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Ausweitung der Designzone: Die Kunst der Entfaltung

AGD-Geschäftsführerin Victoria Ringleb schreibt in ihrer Kolumne diesmal über die Chancen, mit Leidenschaft neue Geschäftsfelder zu erschließen.

Peter Dahmen ist einer der wenigen weltweit anerkannten und gefragten Paper Artists, die mit ihren 3D-Pop-Up-Arbeiten magische Momente erzeugen. Dabei reicht das Spektrum von Glückwunschkarten bis hin zu zehn mal fünf Meter großen Klappbühnen, wie bei einer MINI-Pressepräsentation auf der IAA 2016. Sein Portfolio umfasst freie Arbeiten, wie eine Pop-Up-Skulptur des Dortmunder U, sowie Auftragsarbeiten, wie die Grußkarten »Letters from The Sky« für den Papierhersteller Iggesund Paperboard. Dabei handelt es sich um Karten in Form von Schneeflocken, die auch zur Dekoration verwendet werden können. Sie lassen sich auf 44.716 unterschiedliche Arten falten.

Dahmen hat die Designzone ausgeweitet, indem er die engen Grenzen der beauftragten Kundenprojekte verlassen hat. Er gestaltete die Rahmenbedingungen seines Schaffens so, dass sie gut zu ihm passen und ihm Spielraum geben für das Wesentliche: den Moment der Verzauberung schaffen.

Das lohnt sich nie!

Auch wenn alles vor über 30 Jahren seinen Anfang mit einem Kinderbuch nahm, ist die Karriere von Peter Dahmen vergleichsweise jung. Denn angefangen hat er wie viele Absolventen von Kunsthochschulen mit klassischem Grafik- und Kommunikationsdesign – und hat sich damit in ein großes Heer eingereiht, das gern mal alles anbietet, was vermeintlich gebraucht wird. Das ging so gut, wie es gehen kann, bis Peter Dahmen Kollegen und Freunden zeigte, was er in seiner Freizeit so macht. Die Reaktionen ließen an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig: »Mensch, warum machst du das denn nicht beruflich?« Die Argumente waren schnell zur Hand: »Wer soll denn damit Geld verdienen? Wer soll das denn brauchen? Wie sollen die Leute auf mich aufmerksam werden? Das lohnt sich nie!«

Entscheidend für seinen Erfolg und seine Zufriedenheit ist die Konzentration auf das Wesentliche zusammen mit dem bereitwilligen Loslassen von vermeintlich Bewährtem

Letztlich hat es sich doch gelohnt. Entscheidend für seinen Erfolg und seine Zufriedenheit ist die Konzentration auf das Wesentliche zusammen mit dem bereitwilligen Loslassen von vermeintlich Bewährtem. Ganz praktisch sieht das so aus: Die Aufmerksamkeit war erstaunlich schnell da, weil Peter Dahmen von Anfang an seine Arbeiten in kurzen Videos auf Youtube präsentiert, mal mit, mal ohne Anleitung. »Ich wusste es zu diesem Zeitpunkt nicht besser, und so richtig geplant war es auch nicht, aber es war das beste, was ich tun konnte«. sagt Dahmen im Rückblick. »Youtube hat sich zu einem hervorragenden Marketingtool entwickelt.« Innerhalb eines Jahres hatte er die magische Millionengrenze bei den Klickzahlen überschritten.

Der Funke muss überspringen

Sollen wir jetzt also alle 3D-Pop-Ups gestalten, weil sie so angesagt sind? Eben nicht, sagt Peter Dahmen und antwortet auf die Frage nach einer möglichen Vorbildwirkung: »Suche nach deinen Stärken und schau, was du daraus machen kannst. Denn das macht dich unverwechselbar. Es geht um das, was ich gut kann und gern tue. Es geht um die Sache, für die ich brenne, für die ich mich selbst begeistere. Denn diese Begeisterung spürt mein Kunde, und der Funke springt über.«

»Es geht um das, was ich gut kann und gern tue. Es geht um die Sache, für die ich brenne, für die ich mich selbst begeistere«

Das Wissen darum, wofür ich brenne, was ich mit Leidenschaft tue, bricht nicht immer wie der Blitz aus heiterem Himmel über mich herein. Es kann genauso gut das Ergebnis eines bewussten Erkenntnisprozesses sein. Es lohnt sich, Kollegen, Freunde und Partner zu fragen, worin sie meine Stärken sehen und wie sie zu der Einschätzung gelangen. Zudem kann ich Projekte der Vergangenheit aufarbeiten und sie daraufhin überprüfen, wie zufrieden sie mich gemacht haben, welchen Spaß ich dabei hatte, bei welchen Projekten ich besonders gute und viele Ideen hatte – und nicht zuletzt, mit welchen Projekten ich gut Geld verdient habe. Dies sind wertvolle Indikatoren dafür zu entscheiden, was mich unverwechselbar machen soll.

 


Victoria Ringleb ist seit 2010 Geschäftsführerin der AGD. Sie hat Kommunikationswissenschaften und Interkulturelle Wirtschaftskommunikation in Jena, Cambridge und Brisbane studiert. Alle weiteren Ausgaben ihrer Kolumne lesen Sie hier. Ein Video mit Victoria Ringleb aus unserer Reihe »PAGE 10×10« gibt es hier.

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