Mit der Software RunwayML können Designer ohne jegliche Programmierkenntnisse Gestaltungsexperimente mit künstlicher Intelligenz machen. Designer Philipp Schmitt zeigt, wie leicht das geht.
Sogar der Papst hat sich kürzlich zum Thema geäußert – künstliche Intelligenz ist nun wirklich in aller Munde. KI wird längst in Wirtschaft, Industrie, Medizin, Wissenschaft und natürlich auch im digitalen Alltag eingesetzt. Als Designer müssen wir mit der Materie vertraut sein, um potenzielle Use Cases erkennen und gestalten zu können. Und natürlich stellt sich auch die Frage, wie KI unseren Beruf verändern wird. Bislang drehen sich die meisten Szenarios in irgendeiner Form um die Automatisierung von Designtätigkeiten. Interessanter ist aber womöglich, zu fragen, welche Rolle KI für Gestaltung an sich spielen könnte. (Die Antwort habe ich natürlich nicht.)
Anmerkung der Redaktion: Das Geschäftsmodell von RunwayML hat sich in Richtung Video-Editing verschoben. Über den Tab »ML Lab« hat man aber noch Zugriff auf diverse Machine-Learning-Modelle.
KI ist inspirierend seltsam
Dass die Fähigkeiten von KI (noch) stark eingeschränkt sind, sollte Designer nicht davon abhalten, selbst damit zu experimentieren. Im Gegenteil! Die Schwächen der Technik machen für mich die größte Faszination aus. Denn gerade, wenn ein Machine-Learning-Programm (Model genannt) noch nicht so richtig funktioniert, erweisen sich die Ergebnisse oft als inspirierend seltsam. So kann KI unsere Kreativität direkt beeinflussen. Ungebremst von gesundem Menschenverstand und Physik generieren künstliche neuronale Netze die wildesten Ergebnisse (siehe zum Beispiel Fotos oben).
Nein, wir können nicht automatisch alle Fotos für die ganze PAGE-Ausgabe generieren. Aber die pixeligen, surrealen Bildchen, die beim Versuch entstehen, könnten die Inspirationsgeber für ein neues Bildkonzept sein. KI kann helfen, unkonventionell zu denken. Wir sollten die Technologie nutzen, um unsere eigene Kreativität zu stimulieren, nicht um sie zu ersetzen.
Step-by-Step: Experimentieren mit RunwayML
In diesem Tutorial werden wir ausprobieren, wie wir KI als Inspiration für unsere Kreativität nutzen können. Dazu nutzen wir RunwayML, eine Desktop-Software, die es einfach macht, Machine-Learning-Programme ohne jegliche Programmierkenntnisse auszuprobieren. Das Start-up Runway AI wurde 2018 von drei Studenten in Brooklyn gegründet mit dem Ziel, künstliche Intelligenz für Kreative zugänglich zu machen.
RunwayML enthält eine Art App-Store für Machine-Learning-Modelle. Aus einer Liste verfügbarer Anwendungen können wir Modelle zur Sprach- und Gesichtserkennung, zur Text- und Bildgenerierung und für viele weitere Funktionen herunterladen. Diese ML-Modelle sind schon länger open source verfügbar, RunwayML aber ermöglicht erstmals die Nutzung ohne Programmierkenntnisse.
Zudem bietet die Software viele weitere Features, etwa das Training und die Verkettung von Modellen über ein grafisches Interface. Das vielleicht beste Feature ist, dass man Models gegen eine geringe Gebühr direkt auf Runway-AI-Servern ausführen kann. Musste man sich zuvor eine leistungsstarke Grafikkarte zulegen, kann man KI nun vom Laptop aus nutzen. Das Tool ist experimentelle Beta-Software, eignet sich aber gut, um sich mit der Technik vertraut zu machen. Worauf warten wir noch?