetzes reichlich Diskussionspotenzial bietet. Die gesamte Studie gibt es hier. Compensation Partner veröffentlichte ergänzend auch eine Infografik, die branchenübergreifende Infos darstellt, unter anderem nach Alter, Berufsgruppen sowie Firmengröße gelistet. Die oben gezeigte Grafik ist ein Ausschnitt daraus.

 

Trendstudie

 

Die Studie von Filestage gibt weitere Zahlen an die Hand: Nur 19 Prozent der Führungspositionen in der Kreativbranche seien von Frauen besetzt, 17 Prozent in der Filmwirtschaft und 21 Prozent in Werbeagenturen. In den Werbeagenturen würden Frauen 37 Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen.

Laut der Ergebnisse haben weibliche Studien-Absolventen geringere Chancen auf einen Job in der Filmbranche und würden auch viel weniger gefördert. Bei der Vergabe von Fördergeldern gingen Projekte von Frauen nahezu leer aus – »90 Prozent aller Fördermittel im Filmgeschäft fließen an Projekte, die von Männern geleitet werden«, so die Trendstudie.

Anteil der Frauen in Führungspositionen in der Werbewirtschaft
Bild: Filestage
1/5
Anteil der Frauen in Führungspositionen in der Filmwirtschaft
Bild: Filestage
2/5
Geschlechterverteilung Filmproduktionen
Bild: Filestage
3/5
Geschlechterverteilung Kultur- & Kreativwirtschaft
Bild: Filestage
4/5
Geschlechterverteilung Werbeagenturen
Bild: Filestage
5/5

Auch interessant zum Thema: PAGE berichtete bereits Ende 2016 über das brisante Thema »Gehälter in Werbeagenturen und Unternehmen«

Ein Gespräch mit Christian Rätsch, CEO von Saatchi & Saatchi Deutschland: »In Agenturen kann man schneller auf ein hohes Gehaltsniveau springen als in der Industrie«

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Vielen Dank für die ausführlichen Kommentare zu diesem Beitrag!

  2. Das Thema ist leider sehr komplex, denn da spielt eine stereotype Familienpolitik mit rein, die Frauen vermehrt auf der Sorgearbeit sitzen lässt. Somit können sie oft nicht mehr arbeiten, als Ihre männlichen Kollegen. Und bekommen damit nebenbei ein Unsicherheitmakel wegen möglicher plötzlich erkranker Kinder. Somit wird Vätern oder Männern der Vorzug auf der Karriereleiter gegeben.

    Das lief übrigens in den Sozialistischen Ländern ausgeglichener unter den Geschlechtern. Die Sorgearbeit wurde von den Kinderkrippen übernommen. Die Frauen wurden in ihren Rollen als Genossin weitestgehend akzeptiert. Der Gendergap ist hier nicht so ausgeprägt.

    Klar gibt es auch Ausnahmen. Ein Vater, der in Elternzeit geht, hat bedeutend weniger Aufstiegschancen als seine männlichen Kollegen, die immer vor Ort sind und zur Verfügung stehen und sich unabhängig einsetzen können. Und solche Zeiten gibt es vermehrt in Agenturen. Darauf werden sich die wenigsten Kollegen einlassen.

    Dann wirken Männer oft ernstzunehmender bei Kunden. Durch Körpergröße und tieferer Stimme wird unbewusst mehr Kompetenz vermittelt. Leider oft Bullshit, jedoch durchaus ein Fakt, der mit reinspielt und bei den leitenden wichtigen Positionen zu Männern greifen lässt und bei den “Nebenrollen” auf günstigere Frauen.

    Nicht zu vergessen, dass Männer sich überwiegend gerne zusammenrudeln. Klar ihre hierarchischen Reviere untereinender verteilen und sehr gern auf der Bühne stehen. Besonders die Werbebranche vereint sehr häufig extrovertierte Persönlichkeiten; Film und Theater ebenfalls. Dort braucht es Durchsetzungsvermögen. Eine Eigenschaft, die Frauen erziehungsbedingt nicht unbedingt gefördert wird, sondern erlernt werden muss. Wenn ein Mann durchsetzungsfähig ist, ist er ehrgeizig. Bei Frauen heißt es, dass sie Haare auf den Zähnen hat oder zickig ist.

    Männer machen die Pläne und das Grobe und die Frauen dürfen sich oft mit gewissenhafter Detailarbeit herumschlagen und zuarbeiten. Diese Tendenz ist, wenn wir genau hinschauen leider immer noch da.

    Ich war jahrelang Art Direktorin in einer mittelständischen, größeren Werbeagentur in einer Großstadt. Mein gleichgesetzter Kollege ging mit 1.000 € mehr nach Hause als ich. Obwohl er erst Jahre später eingestiegen ist. Das lag natürlich auch an seiner Steuerklasse, die seine Frau zwang mit Steuerklasse 5 nur halbtags einen Hungerlohn zu bekommen. (Rente adé).

    Später wurde ihm als Familenvater ein Produktionsleiterjob angeboten und mir als AD wurde gekündigt, als es wirtschaftlich eng wurde und sich die Agentur umstrukturieren musste. Nebenbei: “alte” Frauen sind nicht angesagt in Agenturen. Wo sitzen die 50+ Kolleginnen in den Agenturen? Wie würde das wirken? Das ist eine weitere Schattenseite in Agenturen.

    Die gesetzlich einforderbaren Vergleiche sind in Agenturen unrealistisch, weil Sie mindestens 6 oder mehr gleichrangige Kollegen nachweisen müssen und in welcher Agentur gibt es so etwas schon?

    Werbeagenturen sind sich sehr bewusst über Image und Wirkung und leben das weitaus stärker, als andere Unternehmen. Zudem fordert sie eine extreme wirtschaftliche und technologische Flexibilität.

    Bevor es jetzt an das beliebte Gender-Bashing geht, schauen Sie sich mal in Ihrer Agentur um und beobachten sie mindestens eine Woche ihr Verhalten und die Abläufe mal ganz genau und seien Sie ehrlich damit.

    Positive Beispiele, genderneutraler, respektvoller, wertschätzender Umgang und ein neues Denken in den Köpfen sind wünschenswert und willkommen. Nur die Zahlen beweisen, dass es an vielen Stellen noch lange nicht so weit ist. Warum sollten “durchsetzungsfähige, hart arbeitende” Männer nur aus irgendeiner abstrakten Gender-Ungerechtigkeit, dessen sich viele gar nicht bewusst sind, zurückstecken und von ihren umfangreichen Privilegien und erarbeiteten Positionen lassen?

  3. Hallo zusammen,
    interessantes Thema… leider voll mit politischen, sozialen und sonstigen Fallstricken.

    Laut Statistischem Bundesamt verdienen Frauen über alles gerechnet 21% weniger Lohn als Männer. Selbiges Amt kommt aber auch zu dem Schluss, dass Männer 23% mehr arbeiten als Frauen.
    Ebenfalls gibt es die sogenannte „bereinigte“ Statistik, die besagt, das bei der Betrachtung GLEICHER Jobs, Frauen nur noch etwa 2% – 7% weniger verdienen, als Männer. Die OECD kommt 2008 wiederum zu der Erkenntnis, das davon nur etwa 30% auf echte Diskriminierung zurückzuführen sind.
    Es gibt also nur ein Gender Pay Gap von 0,6% – 2,1%.
    Deshalb sollten wir über ganz andere Dinge sprechen: Was hält Frauen davon ab, in gleicher Weise Karriere zu machen und Geld zu verdienen, wie Männer (Kinderwunsch? Doppelbelastung Familie, andere berufliche Zielsetzungen, mangelndes Durchsetzungsvermögen?) Warum sind in den Studiengängen „Design“ über 75% der Studierenden weiblich – aber bei den Unternehmensgründungen und in leitenden Positionen ist es genau umgekehrt?
    Warum korreliert die Zahl der Frauen, die sich in Orchideenfächern ausleben, mit dem Grad an steigender Freiheit innerhalb der Gesellschaft in der sie leben?
    Warum steigt die Lohnungleichheit bei Frauen gleichmäßig mit deren Ausbildung an?

    Liebe Grüße an alle

    Olaf Deneberger
    (Seit 18 Jahren mit einer Agentur in Frankfurt selbstständig, im Deutschen Designer Club aktiv für den Vorstand tätig und begleitet den hessischen Wirtschaftsminister regelmäßig als Vertreter der Kultur- und Kreativbranche auf Delegationsreisen ins Ausland.)

    https://www.destatis.de/…/Dimension1/1_5_GenderPayGap.html
    https://de.wikipedia.org/wiki/Gender_Pay_Gap
    http://www.faz.net/…/frauen-werden-im-berufsleben-nicht…
    http://www.spiegel.de/…/gender-time-gap-frauen-arbeiten…
    http://www.oecd.org/employment/emp/40938563.pdf
    https://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_22_2015.pdf

  4. Interessanter Punkt, Moritz. Deine Erklärung könnte mit reinspielen.

    Dass einige (nicht alle) männlichen Geschäftsführer beim Gehalt etwas selbstbewusster sind als die weiblichen, sagt ja auch Geschäftsführerin von Designerdock Berlin, Kristin Louis. Es gibt wohl ebenso Realitäts-Gehaltschecks bei Frauen nach unten, so Designerdock, aber eben viel seltener.

  5. Interessant.

    Ich kenne das Studiendesign ja nicht.
    Bei meinen eigenen Erfahrungen 14 Jahre mit den Hierarchien in der Werbebranche:
    Kann es durchaus sein, dass sich in der Werbebranche männliche angestellte Geschäftsführer (diese gehobenen Stellen mit Personalverantwortung) , die gleichzeitig auch die Gesellschafter sind, eben selbstbewusst mehr Gehalt genehmigen als Frauen als angestellte Geschäftsführer? Und dass genau da deswegen die Schere am größten ist? Geschäftsführende Frauen sind seltener als Männer gleichzeitig Gesellschafter, also die, denen der Laden auch gehört.

    Ist nur ein matter Erklärungsversuch für die Lücke, die oben am größten ist.

    Natürlich ist auch die Lücke in den mittleren und unteren Positionen mit nichts zu rechtfertigen.

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