Glamour? Nein, danke! Das MMK Frankfurt zeigt Ikonen der Modefotografie der 90er
Die Mode der 90er war nicht gerade geeignet zur nachhaltigen stilistischen Revolution. Die Modefotografie schon. Das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt feiert sie jetzt in der Schau »Not in Fashion«.
Die Mode der 90er war nicht gerade geeignet zur nachhaltigen stilistischen Revolution. Die Modefotografie schon. Das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt feiert sie jetzt in der Schau »Not in Fashion«.
Natürlich darf das Foto von Jürgen Teller nicht fehlen wenn es um den so überhaupt nicht glänzenden Glamour der angeblich so glamourösen Modewelt geht. 1994 fotografierte er das amerikanische Model Kristen McMenamy frierend, nackt, mit Blinddarmnarbe, rotgeäderten Beinen und einem schiefen Versace-Herzchen auf der Brust, das Jürgen Teller ihr selbst darauf gemalt hatte. Backstage hat er sie fotografiert und abseits des Scheinwerferlichts. Und er war nicht der Einzige, der damals begann, sich der perfekten Oberfläche zu verweigern, die in den 80ern so vehement gemeißelte wurde.
In Schönheit erstarrte Models, zentimeterdick angemalt, mit ausgepolsterten Schultern zur Superwoman gestylt und mit gegeeltem Betonhaar, bei dem keine Strähne abseits saß – ausgestattet von Modegöttern und in Auftrag gegeben von den Magazinchefs, die entsprechend gottähnlich waren.
Doch Teller, Kate-Moss-Entdeckerin Corinne Day, Cris Moor oder Wolfgang Tillmans wandten ihren Blick vom langweilig geworden Standard ab, hin in die weit interessanteren Kulissen, in karge Zimmer und vor kahle Wände. Da steht dann Kate Moss, ungeschminkt und mit Indianerschmuck auf dem Kopf oder qualmend vor einem Haus. Freunde von Tillmans hingegen sitzen nackt im Baum, das Mädchen Tal, jungenhaft mager und mit erschöpftem Blick steht im kahlen Raum und immer wieder eben jene Kristen McMenamy, deren Teller-Foto heute eine Ikone ist. Hochbezahlt und in einer Backstage-Bude in deren Ecke ein altersschwacher Heizlüfter surrt.
Im Museum für Moderne Kunst in Frankfurt haben die Bilder jetzt Museumsweihen erreicht. Sie selbst – und eben jene Zeit, in der sich jenseits des Mode-Establishments Stylisten, Fotografen und Designer wie Helmut Lang zusammentaten und in Magazinen wie »i-D«, »The Face« oder »Visionaire« ihre ganz eigene Welt der Mode erfanden.
Erstmals hängen die Fotografien jetzt im Großformat zusammen, ergänzt von Räumen, die Fotografen und Designer selbst gestalteten. Modefotograf Mark Borthwick reiste mit Koffern voller Schnappschüssen und privater Aufnahmen in Frankfurt an und Helmut Lang hat gemeinsam mit Jürgen Teller eine »Backstage-Modenschau« samt Frontrow inszeniert, in der Arbeiten Tellers zu sehen sind, die hinter den Kulissen von Lang-Schauen entstanden.
Ein Rückblick, der mit mehr als 200 Arbeiten eine Zeit komprimiert und zeigt, wie sich ein neuer Stil herausgebildet hat, der den inszeniert unprätentiösen Blick auf den Punkt bringt und eine sehr eigensinnige Sexyness.
Not in Fashion. Mode und Fotografie der 90er Jahre, bis zum 9. Januar 2011
Foto oben: Jürgen Teller: Kristen Mc Menamy, London 1994
Mark Borthwick: Kostats Murkudis, backstage at Le Trianon in Paris
Corinne Day, Kate Moss, (Sommer of Love), 1990
Chris Moor, Tal, 1997
Jason Evans, Strictly 6, 1991
Cris Moor, Thursday September 22, 1994
Das könnte dich auch interessieren