
Die besten Tipps und Tools, um unterwegs kreativ zu arbeiten
In der Bahn, im Coffeeshop, auf dem Handy und dem iPad – Gestalten ist längst nicht mehr nur am Desktop möglich. Wir zeigen fürs Mobile optimierte Tools und Workflows abseits vom Schreibtisch
Sobald sie mit ihrem Modell zufrieden ist, spielt sie wieder eine OBJ-Datei aus Nomad Sculpt über AirDrop auf ihren Mac und bearbeitet sie in Blender weiter, fügt Materialien, Lichter oder eine zuvor gebaute Szenerie hinzu. So kann sie die höhere Rechenleistung ihres Macs zum Rendern nutzen und dort die organischen Texturen aus Nomad Sculpt entsprechend der gewünschten Ästhetik glätten oder kleine Animationen hinzufügen.
»Ich schaffe mit dem iPad einen Flow zwischen meinen Händen und der Leinwand, und der Screen erlaubt mir, zu üben, zu experimentieren und fast wie mit realen Materialien zu modellieren«
Marietta Bernal, Freelance 3D Artist und Illustratorin, Buenos Aires
2. Fotoshootings in Lightroom managen
Wie der schottische Produktfotograf Andrew Lanxon mit iPad und Handy erste Edits testet und unterwegs Lightroom nutzt
Andrew Lanxon fotografiert sowohl professionell als auch privat – in seinem day job hat er eher mit Produkt- und Editorial-Shoots zu tun, während er in seiner Freizeit Makroaufnahmen in der Natur für Social Media und seinen YouTube-Kanal macht. Mindestens ein Mobilgerät hat er eigentlich immer dabei. »Ich arbeite mit dem kleinen iPhone Pro, oder wenn ich professionell unterwegs bin, nehme ich das 12,9-Zoll-iPad-Pro mit, für private Reisen reicht auch das Mini«, so Lanxon.
Seine Fotografien lädt er mit einem USB-C-CFexpress-Kartenlesegerät auf sein iPad. Lightroom und Capture One fürs iPad bieten aber mittlerweile auch eine Tethering-Funktion, über die man die Kamera direkt verkabeln und Bilder in Echtzeit auf dem Tablet anschauen kann. Während professionellen Fotoshootings zeigt Andrew Lanxon seinen Kund:innen erste Aufnahmen auf dem iPad, spricht mit ihnen über die Komposition und über unterschiedliche Einstellungen oder demonstriert in einem schnellen Edit via Lightroom-Preset, wie das finale Bild aussehen könnte. Zudem markiert er dabei gleich eine grobe Auswahl. Auf diese Weise muss er später für die tatsächliche Bearbeitung am Desktop nur Lightroom öffnen und kann direkt loslegen.

Manches lässt sich allerdings noch nicht effizient auf Mobilgeräten fertigstellen, weil nicht alle Tools auch auf dem iPad laufen. Gerade bei Produktshootings oder Makroaufnahmen hat Lanxon oft mehrere Bilder mit unterschiedlichem Fokus, die er in Lightroom mit dem Fokus-Stacking-Plug-in Helion Focus übereinanderlegt, um so eine höhere Tiefenschärfe zu erzeugen. Dafür verwendet er einen selbst zusammengebauten Windows-Rechner, der auch die entsprechende Leistung für die Bearbeitung seiner YouTube-Videos in Premiere Pro mitbringt. Unterwegs filmt Andrew Lanxon Videos allerdings auch auf dem iPhone und schneidet sie in der kostenlosen App LumaFusion auf dem iPad. »Das iPhone ist mein liebstes Kreativtool«, so Lanxon. »Damit habe ich eine mächtige Kamera und meine Editing-Programme immer dabei und kann meine Ergebnisse auch gleich auf Social Media teilen.«
»Das iPhone ist mein liebstes Kreativtool. Damit habe ich eine mächtige Kamera und meine Editing-Programme immer dabei«
Andrew Lanxon, Freelance Fotograf und Fotojournalist, Edinburgh
3. UX-Workshops mit FigJam
Warum der niederländische UX Designer Nick Groeneveld am liebsten mit Mobilgeräten arbeitet

Nick Groeneveld ist UX Designer, Researcher und Mentor für andere Kreative. Neben Apps und Websites für Kund:innen bietet er auch UX-Workshops an und betreibt die Plattform The Designer’s Toolbox, auf der er UX-Designer:innen Tipps gibt und Tool- und Technikrezensionen postet. In seinem Job ist er viel unterwegs. »Kann ich damit im Zug arbeiten? Kann ich in einem Workshop damit durch den Raum gehen? Das sind Fragen, die ich mir bei der Auswahl meiner Geräte stelle«, so Groeneveld.
Aktuell arbeitet er auf einem 14-Zoll-Laptop, den er im Büro an einen externen Monitor anschließt. Laut Groeneveld kann man als UX Designer aber auch rein mit einem Tablet, einer Bluetooth-Tastatur und einer Maus zurechtkommen. Unterwegs verwendet er meist das iPad Air 2022, das mit dem neuen M1-Chip mit ausreichend Power für seine täglichen Aufgaben ausgestattet ist. Dazu gehören User-Research und Konzeption mit der Miro-App sowie Design in Figma. In Workshops verwendet er zudem das Kollaborationstool FigJam, mit dem er auch vor Kund:innen präsentiert. Detailliertere Skizzen oder Illustrationen fertigt Groeneveld in Procreate an.
Das Wichtigste beim mobilen Arbeiten ist für ihn ein reibungsloser Workflow zwischen den Geräten. Er rät deshalb dazu, mobile Geräte passend zum Betriebssystem des Desktops anzuschaffen und in eine gute Cloud-Storage-Lösung zu investieren. Seine Daten tauscht der UX Designer zumeist über eine Dropbox oder seine Apple iCloud aus, von der er auch bestimmte Ordner für Kund:innen und Kollaborationspartner:innen freigeben kann.
Allerdings sieht Nick Groeneveld bei dem Thema Kollaboration noch Luft nach oben: »Nicht alle Standarddesigntools laufen mobil problemlos. Gerade in der Zusammenarbeit mit anderen Designer:innen stört das den Workflow, und in einer Agentur macht es Sinn, dass alle dieselbe Technik verwenden. Als Freelancer:in kann man experimentieren und den idealen Workflow für unterwegs finden.«
»Unterwegs reicht ein Lightweight-Tablet mit Bluetooth-Maus und Tastatur, um kreativ zu arbeiten«
Nick Groeneveld, Freelance UX Designer und Mentor, S’Hertogenbosch, Niederlande
4. Lettering in Adobe Fresco und Illustrator
Warum die US-amerikanische Typografin Alanna Flowers ihre Lettering-Kunstwerke am liebsten mit Adobe CC auf dem iPad erstellt
Illustrator:innen haben das iPad schon lange für sich entdeckt. Seit Procreate 2011 auf den Markt kam, ist die Entwicklung von Mobile-optimierten Zeichenapps nicht mehr zu stoppen. Lettering Artist Alanna Flowers nutzt am liebsten Adobes Creative Cloud. »Ich komme ursprünglich aus dem klassischen Grafikdesign«, erklärt die New Yorkerin. »Deshalb fühlt sich für mich das Adobe-Ökosystem sehr natürlich an, ich bin mit den Interfaces vertraut und kann dank der Cloud-Funktion meine Werke nahtlos mobil und auf dem Desktop bearbeiten.«
Zum Illustrieren nutzt Flowers Adobe Fresco, das explizit für das Zeichnen mit dem iPad und dem Apple Pencil optimiert ist. Die Hardware ist für sie allerdings nicht so wichtig, solange sie darauf ausreichend Platz zum Illustrieren hat. Heute nutzt sie ein iPad Pro mit 12,9-Zoll-Display. Darauf startet sie ihren Workflow mit einer kurzen Bildrecherche in der Pinterest-App und erstellt drei bis vier Thumbnail-Skizzen in Fresco, um mit Kund:innen über den Entwurf sprechen zu können.
Anschließend verfeinert Alanna Flowers die Details und kreiert eine detailliertere Illustration, die wieder freigegeben werden muss, bevor sie vektorisiert werden kann. Für diesen Schritt öffnet Flowers ihre Fresco-Illustration über die Creative Cloud am MacBook Air und exportiert sie als JPEG, das sie anschließend in Adobe Illustrator lädt und mit der Maus und dem Pen Tool vektorisiert. »Leider ist Illustrator eines der Programme, das auf dem iPad nicht wirklich gut läuft und auch schon länger kein Update erhalten hat. Deshalb bin ich zum Vektorisieren lieber am Laptop, wo ich das gewohnte Interface nutzen kann«, so Flowers.
Das vektorisierte Artwork kann die New Yorkerin anschließend in verschiedenen Variationen kolorieren, skalieren und weiterbearbeiten. Texturen und Effekte wie Schlagschatten oder Körnung kommen dann in Photoshop hinzu. Hier erstellt Flowers außerdem auch kleine GIF-Animationen für Social Media oder für die Websites von Kundinnen oder Kunden. An der Arbeit mit dem iPad genießt sie vor allem die Flexibilität im Alltag: »Mein iPad ist heute fast genauso leistungsstark wie mein Computer, nur dass ich darauf meinen kompletten Zeichenworkflow von der Skizze bis zum Posten auf Social Media an einem Ort habe – und das auch in meinem Lieblingscafé, wenn ich meine Familie besuche oder einfach mal draußen arbeiten will.«
»Das iPad hat meinen Workflow verschlankt. Auf einmal hatte ich alles, was ich brauchte, in einem Gerät – vom Illustrieren bis zum Teilen auf Social Media«
Alanna Flowers, Freelance Lettering Artist und Grafikdesignerin aus New York
Design on Mobile: What to get?
Denkt ihr darüber nach, euren Workflow um ein Mobilgerät zu erweitern? Stellt euch diese drei Fragen zuerst:
- Apple oder Microsoft?
Grundsätzlich immer das Ökosystem, mit dem ihr am meisten arbeitet. Allerdings gibt es einige Apps – wie Procreate –, die nur auf dem iPad verfügbar sind. Im iPad Air 5 (ab 770 Euro) ist der M1-Chip verbaut, der auch im iPad Pro und einigen iMacs für eine Leistung sorgt, die für grafische Arbeiten geeignet ist. Vergleichbar und mit einem etwas größeren Screen von Microsoft ist das Surface Pro 8 (ab 890 Euro).
- Welches Zubehör brauche ich?
Zeichnest oder modellierst du viel? Dann macht natürlich ein Touchpen Sinn. Der Apple Pencil und Microsofts Surface Pen funktionieren dabei in der Regel nur im heimischen Betriebssystem. Wer allerdings viel tippt oder mit Tastenkürzeln arbeiten will, sollte über Bluetooth-Tastatur und -Maus nachdenken, um auch unterwegs effizient arbeiten zu können. Dabei muss es nicht immer Apple oder Windows sein.
- Wie speichere ich meine Daten?
Ein kleiner interner Speicher reicht in der Regel aus – viel wichtiger ist eine gute Cloud-Storage-Lösung wie Dropbox, Apple iCloud oder Google Drive. Auf Mobilgeräten lassen sich diese als Apps downloaden und direkt als Speicherort nutzen, sodass eure Projekte immer online gesichert und verfügbar sind. 200 Gigabyte in Google Drive oder in der Apple iCloud gibt es für monatlich 2,99 Euro; 2 Terabyte kosten bei Dropbox 9,99 Euro im Monat.
Dieser Artikel ist in PAGE 06.2023 erschienen. Die komplette Ausgabe können Sie hier runterladen.