So funktioniert der neue AR-Audioguide Drifter
Drifter ist der erste dynamische AR-Audioguide, der jeden Fleck der Erde abdeckt. Der Berliner Medienkünstler Vinzenz Aubry und der Autor Ralph Tharayil zeigen, wie man die AR-Technologie für Audioprojekte nutzen kann – inklusive Tipps für Audiotools, mit denen sich in wenigen Klicks eigene Audiowalks erstellen lassen!
Die Eckdaten zum Projekt AR-Audiowalk Drifter
Projekt Drifter, ein weltweiter AR-Audioguide auf Basis von Wikipedia, https://drifter.augmented.audio
Programmierer und Autor Vinzenz Aubry, ungroup, Berlin, https://ungroup.group
Co-Autor Ralph Tharayil, Berlin, https://ralphtharayil.com
Tools HTML, JavaScript, Google Text-to-Speech, Node.js, Wikipedia-Api, SuperCollider, MongoDB
Zeitraum seit Januar 2021
AR-Audioguide: Die ganze Welt »erhören«
Seit zwei Jahren beschäftigt sich Vinzenz Aubry mit dem Thema »Dynamisches Audio«: »Wir hatten das Gefühl, dass man mit ortsgebundenen Audiowalks zu viele Leute ausschließt – und so kam ich auf die Idee eines weltweiten Reiseführers und einer unendlichen Erzählweise.« Drifter soll der erste AR-Audioguide werden, der die gesamte Erde abdeckt. Die Inhalte für die Anwendung stammen zum Großteil aus Wikipedia: »Wenn ich die Position der Nutzer:innen kenne, kann ich nach passenden Artikeln suchen. Fast alle Artikel sind dort geografisch verortet, und so ziehe ich über Algorithmen die Inhalte heraus und setze sie dynamisch wieder zusammen«, so Aubry. Außerdem sind die Artikel nicht urheberechtlich geschützt, sondern unter Creative-Commons-Lizenz verfügbar, sodass man sie bedenkenlos für Audioexperimente nutzen kann.
Vinzenz Aubrys und Ralph Tharayils Grundgedanke war, dass es gelingen könnte, die Hörer:innen stärker für ihre Umgebung zu sensibilisieren, wenn man die Informationen aus den vorgetragenen Wikipedia-Artikeln mithilfe von Metadaten erweitert. »Wie der Name schon sagt, soll Drifter auch dazu anregen, einfach umherzustreifen und abseits gewohnter Wege die Umgebung zu erkunden – ohne Zweck oder ein definiertes Ziel, mit dieser Stimme im Ohr, die quasi laut denkt«, erklärt Tharayil.
Dabei lernt die Anwendung die User:innen kennen, merkt sich Positionen sowie bereits gehörte Inhalte und verknüpft alle Informationen zu einem individuellen Hörstück. Nach dem Motto: Wer heute am Reichstag vorbeifährt und morgen am Pergamonmuseum, erfährt etwas über die historischen Zusammenhänge der Bauten – das ist zumindests der Plan für eine ausgereiftere Version der Anwendung.
Dynamisches Audio: Wiedergeburt der klassischen Erzählung
»Dies ist nicht der Tod der klassischen Erzählung, sondern ihre Wiedergeburt mit zeitgemäßen Möglichkeiten der Audiowiedergabe und -generierung«, sagt Vinzenz Aubry, der 2020 mit den Radioprojekten »Future Voices« und »_FM« zusätzlich an dynamisch zusammengestellten, personalisierten Audioerlebnissen geforscht hat. Während »Future Voices« ein kollektiv an der UdK Berlin produzierter, zufällig generierter Stream ist, kann man mit der Anwendung »_FM« bestimmte Wörter wie etwa »Corona« oder »Covid-19« aus Radiosendungen herausfiltern und mithilfe eines Transmitters eine kuratierte Version lokal ausspielen.
Auch Co-Autor Ralph Tharayil ist der Meinung, dass das Medium noch lange nicht ausgereizt ist: »Ich denke, dynamisches Audio wird uns in den kommenden Jahren stark prägen: als aufwieglerische Stimme in unseren Köpfen, die uns überallhin begleitet und dynamisch, webbasiert und somit in Echtzeit auf uns und unsere Umgebung reagiert – sei es in Form von personalisierter (Des-)Information, ortsbasiertem Product Placement oder klassischem Piratenradio«, so Tharayil.
Bis wir losdriften können mit Drifter, müssen wir noch eine Weile warten – wer will, kann sich auf https://drifter.augmented.audio schon mal als Betatester:in vormerken. Drifter wird aktuell privat über Vinzenz Aubrys Designstudio ungroup finanziert. Für die künftige Weiterentwicklung sind Aubry und Tharayil auf der Suche nach Förderungen. Wer sich die Wartezeit mit einer eigenen Audio-Experience versüßen möchte, findet unten kostenlose Audiotools sowie auf PAGE Online eine Reihe inspirierender Beispiele.
Die besten Tools für eigene Audiowalks
Mit diesen Anwendungen lassen sich mit wenigen Klicks eigene Audiowalks erstellen
Radio aporee ::: miniatures for mobiles ist eine Webplattform und App für Audio-AR-Projekte im öffentlichen Raum des Medienkünstlers Udo Noll. Mithilfe des webbasierten Tools lassen sich Hörspiele und Klangkunst für mobiles Hören in einem übersichtlichen Editor kostenlos umsetzen. Zudem können Nutzer:innen über die App ihren Spaziergang tracken und an radio aporee senden.
https://aporee.org
Guidemate aus Berlin ist ein – für private Zwecke kostenloser – Webeditor, mit dessen Hilfe sich mit wenigen Klicks eigene Audiowalks realisieren lassen, hilfreiche Informationen zur Erstellung spannender Touren und Aufklärung über Nutzungsrechte inklusive. Wer seine Kreation auf der Plattform oder in den zugehörigen Apps verkaufen möchte, darf den Editor weiterhin kostenlos nutzen, zahlt aber eine Provision.
https://guidemate.com
BBC Audio Orchestrator ist ein Tool, mit dem man alle möglichen Devices als Lautsprecher nutzen und miteinander verbinden kann, um vorgefertigte Audioprojekte in interaktive 360-Grad-Audioerlebnisse zu verwandeln. Dafür lädt man seine Dateien in den Editor und legt dann fest, wann welche Geräusche an welchen »Lautsprecher« gesendet werden. Im Rahmen ihrer Connected-Studio-MakerBox-Initiative stellt die BBC das Tool Interessenten gratis zur Verfügung.
www.bbc.co.uk/makerbox/tools/audio-orchestrator
Audio-Experiences zum Reinhören. Vinzenz Aubry und Ralph Tharayil haben uns ihre Audiowalk-Favoriten verraten www.page-online.de/audio-experiences