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»Gefühle hinaus in die Welt zu geben, macht es viel leichter, sie loszulassen«

Eric Schwarz ist ein Illustrator und Comicautor, der vom Hadern, von Herzschmerz und vom Weitermachen erzählt – meistens in der Farbe Blau und immer mit viel Gefühl. Auf der Pictoplasma haben wir mit ihm über seine mitreißenden Arbeiten gesprochen, über seine Experimentierfreude und seinen beachtlichen Output.

Die Arbeiten von Eric Schwarz erzählen von Leben, Liebe, Einsamkeit und Nähe, davon, Gefühle zu teilen, Halt zu bekommen und zusammenzurücken.

Und das vor allem in der Farbe Blau und in Illustrationen, in Webcomics, als Pixel-Art und in weichen Street-Art-Characters, in seiner Graphic Novel – und seinem Art Toy »Hold Your Thoughts«, bei dem man seine Gedanken stapeln und ausbalancieren kann.

Von Kleinblittersdorf nach Paris, wo er heute lebt, hat es ihn verschlagen, wie es auf seinem Instagram-Account @comicblues heißt, auf dem er seine zahlreichen Follower:innen durch die Turbulenzen des Lebens führt.

Auf der diesjährigen Pictoplasma hat Eric Schwarz von all dem erzählt und wir waren (wie der Rest des Publikums) so begeistert, dass wir ihn während dem Pixel-Art-Workshop, den er gab, zu einem kurzen Gespräch getroffen haben.

»Für mich passen Bild

und Sprache einfach perfekt zusammen«

Du hast erst Grafikdesign in Saarbrücken studiert und anschließend Graphic Storytelling an der School of Art in Brüssel. Hat dir beim Grafikdesign etwas gefehlt?
Eric Schwarz: Ich habe mit dem Grafikdesign nie aufgehört und gestalte unter anderem Poster und würde auch gerne Editorial Design machen. Irgendwann aber kam der Punkt, dass mir im Grafikdesign das Freie und das Persönliche gefehlt hat. Deswegen habe ich schließlich meinen Master in Graphic Storytelling gemacht. Und so ist der Mix jetzt perfekt für mich, denn ich habe neben der Gestaltung, dem Grafikdesign und der Beschäftigung mit Schriften noch einen emotionaleren Teil in meiner Arbeit.
Und zu dem gehören Webcomics und die Graphic Novel »Ein bisschen Freiheit«, die im letzten Sommer im Luftschacht Verlag erschienen ist.

Was können Worte, was Zeichnungen nicht können?
Ich finde vor allem, dass sich die beiden sehr gut ergänzen. Für mich passen Bild und Sprache einfach perfekt zueinander. Ich weiß nicht, was genau Worte können, was Bilder vielleicht nicht können. Vielleicht Widersprüchliches manchmal besser ausdrücken. Aber natürlich kann eine Zeichnung auch Dinge so nuanciert darstellen, wie es der Sprache vielleicht nicht möglich ist. Für mich ist es die Kombination der beiden, die richtig gut funktioniert.

Und was entsteht bei dieser Kombination dann für dich?
Ein Raum, in dem ich Gedanken und Gefühle gut einfangen kann. Ich kann mich auf diese Weise einfach gut ausdrücken und habe das Gefühl, dass ich in der Kombination etwas treffe, was man sonst manchmal nicht so gut fassen kann. Emotionen und Momente, die man sonst nicht mitteilen kann. Und gleichzeitig merke ich, dass auch die, die es lesen, sehr gut mitfühlen können.

Und das alles in Blau-Weiß.
Ich wollte es einfach halten, was die Farben angeht und Blau fand ich besser als Schwarz.

Ich finde es auch sehr beeindruckend, dass die Zeichnung auch stilistisch so reduziert sind, aber gleichzeitig so emotional. Oft erzählen sie von Krisen, vom Strudeln und von Liebeskummer. Helfen sie dabei, wieder da herauszufinden?
Ich finde, wenn es einem nicht gut geht, hilft es immer, sich mitzuteilen. Auch, weil man sich nicht so alleine damit fühlt. Die Gefühle zu fassen und sie dann zu teilen und hinaus in die Welt zu geben, macht es viel leichter, sie loszulassen.

Gleichzeitig braucht es auch einen gewissen Mut, Persönliches öffentlich zu teilen.

Deshalb habe ich mir eine Art Alter Ego angeschafft. Und das hilft nicht nur mir, sondern auch den Menschen, die meine Sachen konsumieren. Denn so sind die Emotionen nicht nur an eine Person gekoppelt, sondern ein bisschen freier und fiktiver.

In deinen Geschichten ist eine schöne Balance zwischen Orten, deinen Freunden und deiner Familie, die hineinspielen, deinen Gefühlen und der Fiktion.
Ja, es sind viele Puzzleteile, die zusammenfinden.

Gleichzeitig wechselst du in deiner Arbeit zwischen Comics, Pixelprints, arbeitest an Skulpturen und Zeichnungen und sagt selbst, dass du gerne springst. Was fühlst du, wenn du findest, du musst jetzt etwas Neues angehen?

Es ist weniger ein Gefühl, sondern eher ein Prozess, bei dem neue Ideen entstehen. Manchmal aber funktionieren sie auch nicht. So wie die Street-Art.

Dabei waren die abstrakten Figuren, die du auf Treppen und an Wänden hinterlassen hast, so toll. Aber du warst viel zu gestresst, sie anzubringen.
Allerdings. Ich wollte es zwar gerne, aber es war einfach nichts für mich. Dann kommt eben wieder etwas Neues. Heute bringt man sich ja sowieso sehr viel selber bei und probiert sehr es dann einfach aus. So wird das eigene Arsenal an Ausdrucksformen immer größer.

Über die Pixel Arbeiten habe ich mich schon etwas gewundert. Verglichen mit den Illustrationen, die du bei dem Talk gezeigt hast und die an mesopotamischen Formen erinnert haben und so lyrisch und kunstvoll sind, wirkt die Pixelart in ihren Möglichkeiten schon etwas eingeschränkt. Da bleibt ja nur die Legoplatte mit den Steinen.
Einschränkungen können ja die Kreativität durchaus fördern, weil man dann den vorgegebenen Rahmen nutzen muss. Gleichzeitig finde ich, dass die Abstraktionen, die durch die Pixel entstehen, viel Raum lassen. Drei oder vier Ecken können ein Gesicht sein, eine Hand oder ein Schatten. Ich finde das als Betrachter ganz nice.

Steckst du sie Steine intuitiv oder hast du einen Plan?
Ich fange intuitiv an, aber plane am Ende dann sehr viel. Für mich geht diese Arbeit mehr in die Richtung Grafikdesign als Illustration. Schließlich ist die Definition von Pixel-Art ja auch, dass jeder Pixel bewusst gesetzt wird. Genauso wie in der digitalen Kunst, die theoretisch gedacht, ja auch Pixel-Art ist. Je mehr verpixelt etwas ist, desto länger stehen die Leute davor und fragen sich, was da eigentlich dargestellt wird. Das gefällt mir sehr gut.

Du hast sehr viel Output und deine Graphic Novel in drei Monaten auf einer kleinen spanischen Insel geschrieben und gezeichnet. Doch selbst, wenn du dort nicht viel anderes gemacht hast, ist das unglaublich, in so kurzer Zeit ein ganzes Buch fertigzustellen.
Es ist ja meine hauptsächliche Beschäftigung. Ich stehe morgens auf und fange direkt an zu arbeiten. Ich kann mich zurzeit ganz darauf konzentrieren und habe das Glück, dass es gut läuft. Da gehört der Output für mich dazu.

Der große Output.
Natürlich habe ich auch eine gewisse Ungeduld. (lacht)

Und anschließend hast du dann das Art Toy »Hold your Thoughts« entwickelt, bei dem man Köpfte auf eine Körperskulptur stapelt und ausbalanciert.

Ich hatte das große Glück, mit einem Freund zusammenzuarbeiten, der die Plastikfabrik mitbegründet hat, ein Kreativ-Kollektiv aus Saarbrücken, das aus Plastikmüll neue Dinge macht. Als ich gesehen habe, wie er Formen aus Platten ausschneidet und wie der Herstellungsprozess überhaupt ist, hat es bei mir Klick gemacht. Ich hatte schon lange Lust, Objekte zu machen, aber wusste nicht wie. Aber als ich zugeschaut habe, wurde mir klar, dass ich das auch gut mit meinen Zeichnungen machen kann und dann ist alles relativ schnell gegangen.

Was ist für dich an dem Dreidimensionalen besonders spannend?
Dass es eine andere Art ist, mit Zeichnungen zu interagieren. Sonst kann man sie betrachten, die Texte lesen oder sie auf dem Handy durchscrollen. Aber, dass man sie anfassen kann, stapeln und balancieren und, um sie herumgehen kann, ist eine neue Ebene. Für mich ist es auch eine Art Storytelling. Das entsteht jetzt nicht durch die Bilder wie bei einem Comic, aber durch das Spiel und die Dynamik. Ich kann meine Ideen so auf eine ganz neue Art umsetzen und gleichzeitig ist toll zu sehen, wie viel Spaß es den Leuten macht, damit zu interagieren.

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