Buch über Hochsensibilität: Noise als Ästhetik
In ihrer Bachelorarbeit »Extrem – experimentelle Serien zur Darstellung von Hochsensibilität« befasst sich Birte Schultze auf eine besondere visuelle und typografische Weise mit dem Thema.
Mediadesign Hochschule Campus München. Wie können wir in einer in vielerlei Hinsicht unsensiblen Gesellschaft die Menschen mit dem Thema Hochsensibilität vertraut machen? Mit dieser Frage befasste sich Birte Schultze in ihrer Bachelorarbeit »Extrem – experimentelle Serien zur Darstellung von Hochsensibilität« auf eine besondere visuelle und typografische Weise.
Merkmale des Phänomens wie einen durchlässigeren Reizfilter, der ein ununterbrochenes Überfordert- und Überreiztsein zur Folge hat, visualisierte Birte Schultze aus der emotionalen Innensicht einer hochsensiblen Person. Theoretische Texte unterfüttern die Bildebene und machen ihr Erleben nachvollziehbar. Um eine deutliche Trennung von Bild und Text zu erreichen und den Betrachter/Leser zugleich gezielt zu überfordern, setzte sie den Text in einem fetten Schnitt und in extrem kleiner Punktzahl in schmalen Spalten auf innenliegenden Flappen aus Transparentpapier und gestaltete sie in einem möglichst großen Zeilenabstand, um die zu hohe Durchlässigkeit für äußere Reize wiederzugeben. Gleichzeitig störte Schultze die Lesbarkeit durch zusätzlichen, abweichend gesetzten Text zwischen den Zeilen – weil man Hochsensiblen nachsagt, sie seien sehr gut darin, hinsichtlich der Stimmung anderer Menschen mühelos zwischen den Zeilen zu lesen.
Formatbestimmend war der Bildteil des Buchs: Es sollte noch zu handhaben sein, aber aufgeklappt ein Querformat bilden und damit Schwere andeuten. Die zwei für die Farbdrucke reservierten ungestrichenen Naturpapiere, die leicht strukturiert sind, sich dabei aber weich anfühlen, kontrastieren haptisch mit dem Transparentpapier. Da eine Klebebindung die vollflächigen Farbseiten nicht gehalten hätte, fiel die Entscheidung auf eine Fadenheftung sowie einen Buchblock mit offenem Rücken, was zusätzlich Reizoffenheit und Schutzlosigkeit darstellt. Die insgesamt sehr aufwendige Gestaltung und Produktion wurde mit einer sehr guten Abschlussnote belohnt.
Birte Schultze schloss ihr Bachelorstudium an der Mediadesign Hochschule Campus München bei Professorin Sybille Schmitz mit den Schwerpunkten Typografie und Gestaltungsgrundlagen ab. Inzwischen arbeitet sie als Kreativdrektorin in München (www.blackbird-atelier.de)
Der Fließtext von »Extrem – experimentelle Serien zur Darstellung von Hochsensibilität« ist fett und in 7 Punkt gesetzt. So entsteht ein sehr volles optisches Schriftbild, das Überfülle visualisiert. Die geringe Schriftgröße im Kontrast zum Zeilenabstand von 10,5 Punkt erschwert die Lektüre und führt zu Anstrengung und Überforderung
Das könnte dich auch interessieren
So ein Bildband gehört in jede Bibliothek , in die Hände von Therapeuten, Psychologen, Ärzten und Lehrern. Tolle Arbeit – inhaltlich wie sinnlich.