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Portfolio-Design: Aus ready-made wird customized!

Nichts ist individueller als die eigene Website! Dennoch muss sie nicht immer maßgeschneidert sein. Wir verraten, warum und wann Designer:innen einen Portfolio-Buil­der nutzen sollten

Im Studium genügt ein Behance-Account und vielleicht noch ein Adobe-Portfolio, das es kostenlos zum Creative-Cloud-Abo gibt. Aber sobald Kreative im Berufsleben – sei es angestellt oder als Freelancer – durchstarten wollen, wird eine eigene Website als professionelles Portfolio wichtig. Für eine maßgeschneiderte Website reichen allerdings oft weder das Budget noch die Coding-Skills. An diesem Punkt kommen Soft­ware-as-a-Service(SaaS)-Angebote ins Spiel. Mit ihnen lassen sich relativ schnell Portfolioseiten erstellen, und Domain und Hosting gibt es bei den meisten auch dazu. Viele von ihnen bieten mittlerweile sehr ausgefeilte Gestaltungsmöglichkeiten – und explizit kei­ne Templates – für alle, die es möglichst individuell haben wollen. Die Front­end-Edi­toren sind nach kurzer Eingewöhnungszeit leicht zu bedienen, werden automatisch up­gedatet – und ist mal was unklar, dann steht ein Support bereit.

Es gibt eine ganze Reihe von Anbietern, die sich auf die Kreativszene spezialisert haben – von kleinen, schnellen Lösun­gen bis hin zu großen Baukastensystemen mit vielen möglichen Zusatzmodulen. Letztere sind zum Beispiel für alle interessant, die einen Onlineshop auf ihrer Website integrie­ren wollen. Außerdem bieten viele die­ser Dienste Goodies an – wie Showca­ses und Communitys –, in denen die bes­ten oder neuesten Portfolios gefeaturet werden, aber auch Newsletter, Social-Media-Integration oder ein Talentpool für die Job­vermittlung haben viele im Programm.

Wer will und über die dafür erforderli­chen Skills verfügt, kann bei den meisten An­bietern auch in den Code eingreifen, um eigene Funktionen oder Designs zu im­ple­mentieren – viele Nutzerinnen und Nutzer empfinden das allerdings nicht als notwen­dig. Natürlich träumen dennoch viele Krea­tive davon, einmal eine Website ganz nach ihren Vorstellungen zu erstellen (oder erstellen zu lassen) – aber bis das möglich ist, bieten SaaS-Angebote eine gute Alterna­tive. Wir haben mit Userinnen und Usern gesprochen und stellen hier exemplarisch fünf Dienste vor.

All You: Fairer Preis und guter Support

Lina Müller, Illustratorin

Als Illustratorin Lina Müller sich 2011 selbstständig machte, war für sie klar, dass sie eine eigene Website haben wollte. Ihre Wahl fiel auf den Schweizer Website-Builder Allyou – vor allem aus Preisgründen. »Und ich hatte Lust, selber auszuprobieren, was so möglich ist«, sagt Müller. »Verlockend war für mich auch, dass man das Erscheinungsbild immer mal wieder ändern kann, wenn man Lust dazu hat.« Müller hat nicht nur ihre eigene Portfolio-Site mit Allyou gestaltet, sondern auch die Website für das Illustrationsprojekt Sun Pal, das sie gemeinsam mit einem Freund betreibt.

 

Anfangs habe es etwas Zeit und Geduld gekos­tet, bis sie den Frontend-Editor problemlos bedienen konnte, aber mittlerweile sei die Nutzung sehr einfach, sagt die Illustratorin. »Es hängt sicher auch da­von ab, welche Ansprüche man hat. Eine einfache Website hat man schnell, besonders wenn man ei­nes der verschieden designten Templates benutzt und nichts mehr daran ändern möchte.«

Auch wenn ihr ab und zu ein paar Gestaltungsmöglichkeiten fehlen, ist Lina Müller mit dem Ange­bot zufrieden: »Klar habe ich manchmal Vorstellun­gen, was noch besser wäre, und das geht dann nicht. Aber das ist der Deal, und für diesen fairen Preis ist so vieles möglich, dass ich mich nicht beklagen möchte!« Sie lobt vor allem die große Auswahl an Schriften und die Vorschaufunktion, mit der man Änderun­gen sofort sehen kann. Außerdem sei der Support gut – und da es sich um ein Schweizer Unternehmen handelt, ist dieser im Gegensatz zu anderen Anbietern auch auf Deutsch verfügbar. »Ein tolles Angebot, wenn man keine ganz individuelle Webseite produziert haben möchte«, so Müllers Fazit.

  • Preise (circa): Das Paket Carbon gibt es für 12 Dollar im Monat, den Premium-Account Titanium (mehr Speicher und CSS-Editor) für 20 Dollar pro Monat, Domain und Hosting sind immer inklusive.
  • Web: www.allyou.net

Squarespace: Umfangreicher Baukasten

Frauke Hameister, Reisefotografin

Reisefotografin Frauke Hameister nutzt ihre Website nicht nur als Portfolio, sondern verkauft darüber auch ihre Foto-Presets und veröffentlicht Rei­se­berichte in einem Blog. An dem Baukastensystem von Squarespace schätzt sie, dass sie ihre Seite flexibel erweitern kann. Falls sie zum Beispiel in Zukunft Foto-­Tutorials anbieten möchte, kann sie einen Gated-­Content-Bereich mit Paywall einrichten. Zu den wei­teren möglichen Modulen gehören unter anderem Reservierungsmanager, Terminvereinbarungs­tools und E-Mail-Marketing.

Die Bedienung findet Hameister sehr user-friend­ly – falls es doch mal Probleme gibt, könne man sich jederzeit an den Support wenden. »Ich habe mich vor allem für Squarespace entschieden, weil es extrem viele, toll designte Templates für jede Art von (Kreativ-)­Business gibt. Ich nutze das Template Trémont und bin damit echt zufrieden«, erläutert die Fotografin. »Für mich als Creator ist es außerdem superwichtig, dass meine Website und meine Social-Media-Präsen­zen nahtlos miteinander verknüpft sind.« Square­space bietet nicht nur die Verknüpfung an, sondern auch Designvorlagen, um Social-Media-As­sets im Look der Website zu halten. Das Einzige, was sich Frauke Hameis­ter noch wünschen würde, ist die Möglichkeit, Fotografien und Videos als Download für Kund:innen anzubieten – zum Beispiel durch die Vergabe eines Passworts.

  • Preise (circa): 11 Euro (Persönlich), 17 Euro (Bu­si­ness), 24 (E-Commerce Basis) oder 36 Euro (E-Com­merce erweitert) monatlich, Domain und Hosting immer inklusive. Studierende zahlen im ersten Jahr der Nutzung nur die Hälfte.
  • Web: https://de.squarespace.com

Cargo: Dinamo-Fonts und spannende Newsletter

Theresa Hattinger, Designerin und Künstlerin

»Ich mag den Design-as-I-go-Ansatz. So kann ich heute eine grüne und morgen eine blaue Website ha­ben – quasi wie ein Stimmungsring. Designände­run­gen sind schnell gemacht, und ich muss dafür kei­ne Programmiererin beauftragen«, erklärt De­si­gne­rin und Künstlerin Theresa Hattinger aus Wien ihre ­Entscheidung für die Software-as-a-Service-Lö­sung Cargo. Da ihre Inhalte keine komplexen An­for­de­run­gen hätten, komme sie mit den angebotenen Ele­menten gut zurecht. »Das Interface ist sehr intui­tiv – und sicherlich mit der Zielgruppe De­si­gner:in­nen im Hinterkopf gebaut«, so Hattinger.

Die implementierten Schriften seien toll – dank einer Kooperation mit der Schweizer Foundry Di­namo sowie mit Type Network –, und auch das Grid­system biete alles, was man für eine Portfoliowebsite brauche. Darüber hinaus mache der Thumbnail-Index das Updaten und Onlinestellen von Projekten extrem einfach, findet die Designerin. »Lediglich das Bild­datenmanagement könnte besser und zentral zugreifbar sein.« Neben dem Sitebuilder an sich schätzt Theresa Hattinger auch den redaktionellen Newsletter und die Kuration der Inhalte auf der Cargo-Website so­wie auf Social Media.

  • Preise (circa): 14 Dollar bei einer jährlichen Abrechnung, 19 Dollar bei monatlicher Abrechnung, mit E-Commerce-Option (Shopanbindung) 19,50 beziehungsweise 28 Dollar, Domain und Hosting sind immer inklusive. Portfolios für Studierende und Web­sites für Non-Profits sind kostenlos, man muss sich aber dafür bewerben.
  • Web: https://cargo.site

Semplice: Unendliche Gestaltungsoptionen

Georg Randel, Designer

Im Gegensatz zu den Abomodellen der anderen Anbieter bezahlt man bei Semplice nur einmal, bekommt aber dennoch sämtliche Updates und kann immer auf den Support zugreifen. Designer Georg Randel aus Hamburg überzeugte vor allem der äs­the­tische Anspruch des Unternehmens, das von Tobias van Schneider (siehe Interview, rechte Seite) gegründet wurde: »Man merkt dem Tool an, dass es von Designern für Designer gemacht wurde. Die Portfolios im Showcase haben mir unglaublich gut gefallen.« Randel wollte eine einfache Möglichkeit, gestalterisch loszulegen, war aber auch gewillt, Zeit und ­Energie zu investieren. Letzteres braucht es bei Sempli­ce, weil das Tool komplett ohne Templates funktioniert. Alles ist frei gestaltbar, und es gibt sehr viele Optionen, die eigene Website zu individualisieren, bis hin zu den Page Transitions.

»Es hat schon ein bisschen gedauert, bis ich den Editor problemlos bedienen konnte – aber das hat man bei jedem Baukasten. Man muss sich eben erst mal zurechtfinden«, berichtet Georg Randel. Er hat sein Portfolio eher minimalistisch aufgebaut und auch nicht in den Code eingegriffen – was aber mög­lich wäre. Zudem lobt er den schnell reagierenden Support und den großen FAQ-Bereich. »Mir eine ­eigene Website programmieren zu lassen, leiste ich mir vielleicht später mal, wenn es finanziell machbar ist«, sagt der Designer.

Semplice basiert auf WordPress, hat aber ein eige­nes Interface, das wesentlich zugänglicher und auf Designer:innen zugeschnitten ist. Zu beachten: Do­main und Hosting sind bei Semplice nicht mit in­begriffen – im Gegensatz zu Komplettlösungen wie Carbonmade oder Squarespace. Das Unternehmen hat mit Flywheel aber einen bevorzugten Hostingpartner mit Extraangeboten für Kreative.

  • Preise (circa): Semplice kostet einmalig 120 Dollar (Single), 170 Dollar (Studio) oder 700 Dollar (Busi­ness), ohne Domain und Hosting. Upgrades sind jederzeit möglich.
  • Web: www.semplice.com

Carbonmade: Bauklötze statt Templates

Adriana Bellet, Illustratorin  

»Ich finde, eine eigene Website ist ein Investment, mit dem zu zeigst, dass du es ernst meinst mit deinem Business«, sagt Illustratorin Adriana Bellet. Sie hat sich für den Portfolio-Builder Carbonmade entschieden, da sie nicht selbst coden kann. »Ich könn­te natürlich Zeit investieren und es lernen, aber ich wer­de wahrscheinlich niemals wirklich gut darin sein – und ich verbringe die Zeit lieber damit, zu zeichnen.« Carbonmade bietet keine fertigen Templates an, sondern Bausteine, mit denen man seine Seite per Drag-and-drop zusammenbauen kann. Es gibt verschiedene Vorlagen für bestimmte Gewerke – bei­spielsweise 3D-Design, Fotografie, Text oder Produktdesign. Designfreiheiten und Nutzer­freund­lich­keit stehen laut Bennet in einer guten Balance. Das Einzige, was ihr fehlt, ist die Option, einen Onlineshop einzurichten.

  • Preise (circa): 9 Dollar (Beginner), 12 Dollar (Pro) oder 22 Dollar (Unlimited) pro Monat, Domain und Hosting inklusive.
  • Web: https://carbonmade.com

Portfolio-Buil­der: »Das Beste aus beiden Welten«

Bild: © Michael George Photography 2014

Tobias van Schneider ist Design und Creative Director und betreibt das Design­büro House of van Schneider in New York. Er ist Mitgrün­der respektive Co-CEO der Portfolioplattformen Semplice und Carbonmade – und kennt sich aus mit der Frage, warum und wann Designer:innen einen Portfolio-Buil­der nutzen sollten.

Was sind die Vor- und Nachteile von Software-as-a-Service-Lösungen im Gegensatz zu individuell programmierten Websites?
Tobias van Schneider: Was vermeintlich für eine maßgeschneiderte Website spricht, ist volle Kontrolle. Wenn du Programmie­rer:in bist, stimmt das auch. Aber die meis­ten von uns sind keine. Wenn du jeman­den dafür bezahlst, deine Website zu bauen, bist du auf sie oder ihn angewiesen, um die Seite zu aktualisieren oder Dinge zu reparieren. Das bedeutet, dass du deine Seite wahrscheinlich nicht oft updatest. Irgendwann wird sie auf der Strecke bleiben und eine veraltete Version von dir und deiner Arbeit darstellen. Letztlich tust du dir damit also keinen Gefallen.
Die meisten gehen davon aus, dass Templates die einzige Alternative sind. Aber auch hier schränkst du dich selbst ein und verlässt dich auf externe Mächte, die das Look-and-feel sowie die Maintenance dei­ner Website bestimmen. Daher habe ich mei­ne eigene Software entwickelt, die mir das Beste aus beiden Welten bietet. Ich woll­te volle Kontrolle über meine Website, damit ich sie individuell gestalten kann wie ein Programmierer – auch wenn ich nicht selbst coden kann. Semplice und später Carbonmade sind meine Lösungen dafür.

Du bist Mitgründer von Semplice und Co-CEO von Carbonmade. Was unterscheidet die beiden Dienste voneinander?
Semplice ist self-hosted (man zahlt nur ein­mal) und war ursprünglich nur für Desig­ner:innen gemacht. Du startest mit leerer Leinwand und brauchst eine konkre­te Vor­stellung, was du gestalten möchtest, um sie zu füllen. Es gibt keine Templates, die dich unterstützen; du hast alle Freiheiten. Für manche ist das ein Segen, für andere ein Fluch. Perfekt für Desig­ne­r:in­nen, die wis­sen, wie man eine Website gestaltet, aber nicht selbst coden wollen oder können.

Carbonmade ist zugänglicher für alle Ar­ten von Kreativen – seien sie aus den Berei­chen Design, Kunst, Text, Game Design et cetera. Hier baust du deine Seite mithilfe von Layoutblöcken, die du weiterbearbei­ten kannst. Du kannst also immer noch eine individuelle Website gestalten, aber es gibt einen Startpunkt und eine hilfrei­che visuelle Leitlinie. Im Grunde ist es ein biss­chen wie mit Lego bauen: Du benutzt Lego-­Steine, aber das Endergebnis ist dei­ne eige­ne Kreation. Weder für Semplice noch für Carbonmade brauchst du Coding-Skills.

Kann man die Dienste auch für Kundenaufträge nutzen?
Viele Freelancer und Studios nutzen Semplice, um Websites und Landingpages für ihre Auftraggeber zu machen. Es spart Zeit und Budget, da eine Person damit in ein paar Stunden eine Website baut, für die ein Programmierteam sonst Monate bräuch­te. Was wir auch oft sehen, sind Leute, die Sei­ten für ihre Freund:innen mit Semplice ge­stalten – ein Designer für eine Fotografin etwa. Es ist aber nicht so, dass man Expertenhilfe bräuchte, um Semplice zu be­die­nen – und für Carbonmade erst recht nicht. Die ganze Idee dahinter ist ja, dass sie dich dazu befähigen, genau das umzusetzen, was du willst.

Gibt es auch Fälle, in denen du davon abraten würdest, eine Software-as-a-Service-Lösung zu verwenden?
Vielleicht wenn du eine extrem individuel­le E-Commerce-Seite brauchst. Aber dann reden wir nicht mehr über Portfolios, sondern wahrscheinlich über etwas sehr viel Größeres. SaaS-Lösungen eignen sich generell für die meisten – es sei denn, du bist sehr darauf fixiert, deine gesamten Daten auf deinen eigenen Servern zu behalten. Aber in diesem Fall wäre Semplice auch eine Option, weil es self-hosted ist.

Dieser Artikel ist in PAGE 10.2022 erschienen. Den kompletten Artikel zum Thema Website-Builder finden Sie hier:
PDF-Download: PAGE 10.2022

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