Viel intrinsische Motivation, geringe (monetäre) Wertschätzung, hoher Termin- und Konkurrenzdruck: In der Kreativbranche zu arbeiten kann die mentale Gesundheit ganz schön strapazieren. Wie es besser geht und was wir für uns tun können …
Beim Blick in den LinkedIn-Feed beschleicht einen das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Alle wollen kürzertreten, weniger arbeiten, mehr Zeit für sich haben – der Mental Health zuliebe. Die Statistik gibt diesem Eindruck recht: Überall auf der Welt haben psychische Erkrankungen, Kündigungen und Frühverrentungen zugenommen. Die Pandemie hat erheblich dazu beigetragen. Aber auch dazu geführt, dass heute offener über mentale Gesundheit gesprochen wird – auf TikTik genauso wie auf LinkedIn. Das ist gut so – denn es ist höchste Zeit, dass die psychische Belastung ernst genommen wird. Auch aus wirtschaftlichen Gründen: Laut einer Studie der Techniker Krankenkasse waren 2021 20 Prozent der Fehlzeiten auf psychische Erkrankungen zurückzuführen – und haben Ausfallkosten von rund 36,1 Milliarden Euro verursacht.
Dieser Beitrag ist erstmals in PAGE 3.2023 erschienen.
Warum die Kreativbranche so stresst
Hoher Termindruck, Pitches, mangelndes Verständnis für den kreativen Prozess von Kundenseite, 24/7-Erreichbarkeit, schlechtes oder kein Überstundenmodell, fließende Grenzen zwischen Freizeit und Beruf: Das sind laut Steven Cichon einige der Faktoren, die dafür sorgen, dass Kreative ausbrennen. Der selbstständige Kreativdirektor aus Hamburg weiß, wovon er spricht: Er hat selbst einen Burn-out erlitten, als er noch festangestellt in einer Agentur gearbeitet hat. »Ich bin ein ehrgeiziger Mensch. Dazu kamen die Ansprüche der Agentur und private Herausforderungen – irgendwann war dann Schluss.« Nach sechs Wochen Therapie, Selbstfürsorge und Lebensumstellung war er wieder einigermaßen auf dem Damm – und berät nach Ausbildungen zum Heilpraktiker für Psychotherapie und zum Systemischen Berater nun Unternehmen und Einzelpersonen aus der Kreativbranche.