Auf einmal reden alle über Framing. Alter Wein in neuen Schläuchen oder innovative neue Kreativtechnik? Wir sprachen mit Markenberater Mario Pricken über das Trendthema
Es ist ein großer Unterschied, ob in den Medien von »Flüchtlingen« oder von »Schutzsuchenden« die Rede ist. Ob in Talkshows über die »Herdprämie« oder über »Betreuungsgeld« diskutiert wird. Verschiedene Formulierungen für den gleichen Inhalt erzeugen beim Zuhörer unterschiedliche Reaktionen. Rahmt ein Absender seine Botschaften bewusst so ein, dass sie beim Adressaten bestimmte Gefühle hervorrufen, und lenkt die Kommunikation damit in die von ihm vorgesehene Richtung, spricht man von Framing.
Was in Politik und Lobbyarbeit eher kritisch gesehen wird, ist im Marketing gang und gäbe. Unternehmen und Marken einen Rahmen zu geben, ihnen eine Geschichte und Werte zuzuschreiben gehört zur strategischen Markenführung. Kreative greifen dabei laut Markenberater Mario Pricken aber noch eher unterbewusst auf Framing-Techniken zurück. Er plädiert dafür, diese systematischer einzusetzen. Indem man Rahmen aufbricht, neue Perspektiven eröffnet und überrascht, schaffe man Aufmerksamkeit und könne positive Einstellungen gegenüber Unternehmen und Marken hervorrufen. Wie gelungenes (Re-)Framing aussehen kann, zeigt Mario Pricken anhand von vielen Beispielen in seinem kürzlich erschienenen Buch »Think Outside the Frame«. Wir sprachen mit dem erfahrenen Kreativitätstrainer darüber, wie Framing genau funktioniert und was man dabei beachten sollten.
Warum spricht man eigentlich von Framing? Was ist ein Frame genau?
Mario Pricken: Alles, was Menschen seit ihrer Geburt über ihre fünf Sinne wahrnehmen, wird im Gehirn in Informationseinheiten gespeichert, die Psychologen als Frames bezeichnen. Hören Sie etwa das Wort »Müllkippe«, ruft dies in unserer Vorstellung gleich zwei negative Frames auf: »Müll« und »etwas wegkippen«. Sage ich hingegen »Entsorgungspark«, löst dies bei den meisten Menschen zweimal positiv besetzte Erinnerungen aus: »Entsorgung« steht für »von Sorgen befreien« und »Park« für eine grüne Umgebung mit frischer Luft. Somit erhält ein eher unangenehmes Thema durch einen neuen Namen eine positive Bedeutung.
Diese Prozesse laufen übrigens meist unbewusst und zudem blitzschnell ab. Doch die Wirkung ist enorm: Die beiden Wörter lösen komplett andere Emotionen aus, die Menschen letztlich auch zu unterschiedlichen Handlungen motivieren können. Ein weiteres Beispiel für gelungenes Framing: Neulich habe ich einen Smoothie gesehen, auf den die Uhrzeit gedruckt war, zu der er abgefüllt wurde. Mit dieser Sicht auf die Information »Frische« habe ich nicht gerechnet. Das macht mich in positivem Sinne aufmerksam auf das Produkt.