Stotts: Schreiben wie gestottert
Die niederländische Grafikdesignerin Lot Mars entwickelte ein Script, das sichtbar macht, wie Stotterer Sprache erleben.
So schönes Gestotter! Stotts, so der Name der Schrift von der niederländischen Grafikdesignerin Lot Mars, mit der sie zeigen möchte, wie stotternde Menschen Sprache erleben. Da die Behinderung nicht sichtbar ist, setzt sich unsere Gesellschaft kaum damit auseinander. Dabei stottern allein in Deutschland rund 800.000 Menschen, also ein Prozent der Gesamtbevölkerung.
»Als Stotterer hat man Angst vor bestimmten Buchstaben und Buchstabenkombinationen. Daraus können viele Pausen beim Sprechen und ein seltsamer Satzbau entstehen, wenn man versucht bestimmte Wörter zu umgehen«, so Lot Mars, die auch die damit verbundene Diskriminierung kennt. Nicht selten halten andere Menschen diese lange Sprechpausen und die Anspannung des Stotterers nämlich nicht aus, fallen ihm ins Wort, legen ihm Worte in den Mund, oder hören gar nicht mehr zu und wenden sich ab.
Interactives Skript für kontextuelle Buchstaben
Um all das zu visualisieren, wählt das Stotts-Skript die jeweilige Variante der Buchstaben je nach Klangkombination kontextabhängig. Nicht immer erzeugt derselbe Buchstabe das gleiche Stottern, zumal jeder Stotterer das Stottern und die Buchstaben anders erlebt. »Zum Beispiel kann ein R hinter dem K den Klang weich machen, während ein Vokal das K sehr hart klingen lässt«, so Lot Mars. So enthält ihr Alphabet unter anderem zehn unterschiedliche Ks und sechs P-Varianten, die das Skript je nach Klang aussucht.
Die kantigen Formen der Buchstaben verkörpern dabei die mentalen Zustände beim Stottern, wenn der Druck sich aufbaut und einem die Kehle zuschnürt. Zudem setzt Stotts – inspiriert von arabischen Schriften – Zeichen für Stille, um auszudrücken, dass jemand mit Reden beschäftigt ist, obwohl man nichts hört und zu betonen, wie lange es dauert, einen Buchstaben zu formen.
Auf der Stotts-Website das Skript ausprobieren
Dort lässt sich eindrücklich nachempfinden, wie Stotterer Sprache erleben und noch mehr über das Projekt und Gestalterin Lot Mars erfahren.
Wer sich darüber hinaus über die Sprechbehinderung informieren möchte, wird auf der Website der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe fündig.
Eine Schrift, die erlebbar macht, wie sich Lesen für Legastheniker anfühlt, hat außerdem der Londoner Grafikdesigner Daniel Britton entworfen. Und Leonie Schäffer entwickelte wiederum eine App, mit der Legastheniker besser lesen können.
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