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Oh, Plastiksack!

Reif für’s Museum: Von der Art-Miami-Bag zum Hundekotbeutel – die Plastiktüte aus gestalterischer, politischer und historischer Sicht.

Reif für’s Museum: Von der Art-Miami-Bag zum Hundekotbeutel – die Plastiktüte aus gestalterischer, politischer und künstlerischer Sicht.

Bald ist die Plastiktüte wohl weg vom Fenster. Häufig bereits durch Papier ersetzt, oft nicht mehr umsonst, sondern muss gekauft werden, macht ein schlechtes Gewissen und in den USA ist es der letzte Schrei, seinen eigenen Stoffbeutel mit in den Öko-Supermarkt zu bringen und vollpacken zu lassen …

Die Tage der Plastiktüte sind eindeutig gezählt – doch vorher erweist eine Schau im Gewerbemuseum Winterthur ihr noch einmal Museumsehren – und zeigt, wie zahlreiche Künstler sie verewigt haben und Designer sie verschönt.

Es gibt Plastiktüten in Öl, als Skulptur, zum Stuhl verarbeitet, in Installationen und Performances. Gregor Schneider macht schwarze Müllsäcke in der Skulptur »Liegender Mann mit steifem Schwanz« zu unheimlichen Objekten des Verbergens, Simon Monk verewigt sie fotorealistisch und in Öl, Andreas Blank formt sie aus Alabaster und Marmor nach, während Iskender Yediler aus Aldi-Tüten ein aufblasbares Kreuz entwirft und Nils Völker sie als Wandskulptur atmen lässt. Es gibt ganze Landschaften aus Plastiktüten und auch Möbelstücke einer marokkanischen Frauengemeinschaft, die aus ihnen Lampen und Toilettenvorleger fertigt.

Doch die Plastiktüte besteht auch als sie selbst als Objekt – das zeigen Stücke aus Plastiktüten-Privatsammlungen aus Deutschland und der Schweiz, zu deren Schätzen die James-Dean-Tüte eines Jeans-Geschäfts ebenso gehört wie die »Niagara«-Tasche mit der eine Boutique in den 1980ern ihren Kunden den Kauf verschönte, aber auch des legendären Designbüros E+U Hiestand, das den Plastiksack des Warenhauses ABM gestaltete, die erste Plastiktasche von Globus Mitte aus den 1960ern und eine derer, die Joseph Beuys für sein »Büro für direkte Demokratie durch Volksabstimmung« auf der documenta 1972 entwarf.

Und nicht zu vergessen die Hundekotbeutel, die nicht überall so langweilig schwarz und mit Vorschriften bedruckt wie in Hamburg sind, sondern durchaus anderswo kreativ gestaltet.

Oh, Plastiksack!, Gewerbemuseum Winterthur, bis 7. Oktober 2012.

Abb. oben: Niagara, Kleidermodegeschäft 1980er Jahre, Foto: Michael Libo

Oh, Plastiksack! Ausstellungsplakat Gewerbemuseum Winterthur
Bild: Jörger-Stauss, 2012
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Marie-Claire Baldenweg: Art Basel / Miami Beach, 2010, Öl auf Leinwand, 160×160 cm
Bild: Marie-Claire Baldenweg
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Oh, Plastiksack! Blick in die Ausstellung. Ausseninstallation von Claudia Borgna| Foto: Michael Lio
Bild: Claudia Borgna
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Hundekotsäckchen aus dem Raum Schweiz und Deutschland | Foto: Michael Lio
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ALDIPLUSLIDL, 1998, Plastiktüten geklebt
Bild: Iskender Yediler
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Gutes kann so billig sein, 2009, Plastiktüten
Bild: Lukas Julius Keijser
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Niagara, Plastiksack eines Kleidermodegeschäfts. 1980er Jahre | Foto: Michael Lio
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Inkuku Chair, 2006, Stahl, Plastiksäcke
Bild: Ryan Frank
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Simon Monk: Bruce Wayne, 2012 Öl & Alkydharz auf Holz, 60×50 cm
Bild: Simon Monk
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