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Dynamic Font Day – ein ganzer Tag mit digitalen Schriften

Am Samstag, den 26. November, drehte sich in München alles um dynamische Fonts. Für die von der Typographischen Gesellschaft München (tgm) veranstaltete Konferenz hatten die Kuratoren Oliver Linke, Indra Kupferschmid und Tim Ahrens ein spannendes und qualitativ hochwertiges Programm auf die Beine gestellt.

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Harry Keller fand, dass die Browser den Developern ruhig etwas mehr Arbeit abnehmen könnten.

Webfonts gehören längst zum Alltag. Da war es konsequent, den bisherigen Webfontday umzubenennen. Dynamic Font Day hieß es am Samstag, den 26. November nun – dass Adobe, Google, Microsoft und Apple nur ein paar Wochen zuvor die neueste Version der OpenType Spezifikation veröffentlicht hatten, die die Erweiterung Variable Fonts im Gepäck hatte, passte da ganz wunderbar. Der New Yorker Typograf Nick Sherman, der den Eröffnungsvortrag hielt, erklärte  denn auch das Prinzip der Variablen Fonts. Ähnlich wie bei den Multiple-Master-Schriften der 90er Jahre erlauben sie stufenlos wählbare, gestalterische Zwischenschritte aus einer einzigen Fontdatei. Insbesondere Webdesigner werden sich freuen, dass sie künftig für drei verschiedene Strichstärken nicht mehr drei Fontdateien einbetten müssen, sondern nur noch eine. Zudem ermöglichen Variable Fonts eine Echtzeitanpassung an die Darstellungsumgebung, die Breite der Schrift kann sich etwa dynamisch mit der Spaltenbreite ändern. (Einen umfassenden Artikel zu Variable Fonts gibt es in PAGE 2.2017).

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Alles im Griff: Bianca Berning, Tim Ahrens, Indra Kupferschmid und vorne Oliver Linke, Roel Nieskens und Frank Rausch.

Es folgten noch eine Reihe weiterer spannender, teils auch amüsanter Vorträge. Roel Nieskens zeigte seine Experimente mit Colorfonts im SVG-Format und gab schon mal einen Ausblick auf Variable Emojis. Frank Rausch, User Interface Typographer aus Berlin, erklärte anhand seiner App Viki den Codingprozess, mit dessen Hilfe er zum Beispiel seiner mikrotypografischen Obsession frönt und aus Texten alle falschen Anführungszeichen löscht. Es gäbe, so Frank Rausch, keine Entschuldigung für schlechte Typografie im Web. Allen Gestaltern legte er ans Herz, das Coden nicht nur den Entwicklern oder Unternehmen wie Microsoft zu überlassen. »Write your own code«, forderte er die Teilnehmer auf.

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Bei falschen Anführungszeichen hört für Frank Rausch der Spaß auf.

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So farbig wie sein beklebtes Mac Book war auch der Vortrag von Roel Nieskens.

Developer Harry Keller, ebenfalls aus Berlin, fand dagegen, dass digitale Typografie noch immer ziemlich tricky sei. Angefangen von OpenType-Features, die noch immer nicht von allen Browsern unterstützt werden über Silbentrennung, Initialen und Schriftmischungen gäbe es immer noch viel zu viel Dinge, die die Browser eigentlich können müssten, im Alltag aber von den Entwicklern per Handarbeit erledigt werden müssen. »Wir alle reden über tolle neue Techniken, vielleicht sollten wir uns erstmal darum kümmern, dass die Basics funktionieren,« lautete Harry Kellers pragmatischer Vorschlag.

Den Abschluss bildeten Lisa Schultz und Rainer Scheichelbauer vom Schriftlabor aus Wien, die zunächst ganz harmlos zeigten was man alles mit OpenType-Features machen kann. Dann kamen sie richtig in Fahrt und Rainer Scheichelbauer demonstrierte virtuos was sich mit Schriften alles anstellen lässt. Zum Beispiel Spiele wie Tic, Tac, Toe gestalten. In einer Variante trat der Typedesigner gegen ein selbst programmiertes OpenType-Featur an – und verlor stets.

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Wie man mit Schrift im wahrsten Sinne des Wortes spielt, demonstrierte Rainer Scheichelbauer.

Immer neue Entwicklungen wie jetzt die Variablen Fonts zeigen, wie wichtig Veranstaltungen wie der Dynamic Font Day sind. Hier treffen sich Gestalter und Coder und treiben in entspannter Atmosphäre die Themen der Stunde voran. Ich bin sicher, dass es auch in zwei Jahren zum nächsten Dynamic Font Day, wieder ein interessantes, aktuelles Thema geben wird. Alle Vorträge des Dynamic Font Day 2016 werden in Kürze hier zu sehen sein.

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Human Branding: Tim Ahrens arbeitet normalerweise nicht für Dalton Maag und trägt gewöhnlich auch keine Badekappe.

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Am Ende des Tages waren alle – wie hier Nick Sherman – erschöpft und zufrieden.

 

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