Autonomes Fahren hautnah: Für Volkswagen gestaltete Markenfilm SPACE eine Virtual-Reality-Testfahrt und kombinierte dabei Techniken wie 360-Grad-Film und volumetrisches Video.
Wie fühlt es sich eigentlich an, in einem Auto zu sitzen, das selbst fährt? Wenn sich das Lenkrad wegklappt und selbst der Fahrer zum Beifahrer wird? Wenn man selbst nichts tun kann, falls sich auf einmal ein Hindernis vor dem Wagen befindet? Und wie kann man eigentlich seine neu gewonnene Zeit sinnvoll nutzen? Diese Erfahrungen so real wie möglich erlebbar zu machen war die Zielsetzung, die Markenfilm vom Kunden Volkswagen bekommen hat. Statt sich auf die Aufgabe zu beschränken, die Produktmerkmale des autonom fahrenden Konzeptfahrzeugs I.D. Crozz nur zu visualisieren, wollte Markenfilm SPACE ein immersives Erlebnis schaffen, das die Vision des Autokonzerns verdeutlicht und Spaß macht. Und das in gerade mal fünf Minuten, denn die Experience war für die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main im September 2017 geplant – ein Kontext, in dem ein hoher Nutzerdurchsatz besonders wichtig ist.
Volkswagen und Markenfilm arbeiten im Messebereich schon seit längerer Zeit zusammen, sei es für klassische Filmproduktionen oder für Exponate. Aus diesem Grund war das Vertrauen bereits groß, als die Unit SPACE ihr Konzept im Rahmen einer Volkswagen-Ausschreibung vorstellte: Dabei handelte es sich um eine VR-Experience, bei der man nicht nur außen um das Fahrzeug herumgehen, sondern auch eine virtuelle Probefahrt machen kann – inklusive virtueller Beifahrerin. »Virtual Reality ist gerade ein großer Hype und wird in vielen Projekten eingesetzt, bei denen es gar keinen Sinn ergibt. Aber hier war die Wahl genau richtig, weil sich mit der Technologie wunderbar Dinge darstellen lassen, die es in der Realität noch nicht gibt – wie Architektur oder eben Concept Cars«, sagt Christopher Schultz. Er ist Geschäftsleiter von Markenfilm SPACE und zuständiger Creative Producer für das Projekt.
Autonome Spritztour mit Victoria
Ab Auftragsvergabe hatte das Team knapp zwölf Wochen für die Umsetzung. Die Details der Idee erarbeitete es zum Projektstart im Rahmen der Konzeptphase. Dabei war von Anfang an klar, dass es ein Erlebnis mit Wow-Effekt sein sollte. »Um eine wirklich immersive Experience zu schaffen, muss man auf den Bauch zielen. Eine rein rationale Darstellung von Produkt-Features reicht nicht«, so Christopher Schultz. Und den Bauch spricht man am besten über Geschichten an – das Spezialgebiet des Mutterkonzerns Markenfilm, der traditionell aus dem Werbefilmgeschäft kommt. So ergab sich schnell die Idee, dem Messebesucher für die Probefahrt eine Begleitung an die Seite zu setzen, die ihn durch das Erlebnis führt und der Situation einen persönlichen und emotionalen Touch gibt. Sie sollte dem »Fahrer« vermitteln, wie sicher autonomes Fahren ist und wie sich die dadurch gewonnene Zeit nutzen lässt – etwa indem man durch Playlists scrollt oder einfach entspannt aus dem Fenster schaut.
Wie das Ganze aussehen und sich anfühlen sollte und welche Bestandteile unbedingt integriert werden mussten, hielt das Konzeptteam auf Post-its fest und entwickelte daraus das Szenario einer Spritztour mit »Victoria«, einer – unabhängig von Alter oder Geschlecht des Nutzers – sympathischen weiblichen Begleitung. Dazu passend entwickelte das Team einen Plot, der die von Volkswagen vorgegebenen Features intelligent in die Story einwob. Dabei war die knappe Zeitspanne eine besondere Herausforderung: Pro Besucher waren fünf Minuten eingeplant, die reine VR-Experience durfte nicht länger als drei Minuten dauern. Das Team feilte immer weiter am Handlungsstrang, straffte und optimierte ihn, bis ein komprimierter und in sich schlüssiger Ablauf entstand.
Bild: Markenfilm SPACE
Die Interface Designer von Markenfilm SPACE entwarfen neue Bedienelemente, die sich mit den virtuellen Händen gut steuern ließen.
Bild: Markenfilm SPACE
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Die Interface Designer von Markenfilm SPACE entwarfen neue Bedienelemente, die sich mit den virtuellen Händen gut steuern ließen.
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Zu der VR-Experience gehört auch, dass sich der Nutzer den I.D. Crozz von außen anschauen kann
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Anspruchsvoller 3D-Scan: Wie steigt man eigentlich in ein Auto ein?
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Die Schauspielerin konnte sich beim 3D Capture bei 8i in Los Angeles nur an einer Sitzkonstruktion aus Hockern und Bindfäden orientieren
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360 Grad Barcelona: Für den Rundumblick in Barcelona setzte Markenfilm SPACE ein tiefergelegtes Spielfahrzeug ein, auf das ein Rig mit mehreren Kameras montiert war
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360 Grad Barcelona: Für den Rundumblick in Barcelona setzte Markenfilm SPACE ein tiefergelegtes Spielfahrzeug ein, auf das ein Rig mit mehreren Kameras montiert war
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Ein guter Plan: Was passiert wann? Den gesamten Ablauf der Experience – inklusive sämtlicher Eventualitäten – hielt das Team in einem ausgeklügelten Flowchart mit Szenen-IDs fest
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Das Ganze entsteht: In der Entwicklungsumgebung der Game-Engine Unity setzten die Entwickler alle Bestandteile der Experience zusammen
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Das 3D-Auto, den 360-Grad-Film, …
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… das volumetrische Video, die Soundfiles und die User-Interface-Elemente
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Vor Ort eintauchen: Premiere feierte die VR-Experience auf der IAA 2017 in Frankfurt am Main
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Vor Ort eintauchen: Premiere feierte die VR-Experience auf der IAA 2017 in Frankfurt am Main
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Die Besucher waren begeistert – genauso wie Volkswagen: Der Konzern ging anschließend mit dem Set-up auf eine Roadshow durch Europa und installierte es auch in der AUTOSTADT in Wolfsburg, wo man es noch immer erleben kann
Bild: Markenfilm SPACE
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Die Besucher waren begeistert – genauso wie Volkswagen: Der Konzern ging anschließend mit dem Set-up auf eine Roadshow durch Europa und installierte es auch in der AUTOSTADT in Wolfsburg, wo man es noch immer erleben kann
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Die besten Controller der Welt
Außerdem definierte das Konzeptteam die technischen Grundlagen für das Fahrerlebnis, das sich für die User so real und intuitiv wie möglich anfühlen sollte. Man entschied sich gegen die gängige VR-Steuerung durch Controller oder Blickrichtung. »Viele Erstnutzer sind mit diesen Kontrollmöglichkeiten überfordert«, erklärt Christopher Schultz. »Wir entschieden uns daher für die besten Controller der Welt: unsere Hände!« In der späteren Anwendung sieht der User »seine« Hände als Silhouette und kann damit die Features des Autos steuern – dank des auf der VR-Brille befestigten Bewegungssensors Leap Motion, der die Handbewegung des Nutzers trackt.
So realistisch wie möglich sollte auch die weibliche Begleitung aussehen. Ein CGI-Avatar kam für Markenfilm nicht infrage, da diese ohne Hollywood-Budget schnell hölzern und leblos aussehen. Es sollte also eine reale Person in cineastischer Qualität eingebunden werden – wie das gelingen könnte, wusste das Team in der Konzeptphase noch nicht, fand aber nach einiger Recherche die perfekte Lösung in Form von 3D Capture; dazu später mehr. Verstärkt werden sollte die Immersion zudem durch die Verbindung von virtueller und realer Welt: Zur Probefahrt nimmt der User auf einem stilisierten Fahrzeugsitz Platz und hat ein maßstabsgetreues Modell der Autoarmatur vor sich.
»Bei diesem Konzept hatte ich ein gutes Gefühl, dass es die User zum Lächeln bringen würde« Christopher Schultz
Christopher Schultz spielte in dieser frühen Projektphase als Creative Producer eine zentrale Rolle. Durch seinen fachlichen Hintergrund als Medieninformatiker und seine Erfahrungen in der Gestaltung von interaktiven Erlebnissen konnte er verlässlich einschätzen, welche Ideen technisch umsetzbar waren und auch szenisch Sinn ergaben. »Als Creative Producer ist man im Grunde ein Hybrid: Man versteht Design, Technologie und Dramaturgie und verbindet die Disziplinen so miteinander, dass das Produkt am Ende Spaß macht«, beschreibt Schultz seine Rolle. Die beste Bestätigung für eine gelungene Experience sei für ihn das Lächeln der Nutzer. »Bei diesem Konzept hatte ich ein gutes Gefühl, dass es die User zum Lächeln bringen würde.«
Eine glaubwürdige Story
Als Nächstes ging es darum, das Konzept zu konkretisieren und die User Experience zu definieren. »Storyboards und User Interfaces für VR zu gestalten ist ein neues und herausforderndes Tätigkeitsfeld für Designer«, so Christopher Schultz. »Das hatten wir bereits in kleineren Projekten umgesetzt und kannten uns entsprechend mit der Technologie sowie mit Gefahren wie Motion Sickness aus. In dieser Größenordnung war es aber auch für uns neu.«
Nun übertrugen Storyboard Artists die Sammlung an Post-its in ein klassisches Szenenbuch, wie man es auch beim Film verwendet. In Scribbles hielten sie die Kameraperspektiven fest und machten sich Gedanken zur Umgebung sowie zum Start- und Endpunkt der Experience. In dieser Phase fiel die Entscheidung für Barcelona als Ort für die Probefahrt. Mit Strandpromenaden, engen Gassen und dem guten Licht eignet sich die Stadt perfekt als typisch europäische Kulisse für Volkswagens Vision vom autonomen Fahren.
Zum Storyboard gehörte auch der Dialog mit der Beifahrerin. Eine Herausforderung bestand darin, die Features des Konzeptfahrzeugs so ins Gespräch einzuflechten, dass es sich nicht wie eine Produktdemo anfühlte, und diverse Szenarien zu antizipieren und Alternativen dafür zu schreiben. Ein Beispiel: Ist der User zu Beginn der Experience zu zurückhaltend, bittet Victoria ihn, das Auto zu starten. Nach mehrmaligem Auffordern startet sie es dann selbst. Auf diese Weise landet das System nicht in einem Endlos-Loop oder hängt sich auf. Dabei arbeiteten die Scriptwriter mit Modulnummern und Szenen-IDs, die später beim Shooting sowie bei der Entwicklung die eindeutige Identifikation der verschiedenen Szenarien ermöglichten.
Rapid Prototyping für schwebende Interfaces
Als Volkswagen das Storyboard final abgesegnet hatte, starteten die Teams mit der visuellen Umsetzung und den Shootings. Die User-Experience- und Interface Designer tüftelten daran, die Features des Fahrzeugs zu visualisieren und in den Ablauf der Probefahrt einzufügen. Sie entschieden sich dagegen, das User Interface des Konzeptfahrzeugs originalgetreu nachzubilden, da die Bedienelemente des Cockpits für die Steuerung durch die virtuellen Hände zu kleinteilig gewesen wären. Stattdessen öffnet sich nach Antippen eines Buttons ein virtuelles Interface, das sich à la »Minority Report« im Raum entfaltet und dann bedient werden kann.
»Es war sehr hilfreich, die Assets schnell in Unity einzubinden, um in der 3D-Umgebung zu testen, was funktioniert und was sich gut und intuitiv anfühlt« Christopher Schultz
Die Designer gestalteten zunächst verschiedene Interfaces in der Designsoftware Sketch. Allerdings zeigte sich recht schnell, dass Rapid Prototyping in dieser Projektphase besonders wichtig ist, um Konzepte gleich ausprobieren zu können. »Es war sehr hilfreich, die Assets schnell in Unity einzubinden, um in der 3D-Umgebung zu testen, was funktioniert und was sich gut und intuitiv anfühlt«, erinnert sich Christopher Schultz. Zum Beispiel testete das Team verschiedene Steuerungsmodule für die Farbe des Lichts oder wie es sich anfühlt, wenn man durch Buttons hindurchgreifen kann, da sie im freien Raum schweben. Markenfilm SPACE arbeitete dabei in enger Absprache mit dem Designteam von Volkswagen, damit die 3D-Umgebung dem Konzept der Designer so nah wie möglich kam. Die 3D-Aufbereitung des Fahrzeugs übernahmen hauseigene CGI-Experten von Infected, die im selben Gebäude sitzen wie die Unit SPACE. Als Creative Producer schaute Christopher Schultz allen Mitarbeitern über die Schulter, koordinierte die Zusammenarbeit mit Volkswagen und sorgte dafür, dass die diversen Einzelteile am Ende gut zusammenpassten.
Dreh in Barcelona und 3D Capture in L.A.
Barcelona in 3D nachzubauen wäre ziemlich aufwendig. Stattdessen entschied sich Markenfilm für das Abfilmen der Teststrecke. Für diesen Part übernahmen ein Producer und ein Regisseur das Zepter. Darüber hinaus kümmerte sich ein eingespieltes Organisationsteam um die Locations, die Routenplanung und um sonstige Organisationsfragen. Um die virtuelle Probefahrt mit einem Rundumblick zu versehen, mussten die Aufnahmen in 360 Grad erfolgen. Dazu setzte das Team ein niedrig gelagertes Spielfahrzeug ein, auf das es ein Rig mit mehreren Kameras montierte. Die Strecke fuhr es dann mehrmals ab, da man den Verkehr in einer Stadt wie Barcelona nicht vorhersehen geschweige denn beeinflussen kann. Der finale Cut des Materials erfolgte später in der Postproduktion.
»Storyboards und User Interfaces für VR zu gestalten ist ein neues und herausforderndes Tätigkeitsfeld für Designer« Christopher Schultz
Während ein 360-Grad-Shoot für Markenfilm SPACE quasi zum Tagesgeschäft gehört, musste sich das Team für die Integration einer real gefilmten Person in die virtuelle 3D-Umgebung etwas Besonderes einfallen lassen. Bei ihrer Recherche stießen die Kreativen auf die Technik 3D Capture. Bei ihr erfassen mehrere Kameras einen Menschen und dessen Bewegungen von sämtlichen Seiten, damit aus dem Material ein realitätsnaher 3D-Avatar entstehen kann. Es braucht hierfür weder einen Spezialanzug noch Verkabelung, wie man es aus dem Motion Capture kennt, noch ein 3D-Modell, auf das man die Bewegungen dann überträgt. Das Ergebnis nennt sich volumetrisches Video. Dabei fallen extrem viele Daten an, für deren Bearbeitung eine enorm hohe Rendering-Power erforderlich ist. Entsprechend gibt es bislang nur wenige Studios, die dies umsetzen können. Zum Projektzeitpunkt boten nur Microsoft, Facebook und das Studio 8i in Los Angeles diese Technik an, im Februar 2018 kam das Heinrich-Hertz-Institut am Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik in Berlin dazu – nicht rechtzeitig für das Projekt. Das SPACE-Team entschied sich daher für 8i und reiste nach Kalifornien.
Eine zusätzliche große Herausforderung bei der Technik des 3D Capture liegt neben der Datenverarbeitung im Shooting selbst. Das Studio ist komplett grün und größtenteils leer, da die aufzunehmende Person ja von allen Seiten gefilmt werden muss. Die Schauspielerin, die Victoria mimte, hatte zur Orientierung lediglich eine Sitzkonstruktion und ein Geflecht aus zarten Bindfäden, das die Dimensionen des Cockpits grob kennzeichnete. Sämtliche Bewegungen mussten im Radius von einem Meter stattfinden, weil die Kameras mehr nicht abdeckten. »Besonders das Einsteigen ins Auto mussten wir lange üben. Das ist eine ziemlich komplexe Bewegung!«, erläutert Christopher Schultz.
Ein 3D-Capture-Prozess verläuft ohne Schnitt, der szenische Ablauf musste also zumindest einmal komplett perfekt durchgespielt werden. Bewegungen und Dialog mussten sekundengenau stimmen, damit später bei der Zusammenführung in der VR-Experience alles passte. Durch die enorme Datenmenge war die reine Filmzeit auf 21 Minuten beschränkt, danach waren die Server voll. »Während des Capture-Prozesses sieht man, wie die Server mit Daten volllaufen. Das macht einen ganz schön nervös«, berichtet Christopher Schultz. »Kurz vor Ende hatten wir aber einen extrem guten Lauf, und die Szene war im Kasten.« Von den 21 Minuten hatte das Team zu dem Punkt knapp über 19 verbraucht. Mit den von 8i aufbereiteten Daten im Gepäck flog das Team zurück nach Hamburg.
Integration in eine nahtlose VR-Experience
Nun lagen alle Bestandteile vor: 360-Grad-Film, 3D-Fahrzeug, volumetrisches Video, Soundfiles und User-Interface-Elemente. Die Developer machten sich daran, alles in der Entwicklungsumgebung der Game-Engine Unity zusammenzufügen und daraus eine nahtlose VR-Anwendung zu generieren. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie noch vier Wochen, um die Experience zu bauen, zu testen und auszurollen. Die IAA wartet schließlich nicht.
»Eine besondere Herausforderung bestand darin, die Bestandteile, die alle ihren eigenen Look hatten, zu einem stimmigen Ganzen zusammenzufügen«, sagt Christopher Schultz. Hinzu kamen technische Limitierungen, beispielsweise die Render-Performance. VR-Anwendungen brauchen eine Bildrate von 90 Einzelbildern pro Sekunde, um flüssige Bewegungen zu erzeugen und Motion Sickness zu vermeiden. Zugleich musste die visuelle Qualität den Standards von Volkswagen gerecht werden. »Wir hatten die stärksten Rechner und die besten Grafikkarten, die der Markt bot, und haben das Maximum aus ihnen herausgeholt«, so Schultz. »Das ist es, was uns antreibt: das Bestmögliche aus der Technik herauszuholen, um ein wirklich beeindruckendes Erlebnis zu schaffen.«
»Eine besondere Herausforderung bestand bei diesem Projekt darin, die Bestandteile, die alle ihren eigenen Look hatten, zu einem stimmigen Ganzen zusammenzufügen« Christopher Schultz
Im Laufe der Entwicklung testete das Team immer wieder die Funktionsfähigkeit des Prototyps – auch mit »Sonderfällen«: Erfasst der Leap-Sensor auch Kinderhände? Wie groß müssen die Toleranzzonen für Buttons sein? Was passiert, wenn der User nach Victoria greift? Alle Eventualitäten wurden durchdacht und in Logiken festgehalten: Wenn A passiert, dann folgt B – oder B1 oder B2 et cetera. »Das Ablaufmodell war am Ende ganz schön kompliziert«, so Schultz.
Das magische Dreieck aus Raum, Content und Technologie
Damit startete das Team in die finale Projektphase, den Roll-out. Während die Entwickler die Software optimierten, entstand beim Messebauer die Autositzverschalung, und Christopher Schultz führte Vorgespräche mit den Hardware-, Sound- und Lichttechnikern der Messe und der Agentur, die die Hostessen stellte. Denn das Personal vor Ort musste gut über die Anwendung und das Produkt Bescheid wissen, um die Besucher aufzuklären, anzuleiten oder etwaige Berührungsängste gegenüber der Technik zu mindern.
Den Ablauf auf dem Messestand hatte das Konzeptteam bereits am Anfang definiert: Eine Hostess führt den User außen herum, eine weitere Hostess achtet auf den User »im« Fahrzeug, sodass stets jemand einschreiten kann, falls etwas schieflaufen sollte. Bereits zum Projektstart war zudem die Entscheidung gefallen, dass lediglich der »Fahrer« einen Kopfhörer bekommt. Sound – vor allem in 3D – ist zwar besonders wichtig für ein immersives Erlebnis, kann aber nur sicher eingesetzt werden, wenn der User sich nicht frei im Raum bewegt, noch dazu auf einem engen Messestand. Eine Abschottung von der Realität durch VR-Brille und Kopfhörer würde die Nutzer zu sehr verunsichern.
Für den Aufbau blieben dem Team fünf Tage Zeit. »Messe ist ein knackiges Business«, sagt Christopher Schultz. »Die Timings sind knapp, und oft herrscht am Anfang ›Chaos‹: In einer Ecke wird gefräst, in einer anderen macht jemand Soundcheck, LED-Wände flackern, Kabel werden verlegt – und man selbst steht mittendrin und arbeitet gegen die Uhr. Aber nach der dritten Messe weiß man: Das wird schon.« Das bedeutet natürlich auch: Mit Achtstundentagen kommt man in dieser Phase nicht aus. Als Creative Producer jongliert man sämtliche Bestandteile und setzt sie wie ein Puzzle zusammen. »Letztlich ist es mein Job, in dem magischen Dreieck aus Raum, Content und Technologie ein ausgewogenes Verhältnis und so ein Projekt zu schaffen, das vor Ort und im jeweiligen Kontext funktioniert«, sagt Schultz. Beim Virtual-Reality-Projekt für Volkswagen lief alles ziemlich glatt. Lediglich beim Licht musste einmal nachgebessert werden, weil die starken Messescheinwerfer das Trackingsystem der VR-Brillen störten. Am Ende genügte es aber, die Scheinwerfer minimal anders auszurichten.
Sowohl Volkswagen als auch die Messebesucher waren begeistert von der Anwendung. »Wenn sich eine Schlange bildet und die Leute freiwillig 30 Minuten warten, ist das eine tolle Bestätigung«, freut sich Schultz. Das Projekt war sogar so erfolgreich, dass Volkswagen es auf allen internationalen Hauptmessen einsetzte und danach eine halbjährige Roadshow damit machte. Der Aufwand hat sich also gelohnt. Zwischenzeitlich umfasste das Team von Christopher Schultz 20 bis 30 Personen, wobei jedes Modul von einem Hauptverantwortlichen geleitet wurde – sei es Filmdreh, 3D Art oder Soundtechnik.
»Ein gutes Projektmanagement und gute Technikberater sind bei einem solchen Projekt zwingend notwendig. Sie sorgen dafür, dass Probleme früh erkannt und vermieden oder schnell behoben werden können – und dass das Projekt im vorgegebenen Zeitrahmen realisierbar ist«, resümiert Christopher Schultz. Für den Creative Producer bestand die größte Besonderheit bei diesem Projekt in der Zusammenführung der teils sehr verschiedenen Contents zu einem homogenen Erlebnis. Mit auf Roadshow ist Schultz selbst nicht mehr gegangen – da steckte er schon in der nächsten Produktion.
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