PAGE online

DesignOps: Making Design Work

Auf einmal reden alle von DesignOps – aber was ist das eigentlich genau? Wir haben das Buzzword unter die Lupe genommen und zeigen, wie man Design in Unternehmen integriert und koordiniert.

Grafik: Design Leadership Framework von Katharina Koberdamm

Die Kreativbranche ist besonders anfällig für Hypes. Immer wieder kommen neue Buzzwords auf und man muss entscheiden, ob es sich um alten Wein in neuen Schläuchen handelt oder um eine signifikante Neuerung, die den Designberuf ernsthaft wei­terbringt. Nun also »DesignOps«, kurz für »Design Operations«. Der Begriff wird vornehmlich im englischsprachigen Raum – speziell im Tech- und UX-Bereich – verwendet, doch schwappt er zunehmend auch auf deutschsprachige Gefilde und Unternehmen anderer Bereiche über.

Die meisten, die sich mit der Bezeichnung zum ersten Mal konfrontiert sehen, fragen sich: Ist das nicht Design Management? Die Antwort: Ja und nein. Tatsächlich ist DesignOps ein Teil von Design Management, nämlich – man ahnt es – der operative Part. Hier wird geklärt, wer was wie und wann in der Designabteilung eines Unternehmens macht. Das mag für Designer an sich nichts Neues sein, für viele Firmen aber schon. Und deshalb hat DesignOps – Hype hin oder her – nicht nur seine Berechtigung, sondern ist essenziell, um Design innerhalb von Unternehmen zu etablieren und zu entwickeln.

Design in Unternehmen – warum DesignOps?

Der Wert von Design für die Wirtschaft ist mittlerweile weitgehend anerkannt, mancherorts hat es die Diszi­plin auch auf die Geschäftsführungsebene geschafft. Aber was jetzt? Viele Konzerne holen sich zwar Designer ins Haus, wissen dann aber nicht, wie und wo sie sie in der Organisation verankern sollen. Das ergab auch eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung McKinsey, laut der 90 Prozent der befragten Konzerne nicht das volle Potenzial ihrer Chefdesig­ner ausschöpfen – weil sie diese nicht in die strategische Unternehmensplanung einbeziehen oder der CEO schlicht nicht weiß, wozu sie eigentlich da sind. Das ist vor allem eine Herausforderung für traditionelle Unternehmen, die sich bisher auf die Herstel­lung und den Vertrieb physischer Produkte konzentriert haben und jetzt vor der Digitalisierung ihrer Geschäftsbereiche stehen. Speziell bei denjenigen, die sich strikt an Hierarchien und etablierte Prozesse halten, gibt es nicht viel Raum für einen neuen Managementbereich – geschweige denn viel Verständnis.

»Interne Designabteilungen müssen schon immer den Spagat meistern, dass sie eine geschlossene Einheit sind, aber gleichzeitig tief integriert in Business Units arbeiten. Für Unternehmen, die bislang keine Designer inhouse hatten, ist das ein neues Problem«,

erklärt der Designer und Stratege Philipp Thesen. »Sie müssen erst noch tragfähige Modelle etablieren, denn sonst fehlt den Designern eine zentrale Anlaufstelle und sie hängen quasi in der Luft. DesignOps ist ein organisatorischer Ansatz, um dieses Problem zu lösen.« Als Designchef der Deutschen Telekom entwickelte Philipp Thesen De­sign von einer operativen Funktion hin zu einer strategi­schen Kompetenz im gesamten Konzern. Im letzten Jahr grün­dete er mit zwei Partnern Prenew, eine Strategieberatung für den digitalen Wandel, die Unternehmen unter anderem dabei unterstützt, Design strategisch zu verankern und zu führen. Auf andere Weise herausfordernd ist die Situation in Start-ups und Tech-Konzernen: Hier wurde Design nicht selten von Anfang an mitgedacht und eingeplant – aber das Wachstum der Firma sowie die zunehmende Komplexität digitaler Produkte führen dazu, dass sich die Designteams enorm vergrößern und Designprozesse inzwischen übergreifend koordiniert werden müssen.

»Die Aufgaben von DesignOps sind nicht neu und wurden bisher von Designteams mehr oder weniger nebenbei mitgemacht«, so UX-Expertin Katharina Koberdamm, die als Dozentin im Studiengang Innova­tion Design Management an der University of Applied Scien­ces Europe in Berlin unterrichtet.

»Das Neue ist, dass diese Tätigkeiten bei wachsenden, sich ausdifferen­zie­ren­den Teams nicht mehr einfach mitlaufen kön­nen. Ab einer bestimmten Größe und Komplexität braucht es explizite Rollen, die sich um die operativen Abläufe kümmern.«

Kurz: Design braucht gute Strukturen, um sein Potenzial voll entfalten zu können. Um diese Struk­turen angesichts steigender Komplexität aufrechtzuerhalten, braucht es – unter anderem – DesignOps. Diese Funktion sorgt dafür, dass Designer ihre Arbeit machen können, ohne sich mit Organisatorischem herumschlagen zu müssen. DesignOps beziehungsweise eine dafür verantwortliche Person oder ein Team definiert Prozesse und Workflows, stellt Tools und Systeme bereit, koordiniert das Designteam und kümmert sich um die Kommunikation mit Stakeholdern inner- und außerhalb des Unternehmens.

Die DesignOps-Aufgabenbereiche

Je größer ein Unternehmen und eine Designabteilung sind, desto eher benötigt man eine explizite Stelle, die sich nur um DesignOps kümmert. Eine Konzernleitung davon zu überzeugen, eine entsprechende Stabsstelle zu genehmigen, die keinen unmittelbaren Return on In­vest­ment liefert, kann allerdings schwierig werden. Meredith Black, Head of Design Operations bei Pinterest, empfiehlt im »DesignOps Handbook« von InVision, die Rolle und ihre Verantwortlichkeiten vorher gut zu definieren – mitsamt dem Benefit, den man sich davon verspricht. Zu den möglichen Aufgaben eines DesignOps Managers gehört laut Meredith Black etwa:

  • Einteilung von Mitarbeitern: Wer sollte was wann tun? Vielleicht braucht es ein Template für die Ressourcenplanung oder ein besseres Matching von Stärken und Aufgaben. Dafür muss der DesignOps Manager eng mit den Teamleitern zusammenarbeiten.
  • Program Management: DesignOps kann neue Meeting- und Austauschformate etablieren wie eine wöchent­liche Designkritik, gemeinsame Studiozeit für Designer, die normalerweise verstreut in Projektteams sitzen, oder auch neue Protokollierungsmethoden für die Kollaboration mit anderen Abteilungen.
  • Teamentwicklung: Das Onboarding neuer Mitarbeiter kann häufig ein Upgrade vertragen, etwa indem man ein Standard-Curriculum für die erste Woche festlegt. Denkbar sind zudem Offsite-Meetings für Teams, Vorträge von externen Speakerinnen und Speakern, Konferenzbesuche und Weiterbildungsmaßnahmen.
  • Plattformen und Tools: Designsysteme so aufsetzen und pflegen, dass alle Stakeholder darauf Zugriff haben, gehört ebenso dazu wie das Auswählen und Standardisieren von benötigten Tools, Programmen und Kommu­nikationsplattformen.

Jedes Unternehmen hat andere Abläufe und Bedürfnisse, auf die man als DesignOps Manager eingehen muss. Dabei kann es durchaus passieren, dass man gegen Wände rennt. So berichtet Dave Cunningham, DesignOps Manager bei Co-op Digital, in einem Medium-Artikel von seinen ersten schwierigen sechs Monaten im Job. Er versuchte unter anderem eine Matrix für die Zuständigkeiten beim Designsystem einzuführen – die aber keiner nutzte. Mehr Erfolg hatte er hingegen beim Thema Research, als er Software und Austauschplattformen standardisierte.

Zwischen Design und Business – wer macht’s?

DesignOps Manager sorgen dafür, dass sich Designer auf ihre kreative Arbeit fokussieren können. In der Position selbst findet aber meist keine handwerkliche Designarbeit mehr statt. Dennoch haben die meisten DesignOps-Verantwortlichen eine klassische Designausbildung – wie auch Design Manager und Design Leader. »Viele Führungskräfte in Unternehmen, zum Beispiel in Marketing oder HR, haben einen BWL- oder VWL-Hintergrund. Design ist im Kontext der digitalen Produktentwicklung als Abteilung und Funktion aber noch so neu, dass es von den meisten nicht verstanden wird. Wir brauchen speziell in der Design Leadership entweder Designer, die sich die nötige Führungskompetenz aneignen, oder klassische Manager, die sich mit dem Thema Design auseinandersetzen und es wirklich begreifen«, sagt Katharina Koberdamm.

DesignOps Manager müssen also die Sprache des Business verstehen und sprechen – denn Design ist für Unternehmen kein Endziel, sondern immer Mittel zum Zweck. Daher tun sie gut daran, den Einfluss von Design auf den wirtschaftlichen Erfolg zu messen und zu belegen, etwa indem sie allgemeine und objektive Designprinzipien definieren, Kundenbewertungen einho­len oder Time-to-Market-Ziele setzen und einhalten. Ganz vermeiden lassen sich Spannungen zwischen Design und anderen Managementdisziplinen aber kaum, weshalb DesignOps Manager ein Händchen für Stakeholder-Kommunikation brauchen, also vermitteln können und diplomatisch sein sollten – aber gleichzeitig keine Angst davor haben, anzuecken, wenn es darum geht, dem Designteam den Rücken zu stärken.

Wie entwickelt sich DesignOps weiter?

Um das Thema DesignOps hat sich eine rege Community entwickelt, die in Blogposts und auf Konferenzen wie dem DesignOps Summit in New York ihre Proble­me und Lösungen teilt, um voneinander zu lernen. Dort sprechen Vertreter von Konzernen wie TripAdvisor, IBM, Visa, Uber oder MailChimp über Erfolgsmessung oder Karriereentwicklung, aber auch über Arbeitskultur oder den Umgang mit Ambiguität. Zudem gibt es UX-Beraterinnen wie Katharina Kober­damm, die international tätige Nielsen Norman Group und Strategieberatungen wie McKinsey oder Prenew, die beim Aufsetzen und Entwickeln von Inhouse-Design­abteilungen unterstützen. Auch einige Hochschulen bie­ten Studiengänge an, die Design und Wirt­schaft kombinieren und auf eine Laufbahn als Design Manager vorbereiten, etwa die Master­studien­gänge Innovation Design Management an der University of Applied Sciences Europe, Strategische Gestaltung an der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd und Design Management an der Mediadesign Hochschule in München, Düsseldorf und Berlin.

DesignOps ist eine junge Disziplin und so ergeben sich immer wieder neue Fragen, neue Tools und Prozes­se zum Ausprobieren oder Best Cases, die anregen, die eigene Strategie zu hinterfragen. Je mehr eine Design­or­ga­nisation wächst, desto eher wird es zudem nötig sein, die DesignOps-Abteilung auszubauen und die Aufgaben auf mehrere Köpfe zu verteilen. Und mit ResearchOps steht schon die nächste Stabsstelle in den Startlöchern, die sich vor allem für Unternehmen im Digital Product Design ab einer gewissen Größe lohnen könnte. Egal ob Konzern oder Start-up: Es braucht Geduld und Einfühlungsvermögen, um Design in einem Unternehmen zu etablieren, gepaart mit einer großen Portion Organisations- und Kommunikationstalent. DesignOps kann hier einen deutlichen Mehrwert leisten. Jetzt gilt es nur noch, die CEOs davon zu überzeugen!

The Design Leadership Framework von Katharina Koberdamm

Grafik: Katharina Koberdamm

Diese Aufgaben(bereiche) umfasst Design Leadership in Unternehmen:

Strategy
Hierunter fällt das Erarbeiten einer Vision und einer Strategie für die Weiterentwicklung der Design­abteilung sowie die Ausrichtung der eigentlichen Designarbeit. Dazu zählen auch
das Auswählen und Managen der notwendigen Initiativen, um die Strategie umzusetzen, sowie das kontinu­ierliche Messen und Optimieren aller Maßnahmen.

Experience
Dieser Bereich beschäftigt sich damit, wie Design die kunden­zentrierte Innovation von Produkten und Services unterstützt und eine ganzheitliche Customer Experience sicherstellt. Es wird definiert, was gutes Design für das Unternehmen bedeutet und wie es aussieht. Außerdem geht es um die Führung in kreativen Fragen und das Treffen relevanter Designentscheidungen.

Operations
Hier ist DesignOps verortet, also die Definition von Organisationsstrukturen, Designabläufen oder Tools, die das Umsetzen und Skalieren der alltäglichen Designarbeit unterstützen. In diesem Bereich schafft Design Leadership die Voraussetzungen und das Arbeitsumfeld, damit das Designteam kreativ und effizient arbeiten kann.

Enterprise
Auf Konzernebene geht es darum, die Arbeit der Designabteilung mit anderen Geschäftsbereichen und Stakeholdern in Einklang zu bringen und das Thema Designkultur zentral zu verankern. Dazu zählt auch, Designkompetenzen für andere Geschäftsbereiche sichtbar zu machen und das Designteam innerhalb und außerhalb des Unternehmens zu vertreten.

Team
Dieser Bereich kümmert sich darum, das Designteam aufzubauen und zu führen. Dazu gehört, eine inspirierende und vertrauensvolle Teamkultur zu fördern, Probleme im Team zu lösen und klar definierte Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten anzubieten. Weitere wichtige Aufgabenfelder sind Neueinstellun­gen und Onboarding-Prozesse.

 

 

The Bigger Picture

Damit DesignOps erfolgreich arbeiten kann, muss der größere Rahmen stimmen. Ein Exkurs über Design Leadership

Design Leadership beschreibt ähnlich wie Design Management eine Position, die eine ganzheitliche Verantwortung für Design im Konzern trägt. Sie definiert, ob Design als reiner Dienstleister wahrgenommen wird, der erst bei der Exekution zum Einsatz kommt, oder als Game Changer, der Einfluss auf Geschäftsmodelle hat. Ein Design Lead ist auf Geschäftsführungsebene dafür verantwortlich, eine Kultur im Unternehmen zu etablieren, die Designer wertschätzt und ihnen die Möglich­keit gibt, ihre Fähigkeiten für etwas Größeres einzusetzen als die Entscheidung, ob ein Button grün oder rot sein soll. »Design Leadership basiert auf der Fähigkeit, ein disziplinär diver­ses und geografisch verteiltes Team zu leiten sowie ein starkes Gefühl der Verbundenheit mit anderen Abteilungen zu schaffen«, erklärt Alexander Krieg, Designexperte und Partner bei McKinsey.

Besonders in traditionellen deutschen Mittelstandsunternehmen haben Design Leads noch einiges zu tun, um den Culture Gap zwischen Design und Business zu überbrücken. Insofern ist Design innerhalb von Unternehmen immer auch Change Management. Deshalb ist es besonders wichtig, dass Design Leader die volle Unterstützung der Konzernspitze haben. Das gibt ihnen die Freiheit, eigene Prozesse aufzusetzen, und verleiht ihnen die notwendige Autorität im Umgang mit anderen Managementdisziplinen wie dem strategischen Marketing. De­signOps kann ein Teil der Aufgaben eines Design Leads sein, der aber je nach Größe und Komplexität des Unternehmens an eine andere Person (oder ein ganzes Team) ausgelagert ist.

Welche Bereiche und Aufgaben Design Leadership genau umfasst, hat die Designdozentin und UX-Expertin Katharina Koberdamm in ihrem Design Leadership Framework festgehalten (siehe oben). Auf Basis von Literaturrecherchen und Gesprächen mit Design Leads erarbeitete sie ein Modell, das sie stetig weiterentwickelt. In der aktuellen Version umfasst es die fünf Bereiche Strategy, Enterprise, Team, Operations und Ex­perience. Jedem davon sind bestimmte Aufgaben und Verantwortlichkeiten zugeordnet (siehe unten). Mithilfe dieses Frameworks können Designabteilungen Design Leader­ship besser verstehen, den Status quo analysieren und herausarbeiten, in welchen Bereichen sie etwas verändern müssen. Als Beraterin kann Katharina Koberdamm sie dabei mit ent­spre­chen­den Methoden und Best Practices unterstützen.

Ab einer bestimmten Größe und Komplexität braucht es explizite Rollen, die sich um die operativen Abläufe kümmern

Katharina Koberdamm, UX-Expertin und Designdozentin, Berlin

 

 

DesignOps in der Praxis

Wie unterschiedlich Unternehmen DesignOps integrieren – und benennen – zeigen wir anhand der Cases Beiersdorf (Nivea), Wunder Mobility und Stiebel Eltron.

 

Beispiel: Design Management bei Beiersdorf AG (Nivea), Hamburg

Bild: Andreas Schlieter

»DesignOps ist eine gute und wichtige Schlüsselfunktion, die ein Posten innerhalb eines Designmanagementteams sein kann«, sagt Corinna Asmus, Global Head of Nivea Design bei Beiersdorf in Hamburg. Gemeinsam mit ihrem Team entwirft sie die strategi­sche Designvision der Marke Nivea und ist zuständig dafür, dass die Designrichtlinien weltweit eingehalten werden. Dafür stellen sie Trainings und Toolsets zur Verfügung, etwa um Designs darauf­hin zu analysieren, ob sie on brand sind. Klassisches Designtages­geschäft wie Packaging Design wird zusammen mit externen Krea­tivpartnern, Agenturen wie Freelancern, entwickelt und vom verantwortlichen Brand- und Designmanager kollaborativ gesteuert.

Asmus’ Team umfasst vier feste und zwei freie Mitarbeiter, die alle ausgebildete Designer sind und in der Beiersdorf-Zentrale in Hamburg sitzen. Eine ausgewiesene DesignOps-Funktion gibt es zwar nicht, »aber letztlich ist es genau das, was wir tun«, so Corinna Asmus. Jede Designmanagerin ist verantwortlich für bestimmte Produktkategorien, die sie eigenständig betreut, vom Marken­design bis hin zur Exekution. Corinna Asmus verantwortet die Design­qualität und -konsistenz produktübergreifend. Einmal im Jahr findet zudem ein Teamworkshop statt, bei dem die Designer gemeinsam Erfolge und Ziele definieren, auch was ihre Rolle innerhalb des Konzerns betrifft.

Als Designmanagerin muss man laterale Führung beherrschen, also innerhalb des Konzerns andere Menschen aus Designsicht fachlich anleiten können

Corinna Asmus, Global Head of Nivea Design bei Beiersdorf in Hamburg

»Im Vergleich zu anderen Funktionen ist Design Management noch recht jung und muss noch weiter etabliert werden«, so Corinna Asmus. Bei Recruiting und Mitarbeiterentwicklung arbeitet sie eng mit der HR-Abteilung zusammen. »Als Designmanagerin muss man laterale Führung beherrschen, also innerhalb des Konzerns andere Menschen aus Designsicht fachlich anleiten können«, sagt sie – und in Bewerbungsgesprächen betont sie zudem, dass Designer eine gewisse Lust an Konzernpolitik mitbringen sollten.

 

 

Beispiel: Head of Design und Designteam bei Wunder Mobility, Hamburg

Fred Fahlke (ganz links im Bild) ist seit Juni 2019 Head of Design bei Wunder Mobility in Hamburg. Das Unternehmen ent­wickelt Technologien für nachhaltige Mobilitätslösungen, die sie als White-Label-Produkte an Sharing-­Anbieter wie emmy oder Miles vertreibt. In seiner jetzigen Position greift Fred Fahlke auf Erfahrungen zurück, die er als Product Designer bei Instagram und Google Nest gesammelt hat. Dabei ist Fahlke wichtig, seinem Team die Learnings aus den USA nicht einfach überzustülpen, sondern sie entsprechend anzupassen.

Derzeit beschäftigt Wunder Mobility fünf Creative Designer, die sich um Branding, Office Design, Events, Werbung und die Unternehmenswebsite kümmern, sowie neun Product Designer. Diese sitzen dezentral in funktionsübergreifenden Produktteams – eine Struktur, mit der Fred Fahlke im Silicon Valley gute Erfahrungen gemacht hat und von der er sehr überzeugt ist aufgrund der kurzen Kommunikationswege und Abstimmungen im Team. Design ist bei Wunder Mobility also tief in den Produktentwicklungsprozess integriert.

Um der Isolation der einzelnen Designer vorzubeugen, ist der Austausch innerhalb des Designteams ein Hauptfokus von Fred Fahlkes Arbeit. Dafür hat er zum einen Slack-Channels eingerichtet, in denen das Team Organisatorisches wie Abwesenheiten, aber auch Inspiration und Feedback teilt. Zum anderen gibt es verschiedene Termine, bei denen das Team zusammenkommt. Getreu dem Motto »start and end the week together« findet montags ein Kick-­off-Meeting mit Projekt-Updates statt und freitags ein Teamtreffen, das der gemeinsamen Reflexion und zum allgemeinen Austausch dient. Dazu kommt die dienstägliche Designkritik, bei der jeweils drei Projekte besprochen werden und sich Kollegen gegenseitig konstruktives Feedback geben.

Für noch mehr Transparenz sorgt zudem ein allgemeiner Feed, in dem die Designer ihre Arbeit dokumentieren und der für das gesamte Unternehmen einsehbar ist. Der Anfang war nicht ganz leicht, wie Fahlke zugibt, aber mittlerweile wird der Kanal gut genutzt. »Es mag kitschig klingen, aber Transparenz und Kommunikation sind meiner Meinung nach die Schlüsselelemente für gute Zusammen­arbeit und erfolgreiches Management. Lieber zu viel kommunizie­ren als zu wenig!« Gerade bei einem jun­gen, schnell wachsenden Unternehmen komme es immer mal wieder zu Missverständnissen. Dies könne man verhindern, indem man viel miteinander spricht und Routinen etabliert.

Kommunikation hilft auch dabei, den Wert von Design bekannter zu machen. Denn selbst in einer jungen Firma wie Wunder Mobility besteht die Gefahr, dass die Disziplin als rein ausführende Instanz wahrgenommen wird. »Wir wollen, dass die Kollegen nicht mit Antworten zu uns kommen, die wir umsetzen sollen, sondern mit Problemen, die wir dann gemeinsam lösen«, so Fred Fahlke. Dafür setzt sein Team auf das Involvement der anderen Berei­che, lädt etwa Außenstehende zur Designkritik ein, um mehr Verständnis für die Arbeit von Design zu schaffen, und kümmert sich darum, dass bei unternehmensweiten Meetings regelmäßig Designthemen auf der Agenda stehen. Zusätzlich machen sie Design Sprints mit Teilnehmern aus verschiedenen Teams, um ihnen Design Thinking nahezubringen.

Mit dem Wachstum des Designteams (im Juni 2019 waren es noch sieben Mitarbeiter) verstärkt sich bei Fred Fahlke der Wunsch nach einer dedizierten DesignOps-Stelle, die sich um Themen wie Tools, Designsysteme und Support für die einzelnen Produkt­teams kümmert. Derzeit arbeitet er mit seinem Team an einer entsprechenden Rollenbeschreibung, um die Geschäftsführung zu überzeugen. »Es soll eine erfahrenere Designerin sein, die analytisch und über­greifend denkt, aber auch mal hands-on aushelfen kann. Ziel ist es, unsere Abläufe schneller, reibungs­loser und unabhängiger zu machen«, erklärt Head of Design Fred Fahlke.

Transparenz und Kommunikation sind die Schlüsselelemente für erfolgreiches Management. Lieber zu viel kommunizieren als zu wenig!

Fred Fahlke, Head of Design bei Wunder Mobility in Hamburg

 

 

Beispiel: Unternehmen und externes Designstudio Stiebel Eltron, Holzminden, und Phoenix Design, Stuttgart

Im Zuge eines neuen Markenauftritts überarbeitete der Haustechnikhersteller Stiebel Eltron gemeinsam mit dem Design- und Innovationsstudio Phoenix Design auch das physische und digitale Produkterlebnis. Die Herausforderung ist nun, dieses weltweit über alle Produktkategorien – vom Durchlauferhitzer über Wärmepumpen bis zu Lüftungsanlagen – und digitalen Services wie die App MyStiebel anzuwenden. »Dabei spielen sowohl Visual als auch Product und Interaction Design eine maßgebliche Rolle», so Claus Kroll-Schlüter, Head of Marketing bei Stiebel Eltron. Das Unternehmen beschäftigt keine eigenen Designer, kooperiert aber sehr eng mit dem Team von Phoenix Design – erste Ansprechpartnerin ist Design Business Managerin Claudia Tietge, die den Key Account verantwortet. Gemeinsam ar­beiten sie insbesondere daran, die einfache Bedienung der tech­nischen Produkte zu realisieren.

Neben dem Head of Marketing ist Stephan Pähler, Leiter des Produktmanagements, wichtigster Ansprechpartner der Agentur. Gemeinsam wurden strategische Ziele formuliert, um die Design­sprache unternehmensweit zu etablieren. Die einzelnen Projektteams beider Seiten arbeiten dabei partnerschaftlich zusammen, denn hier sollte alles ineinandergreifen: »Produktmanagement, Design, Entwicklung und Marketing – alle müssen als Team ein Ziel verfolgen und Prozesse abstimmen, um so ein Projekt umzusetzen«, erklärt Claudia Tietge. Ein ganzheitliches userzentriertes Marken­erlebnis über alle Produkte und Plattformen zu erschaffen, bedeute, produktübergreifend zu denken und zu handeln – und zugleich die Menschen über die Projekte hinaus zusammenzubringen. »Dafür ist die Unterstützung der Geschäftsführung elementar«, so Tietge. »Damit konsistentes Design in allen Abteilungen und Projektteams gelebt wird, ist es wichtig, dass die Geschäftsführung das Projekt zu 100 Prozent unterstützt und die Bedeutung für das Unternehmen klar kommuniziert. Konsistentes Design ist Chefsache.«

Damit Design gelebt wird, ist es wichtig, dass die Geschäftsführung das Projekt zu 100 Prozent unterstützt und die Bedeutung für das Unternehmen klar kommuniziert

Claudia Tietge, Design Business Managerin bei Phoenix Design, Stuttgart

[11792]

 

TIPP: Wenn Sie diesen Artikel im Print-Layout lesen möchten, laden Sie sich einach das PDF von PAGE 05.20 herunter:

PDF-Download: PAGE 05.2020

Weblayout: Fluide Gestaltungsraster ++ Identities für Floristinnen und Floristen ++ DesignOps in Unternehmen ++ Step by Step: Vom Variable Color Font zur animierten Illu ++ Corporate Language: Branding in Zeiten von Chatbots und Co ++ Agenturen mit Public Space ++ How-to: Video-triggered AR

8,80 €
AGB

Dazu gibt es eine Linkliste mit im Text erwähnten Quellen und weiterführende Informationen:

Linkliste

Studiengänge

[11792]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren