Foto-Shootings in Corona-Zeiten
Der Fotografenverband BFF informiert, wie Foto-Shootings auch auf Abstand funktionieren.
Um die neue Gucci-Kollektion für Herbst/Winter 20/21 zur präsentieren, haben die Models Selfies geschossen – dank der Anleitung von Artdirektor Christopher Simmonds und Guccis Kreativchef Alessandro Michele sind die Ergebnisse erstaunlich interessant.
Es kann also im Notfall klappen, aber auf Dauer sind professionelle Fotografen, Stylisten, Hair- und Make-up-Artists zweifelsohne unverzichtbar.
Der Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter e.V. (BFF) hat zusammengefasst, wie ein Profi-Shooting in Zeiten von Corona ansteckungsfrei ablaufen kann. Angefangen von der Anreise über Umkleiden und Hair-/Make-up-Styling (womöglich in abgeschirmten Bereichen draußen an der frischen Luft?) bis hin zu den Arbeitspausen, wo man auch nicht zu eng beieinander in Küchen oder Pausenräumen miteinander plaudern sollte … Hier kann man die von BFF-Justiziarin Dorothe Lanc zusammengefassten Regularien für aktuelle Produktionen nachlesen.
Sich bei der Geschäftsstelle häufende Anrufe zur Vorgehensweise zeigen, dass es langsam wieder weitergeht, berichtet BFF-Geschäftsführer Jürgen Meister:
»Im März/April abgesagte Produktionen werden jetzt doch nochmal angefragt, man denkt gemeinsam über Lösungen nach – ob Models einzeln in der Green-Box fotografiert und nachher am Computer zur Gruppe werden oder die lange Brennweite mehr Nähe von zwei Models auf Strandliegen suggeriert als in Wirklichkeit da ist.«
Der Kunde ist per Video zum Set dazugeschaltet und »das Auto-Shooting findet halt diesmal auf dem Firmengelände in Stuttgart-Zuffenhausen statt, wo sich viele Hygiene-Regeln einfacher einhalten lassen als mit einem 25köpfigen Foto- und Filmteam on the road an wechselnden Orten«, so Jürgen Meister.
Wir sind sind gespannt auf die visuellen Ergebnisse, die uns in nächster Zeit erwarten – und wie heimische Locations exotische Settings ersetzen werden.
Das Bild unten ist übrigens hierzulande aufgenommen – hinter flo.w_photography verbirgt verbirgt sich Florian W. aus Köln, den die dortige Model-Agentur Tomorrow Is Another Day vertritt. Und Sunday/Romuald fotografierte sich beim Zähneputzen im Berlin.
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Jetzt höre ich die einen jammern ohne Fotografen, die anderen Jammern weil mit, andere Jubeln. Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Lösungen. Ich bin selbst Fotograf und es versetzt mir natürlich erst mal einen kleinen Stich, wenn ich diese Kampagne sehe, die ohne Fotografen umgesetzt wurde. Die Idee und auch die Umsetzung mag ich trotzdem. Ich finde es spannend zu sehen, wie Sachen ausprobiert werden, die vorher nicht denkbar waren. Und so wie es Orchester immer wieder versuchen ohne Dirigenten zu spielen, wird es vermutlich auch in Zukunft immer wieder Produktionen ohne Fotografen geben. Oder ohne Models, oder ohne Fashion, AD, Agentur, whatever und trotzdem wird die Welt sich weiter drehen. Wenn die Menschen jetzt offener für Experimente werden, ergeben sich ja vielleicht auch Chancen für Leute, die in dem alten System keine großen Möglichkeiten hatten. Es bleibt spannend und die Bereitschaft zu neuen Ansätzen ist da. das ist für mich einer der wichtigsten Side-Effekte in diesen Zeiten.
Die Gucci-Selfies haben sie sich schön geredet – einen guten Fotografen können sie so nicht ersetzen.
Manche Fotografen, Kunden und Agenturen haben es schon immer uebertrieben mit ihren Teams.
Da war sogar der Assistent vom Assistent da, um Kaffee zu holen. Ich habe schon vor 10 Jahren angefangen diesen Irrsinn zu beenden. Wer am Set keinen konkreten Job hat, hat da auch nichts
verloren. Real Profis wissen was zu tun ist. Ich persönlich brauche niemand, der meinen “Lightstand” von rechts nach links schiebt oder umgekehrt. Ich will auch niemand, der mir Kaffee holt. Nach 40 Jahren im Job kann ich das nicht nur alleine besser, es entspannt die ganze Situation, weil konzentrierter gearbeitet wird und bei zu vielen Leuten der “Pseudomeinungsaustausch” entfaellt. Aber Spass beiseite. In der Tat lassen sich auch mit anderen Objektiven Abstände vergrößern. Ich nutze jetzt vorzugsweise ein Objektiv mit Brennweite 70/200 mm und nicht mehr so oft das völlig unterschätzte 50 mm Standard. Meine Shootings sind anders organisiert, zeitlich besser getaktet und auf mehrere Steps verteilt. Alles eine Frage der Disziplin. Manche Menschen muessen sich jetzt an eine neue Form von Puenktlichkeit gewöhnen. Das wohl groesste Problem… Und ich suche Locations anders aus. Leichte Zelte helfen zudem andere Probleme zu lösen, die man im Studio nicht hat. Aber eines scheint für mich sicher. Das Studio hat kaum noch Zukunft, sollten wir langfristig mit Pandemien leben muessen. Die Anforderungen verändern sich. Und wenn Magazine schon anfangen, Medien-content mit Selfies zu produzieren, kann ich niemanden mehr raten, diesen Job zu machen und dafür auch noch Geld in die Hand zu nehmen. Einerseits muss es Hasselblad sein, anderseits reicht dann plötzlich ein Smartphone. Verrückte Welt…