Juden. Geld. Eine Vorstellung
N
eun Bühnen für die Erkundung von Vorurteilen: das Atelier Markgraph gestaltet eine packende Ausstellung im Jüdischen Museum Frankfurt.
Rein optisch ist die Ausstellung »Juden. Geld. Eine Vorstellung« ein großartiger Clash der Epochen und Stile, bei dem die barocke Pracht des Museums auf Sperrholz-Ästhetik trifft und modern stilisierte Muster auf golden eingefasste Holzvertäfelungen.
Inhaltlich ist sie eine fein ziselierte Auseinandersetzung, die sich mit dem Zerrbild des reichen Juden auseinandersetzt, mit der antisemitischen Vorstellung, dass Juden besonders gute Geschäftsleute seien und ein besonders lukratives Verhältnis zu Geld hätten. Auf das »und« zwischen den Wörtern Juden und Geld wurde im Titel bewusst verzichtet – und untersucht wird, wie es überhaupt zu der Vorstellung des reichen Juden kommen konnte, wie der Handel mit Geld sich seit dem Mittelalter entwickelt hat und welche Rolle die Religion dabei spielte.
Da der Ansatz um Vorstellungen kreist, wählte die Kuratorin Prof. Dr. Liliane Weissberg für die Ausstellung das Sujet des Theaters, machte die Figuren des »bösen« Juden Shylock aus »Der Kaufmann von Venedig« und des »guten« Nathan aus »Nathan der Weise« zu Leitfiguren der Schau, die sich auf neun Bühnen auf die Suche nach den Gründen für die Vorurteile macht – und zur weiteren Erhellung dabei immer auch wieder einen Blick hinter die Kulissen wirft.
Entwickelt das Konzept das Atelier Markgraph, das den Besucher durch Bühnenbauten führt, die abwechslungsreich mit Perspektivwechseln, Verengungen, unterschiedlichen Ebenen, mit Kontrasten und einer Ästhetik spielt, die aufregend und laut ist, sich so illusionistisch gibt wie das Theater manchmal selbst ist, mit Verzerrungen arbeitet, mit verschiedenen Blickwinkeln und Perspektiven, mit provokantem Text und der Selbstbespiegelung.
Präsentiert wird so die Geschichte der Juden in Deutschland und in Österreich und 200 ausgesuchte Objekte, Fotografien, Filme, Gemälde, Skulpturen und Karikaturen, Schuldenurkunden und Hauptbücher, die bis ins 13. Jahrhundert zurück reichen. Sie erzählen von Geldverleihern, Hofjuden, Theoretikern und Bankiers, zeichnen die Wirtschafts- und Finanzgeschichte nach und beschäftigen sich in einem separaten Raum mit der Familie Rothschild, die wie keine andere mit jüdischem Reichtum in Verbindung gebracht wird.
Juden. Geld. Eine Vorstellung, Jüdisches Museum Frankfurt, bis 6.10.2013
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