Daniel Wenzels Average Type Generator hilft dabei, Schriftformen zu mischen und spannende Kombinationen als Grundlage für eigene Fonts zu erstellen
Schriften fangen selten bei null an – ein Tropfen, eine Serifenform, ein Vorbild, das wir irgendwo gesehen haben, inspirieren oft ganz eigene Ideen. So gibt es zahllose Font-Remixes und Revivals, die etwa Schriftklassiker für digitale Anwendungen optimieren, oder aber als Hommage gedacht sind.
Eine Schrift von null auf zu zeichnen kann sehr aufwändig sein. Eine Veränderung an einem Buchstaben oder selbst einer einzelnen Kurve wirkt sich auf viele andere Teile der Schrift aus. Diese Einstiegs-Hürde ins Typedesign will Creative Technologist und Designer Daniel Wenzel mit dem Average Font Tool abbauen.
So funktioniert das Average Font Tool
Average Font ist frei über den Browser zugänglich und mit reduziertem Interface schnell erschlossen. Links können Nutzer:innen zwei oder mehr von bislang zwölf Fonts zum Mischen auswählen, Beispieltext, Schriftgröße und Schwellenwert für die Darstellung einstellen.
Rechts erzeugt das Tool live den entsprechenden Remix-Font und ein Close-Up, in dem die überlagerten Outlines der Schriften zu sehen sind.
Wer sich ganz frei inspirieren lassen möchte, kann außerdem über einen Button zufällige Kombinationen generieren und weiterbearbeiten.
Das Tool vergleicht dabei zunächst, welche gemeinsamen Glyphen im Schriftsatz vorhanden sind und interpoliert anschließend ihre Splines zu einer virtuellen Schrift, die erst als OTF gerendert wird, sobald der Download-Button betätigt wird.
Startpunkt für die eigene Schrift
Jetzt beginnt die richtige Arbeit. Durch Wenzels Algorithmus ergeben sich bei der Interpolation unperfekte Splines, die wiederum Auswirkung auf die Formen der Glyphen haben.
So könnte man die Schriften zwar direkt verwenden, Wenzel versteht das Tool allerdings eher als Startpunkt für die eigene Schrift, der bereits die Proportionen aller Buchstaben, ihr Zusammenspiel im Fließtext und ihren Rhythmus enthält. Dadurch lässt sich die Schrift bereits zu Beginn als System betrachten und bearbeiten.
Behind the Tool
Daniel Wenzel ist Kommunikationsdesigner, Creative Technologist, Gründer der Foundry 26A1 und Kopf hinter einigen der generativen Tools des New Yorker DIA Studios. Seit kurzem ist er wieder selbstständig und arbeitet parallel an persönlichen Projekten wie dem Average Font Generator.
Für ihn ist das Tool vor allem ein Statement: »Was für mich zählt, ist die Idee«, erklärt Wenzel. »Und die sollte nicht an mangelnder Erfahrung im Type-Design scheitern.« Der Average Font Generator soll Kreativen schnell eine Grundlage für das Design ihrer Schriften liefern und ihnen ermöglichen auf dem vorhandenen Wissen der Schriftgestaltung aufzubauen. »Wir sind Zwerge auf den Schultern von Riesen, denn bei der Gestaltung von Schriften, insbesondere deren Proportionen, erfinden wir das Rad in der Regel nicht neu.«
Dazu hat Wenzel lange recherchiert und sich mit befreundeten Type-Desigenr:innen beraten, denn die rechtlichen Hintergründe beim Type-Remix sind international verschieden. So verwarf er seine erste Idee – bei der Nutzer:innen selbst Schriften hochladen können sollten – schnell wieder und traf stattdessen eine Auswahl an frei verwendbaren und von befreundeten Kreativen bereitgestellten Schriften.
So könnte der Designer das Tool stetig um neue Schriften erweitern. Doch der Average Font Generator ist nur das erste von vielen geplanten Projekten. Wenzel sucht dafür aktuell neue Kollaborationspartner:innen und experimentiert mit verschiedenen Technologien – wir sind gespannt.