Agenturen, die im Bereich Ausstellungsdesign arbeiten sind von Corona besonders betroffen. Deshalb war Jörg Krauthäuser, Mitgründer der Agentur facts and fiction, Anfang 2020 froh über die Möglichkeit der Kurzarbeit. Dank der Umstellung auf hybride Formate nahm das Geschäft dann aber richtig Fahrt auf.
»Hybrid« ist das Zauberwort, das facts and fiction gut durchs Corona-Jahr brachte. Die Agentur mit über siebzig Mitarbeitern in Köln und Berlin ist für ihre Expo-Pavillons, Ausstellungen und Events bekannt, arbeitet also in einem von der Pandemie besonders betroffenen Bereich. »Anfang 2020 waren wir sehr froh über die Möglichkeit der Kurzarbeit, das hat uns die Angst genommen«, sagt Mitgründer Jörg Krauthäuser. Was dann folgte, klingt fast wie ein Wunder: Es gab nicht nur neue Aufträge, bereits bestehende entwickelten sich zusätzlich größer als gedacht. »Wir haben sofortauf hybride Formate umgestellt. Schon in Corona-Woche vier stand unser erstes großes Hybrid-Event zum Thema ›Europäische Ratspräsidentschaft‹«, sagt Jörg Krauthäuser. »Bis zum Ende des Jahres haben wir für Ministerien, Institutionen und Verbände mehr als zwanzig solcher Veranstaltungen realisiert.« Schon vor Corona legte facts and fiction Wert darauf, immer auch digitale Inhalte im Raum zu präsentieren. Das kam ihnen jetzt zugute. »Wir kooperieren mit kompetenten technischen Partnern und haben einige unserer Mitarbeiter speziell auf hybride Formate geschult.«
Mit mehreren Museen entwickelt facts and fiction ein Portal, bei dem diese hybride Führungen einstellen. »Familien oder auch Schulklassen können sich dann von jedem x-beliebigen Ort aus etwa eine Führung im Deutschen Museum München oder eine zum Thema Physik buchen – am besten noch curriculumkonform«, sagt Krauthäuser. Er ist überzeugt, dass solche Formate auch unabhängig von der Pandemie einen Boom erleben. »Aber Corona hat dazu geführt, dass Museen und auch Schulen sich jetzt schnell und intensiv damit auseinandersetzen.«
Für Innocent in Danger, eine Organisation, die sich gegen sexuellen Missbrauch an Kindern engagiert, führte facts and fiction vor Corona regelmäßig Workshops in Schulen durch. »Es reicht nicht, den Schülern jetzt einfach ein Video zu zeigen, diese Workshops müssen weiterhin live – dann eben im virtuellen Klassenraum – stattfinden«, betont Jörg Krauthäuser. »›Hybrid‹ heißt für mich nicht nur, analog und digital zusammenzubringen, sondern auch, einen Dialog zu starten.«
Und noch eine Sache liegt dem Designer am Herzen: die Belebung der durch die Corona-Pandemie verödenden Innenstädte. So arbeiten die Kreativen derzeit an einer frei zugänglichen Ausstellung im Kölner Rheinauhafen über dessen Geschichte und Wandel, und im nächsten Schritt will facts and fiction die Treppenhäuser in den umliegenden Tiefgaragen bespielen – jeweils ein Kölner Museum soll Pate für eines werden. Ideen, die andere Städte gerne übernehmen könnten!
Negative Effekte auf die Kreativität scheint die Pandemie bei facts and fiction jedenfalls nicht zu haben. »So katastrophal die Auswirkungen der Pandemie auch waren und noch sind: Der Zugewinn an Neudenken, Umdenken, Dazudenken, den wir durch Corona erleben, beeindruckt mich«, sagt Jörg Krauthäuser. »Bei uns hat die Situation vor allem zu einem gewaltigen Innovationsschub geführt.«
Nachgefragt: Die Branche nach einem Jahr Corona
Für PAGE 04.2021 haben uns bei selbstständigen Kreativen und Designstudios umgehört, wie es ihnen in einem Jahr Corona ergangen ist – die Interviews stellen wir nun nach und nach auf PAGE online vor. Für alle, die nicht warten möchten, gibt es hier die vollständige Ausgabe:
Brand Yourself: Trends & Tipps ++ Mehr Erfolg als Personenmarke ++ Alternative Einnahmequellen für Kreative ++ UX Design: Stop-Covid-App ++ SPECIAL Wild-plastic – Start-up mit Purpose ++ Nachgefragt: 1 Jahr Corona