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RGB-Druck – und es geht doch!

RGB drucken? Das klingt ganz und gar unwahrscheinlich. Wie dem Schweizer Siebdrucker Lorenz Boegli genau das gelingt und welche Möglichkeiten es noch gibt, besonders farb- und leuchtintensive Artworks zu produzieren.

RGB ist das Farbmodell für den Bildschirm, CMYK das für Print. Das lernen Designstudenten im ersten Semester. Und so könnte der Schweizer Siebdrucker Lorenz Boegli so manchen gehörig durcheinanderbringen, denn er ist der Erfinder des RGB-Drucks. 

Kurz zur Erinnerung: RGB steht für die Primärfarben Rot, Grün und Blau, durch deren Addition man weitere Farbtöne erhält. Mischt man sie zu je 100 Prozent, entsteht Weiß. Bei CMYK handelt es sich hingegen um ein subtraktives Farbmodell mit den Anteilen Cyan, Magenta, Yellow und Key (= Schwarz): Je mehr Farbe, desto dunkler das Resultat. Da die drei Grundtöne Cyan, Magenta und Yellow zusammen kein Tiefschwarz ergeben, kommt es als vierter Ton dazu. Der Farbraum im RGB-Modus ist deutlich größer als in CMYK, ein leuchtendes Grün oder Orange etwa lässt sich in 4c nicht wirklich erreichen. 

Grenzen des Siebdrucks verschieben

Diese klaren Grenzen zwischen CMYK und RGB, zwischen analoger und digitaler Farbwelt hat Lorenz Boegli nun verschoben. Siebdruck, das ist für ihn wie Sport, in dem er sein Können permanent steigert. Er reizt ihn so weit aus, dass der Siebdruck gelegentlich kaum als solcher zu erkennen ist. Weil man das Gewebe der Druckform im Ergebnis nicht mehr sieht, weil er Farbgradationen hinbekommt, die eigentlich nicht möglich sind, oder weil er die Feinheit eines Offsetrasters erreichen kann. 1992 gründete Boegli in Zürich sein Atelier für Siebdruck, das er 2011 nach Müntschemier, rund 30 Kilometer westlich von Bern, verlegte. Die Einfachheit dieser Technik hat es ihm angetan, ebenso wie die Tatsache, dass sich nur mit ihr in einem Druckdurchgang ein sehr hoher Farbauftrag verarbeiten lässt, der viele Möglichkeiten für Veredelungen und Effekte bietet. 

RGB-Druck: Farbiges Licht auf Schwarz 

Euphorie überkam Lorenz Boegli, als er entdeckte, dass die Spectraval-Perlglanzpigmente von Merck zu einer Tertiärfarbe mutieren, wenn man sie übereinanderdruckt. Rot auf Blau wurde zu Magenta, Grün und Rot zu Gelb. »Für mich war die logische Folge, dass ich auf diese Weise rings um den

Farbkreis mischen und als letzte Konsequenz sogar einen Additivdruck realisieren kann. Denn Rot, Grün und Blau müssten übereinander Weiß ergeben«, so Boegli. In einem Handandruck gelang ihm das auf Anhieb. Er beauftragte einen Lithografen, ein Bild in Rot, Grün und Blau zu separieren, und auch dieser Andruck war ein voller Erfolg. Es lag wohl an der Euphorie, dass Boegli dann den vielleicht größten Fehler seines Lebens beging: »Ich rief bei Merck an und sagte, mir sei eine Revolution gelungen: RGB-Druck oder exakter: additiver Farbdruck mit ihren Pigmenten. Hätte ich Jura studiert, hätte ich stattdessen ein Patent beantragt.« Das Patent liegt nun bei Merck.

Dafür eignet sich der RGB-Druck

Perlglanzpigmente gibt es viele, aber nur Spectraval ergibt beim Übereinanderdrucken eine Tertiärfarbe. Das liegt an der Reflexionskraft der Pigmente, die aber nur auf Schwarz zum Tragen kommt. Das heißt, RGB-Druck braucht immer einen schwarzen Untergrund. »Spectraval auf Weiß ist quasi unsichtbar, auf Schwarz aber nahezu deckend – wobei ich nie von Deckkraft, sondern immer von Reflexion sprechen würde. Drucke ich mit einer anderen Farbe darüber, bleibt die Transparenz erhalten, aber das Schwarz wird überdeckt.« Es ist quasi eine umgekehrte Denkweise, mit Licht und nicht mit Schatten zu arbeiten. In CMYK druckt man Verdunkelungen, in RGB Aufhellung, sprich farbiges Licht

Für welche Anwendungen sich der RGB-Druck eignet, sowie viele Informationen und Beispiel zu weiteren Hi-FI-Color-Verfahren wie höher pigmentierte Farben oder Siebenfarbdruck finden Sie in PAGE 01.2020, die Sie hier bestellen können.

 

Mit Spectraval-Perlglanzpigmenten gelingt dem schweizerischen Siebdrucker Lorenz Boegli der RGB- beziehungsweise additive Vierfarbdruck – allerdings nur auf schwarzem Untergrund.

 

Das subtraktive Farbmodell CMYK nutzt die Grundfarben Cyan, Magenta und Yellow. Druckt man diese übereinander, entsteht Schwarz, aber kein Tiefschwarz, wie in der Abbildung zu sehen. Aus diesem Grund kommt ein solches als vierter Ton (genannt Key = K) hinzu.

 

Der RGB-Farbraum entsteht auf selbst- leuchtenden Geräten wie Bildschirmen. Er bildet das Farb-spektrum durch additives Mischen von Rot, Grün und Blau nach. Druckt man sie zu je 100 Prozent übereinander, erhält man Weiß.

 

Die Spectraval- Perlglanzpigmente verhalten sich wie Farben am Bildschirm: Druckt man Rot, Grün und Blau übereinander, ergibt sich nahezu Weiß – ein verblüffendes Ergebnis.

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PDF-Download: PAGE 01.2020

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