Ob Geschäftsbericht oder Packaging – das gewählte Papier sollte nicht nur zum Inhalt passen, es muss auch mit dem Druckverfahren und den vorgesehenen Veredelungen harmonieren. Wir verraten, worauf ihr bei der Papierauswahl achten solltet, und welches Papier für die einzelnen Druckverfahren oder Bindungen geeignet ist.
Kaum ein Kreativer würde wohl auf die Idee kommen, für einen Nachhaltigkeitsbericht hochweißes, glänzend gestrichenes Bilderdruckpapier zu wählen. Trotzdem muss nicht alles graues Recyclingpapier sein, zum Beispiel nutzt die Mainzer Agentur Heisters & Partner für die von ihr gestalteten Nachhaltigkeitsreports ganz unterschiedliche Sorten. Für die Takkt AG, einen Stuttgarter Versandhandel für Geschäftsausstattungen, setzte sie auf Circleoffset Premium White. »Ein offenes, emotionales Material mit angenehmem Griff, das sich hervorragend bedrucken lässt – weder die kontrastreichen Schwarzweißbilder noch die flächige Bedruckung mit Sonderfarben machten Probleme«, erklärt Geschäftsführer Valentin Heisters. Da das Papier zudem FSC-zertifiziert und mit dem Blauen Engel ausgezeichnet ist, kann es die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens glaubwürdig vermitteln. Nicht ganz so rustikal sollte der Report für Wintershall daherkommen. Dem Öl- und Gasförderer war neben einer klimaneutralen Produktion ein brillantes Druckbild wichtig. Die Kreativen suchten eine Weile, bis sie mit Soporset Premium Offset eine FSC-zertifizierte Sorte gefunden hatten, die trotz offener Oberfläche Bilder leuchtend und sehr präsent erscheinen lässt.
Das Magazin »Characters«, das Tom Leifer Design aus Hamburg in Zusammenarbeit mit Grauel Publishing für den Möbelhersteller Walter Knoll entwickelte, präsentiert nicht nur Produkte, sondern rückt vor allem auch die Menschen im Unternehmen in den Mittelpunkt. »Wir haben für Walter Knoll ein Markenleitbild entwickelt, bei dem Sinnlichkeit ein großes Thema ist, und das sollte sich auch im Papier des Magazins wiederfinden«, sagt Tom Leifer. So kam von vorneherein nur ein Naturpapier infrage, in diesem Fall FLY von Papier Union.
Auf der Suche nach einem passenden Papier für ein Projekt trifft Tom Leifer zunächst zwei Grundsatzentscheidungen: Gestrichen oder ungestrichen? Farbig oder weiß? Erst danach geht er oder Papierspezialistin Louisa Feuerstein an den Musterschrank in der Agentur, blättert durch die verschiedenen Musterbücher und die zahlreichen gesammelten Kataloge und Magazine. »Wann immer mir ein Papier auffällt, bewahre ich das damit gedruckte Artwork auf. Ist nicht verzeichnet, um welche Sorte es sich handelt, frage ich bei den Druckereien nach. Die sind eigentlich immer aufgeführt«, berichtet der Designer. Steht die Papierauswahl so gut wie fest, folgt in vielen Fällen ein persönliches Gespräch mit dem jeweiligen Großhandelsvertreter, um noch mehr Informationen und Muster zu bekommen und diese dann dem Kunden präsentieren zu können. »Ein Vorgehen, das sich für uns bewährt hat, wir erleben selten, dass beim Druck unangenehme Überraschungen auftreten.«
Neben Ästhetik und inhaltlicher Stimmigkeit geht es meist auch ums Geld. Wenn Edles zu teuer und Günstigeres nicht passend ist, muss man sich etwas einfallen lassen. So erhielt Tom Leifer Design den Auftrag, für die Nahrungsergänzungsmittel des Start-ups Ogænics Verpackungen zu entwickeln, die nicht zu viel kosten, aber natürlich trotzdem den besonderen Ansprüchen an ein Packaging genügen sollten. »Sie müssen stapelfest sein, der Falz darf nicht aufbrechen, und sie sollten auch nicht gleich abgegrabbelt aussehen«, sagt Tom Leifer. Er entschied sich für den Iggesund-Karton Invercote, eine für Verpackungen aller Art häufig eingesetzte und somit bewährte Qualität. »Allerdings ist die Vorderseite dreifach gestrichen und recht glatt, das passte nach unserem Empfinden nicht zu Ogænics. Also ließen wir kurzerhand die etwas rauere und ein kleines bisschen weniger weiße Rückseite bedrucken.« Der Drucker stutzte zwar kurz, machte dann aber einen ausgezeichneten Job. Es waren allerdings eine ganze Reihe Andrucke nötig, da sich die neun Pantone-Farben auf der Invercote-Rückseite doch etwas anders zeigten als auf der Vorderseite.